Peking hat die Ausfuhr unersetzlicher Mineralien für E-Autos, Windräder und andere Hightech-Produkte faktisch gestoppt. Auch wenn aus China Signale der Entspannung kommen: Die "Versorgungslage kann sich jederzeit weiter verschlechtern", sagt ein Händler für die Spezialmetalle.

Wenige Wochen nachdem China die Ausfuhr seltener Erden beschränkt hat, verdichten sich die Hinweise, dass die Exporthürden die globale Versorgung mit den kritischen Metallen massiv gefährden. Im Handelskrieg mit den USA hatte Peking im April erstmals seine Superwaffe abgefeuert und für den Verkauf von sieben unersetzlichen Mineralien für die Hightech-Industrie ins Ausland Exportlizenzen eingeführt. Der Effekt der bürokratischen Handelshürden war bislang unklar, weil niemand wusste, wie die chinesischen Behörden den Papierkram umsetzen würden - und ob sie den Export damit lediglich vorübergehend verzögern, drosseln oder ganz abwürgen würden.

Inzwischen ist klar: "China lässt die Muskeln spielen", sagt Tradium-Geschäfsführer Matthias Rüth, der einen der wichtigsten deutschen Händler für Spezialmetalle leitet. "Der chinesische Zoll blockiert seit Anfang April noch immer Ware - auch von Tradium. Und niemand kann sagen, wie lange dieser Zustand anhalten wird."

Laut Daten der chinesischen Zollbehörde sind die Exporte von Terbium und Dysprosium - zwei der sieben sogenannten schweren seltenen Erden, deren Export die Volksrepublik beschränkt hat - im Mai auf null gefallen, wie das Fachportal rohstoff.net berichtet. China hat ein globales Monopol auf die Produktion der unersetzlichen Metalle, aus denen vor allem Hochleistungsmagnete für Elektromotoren in E-Autos, Windrädern und Hightech-Waffen hergestellt werden, die besonders hitzebeständig und leistungsfähig sein müssen.

Auch der Export von fertigen Seltenerd-Magneten ist demnach im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um drei Viertel eingebrochen. Mit 209 Tonnen war Deutschland der zweitwichtigste Abnehmer der chinesischen Magnete weltweit. In die USA gingen sogar nur noch 46 Tonnen - ein Einbruch von mehr als 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. China hat Washingtons Versorgungslinien für die Dauermagnete, die in Drohnen und Marschflugkörpern genauso unersetzlich sind wie in Lautsprechern, Festplatten und Handys, also faktisch abgeschnitten. Bei einigen Autoherstellern und Zulieferern in den USA, Japan und Deutschland standen wegen der Versorgungsengpässe bereits die Bänder still.

China hat den Schmerzpunkt der USA gefunden

Der Exportstopp ist das größte Druckmittel, das Peking im Zollstreit mit Donald Trump hat. Weil die Exporte zu versiegen drohten, einigten sich China und die USA im Mai in Geheimverhandlungen in Genf auf eine 90-tägige Zollpause. Als dieser Waffenstillstand zu entgleisen drohte, vereinbarten beide Seiten im Juni in London nach zweitägigen Marathonverhandlungen ein Rahmenabkommen. Angeblich war die Versorgung damit gerettet: "Ganze Magneten und alle nötigen seltenen Erden, werden von China im Voraus geliefert", postete Trump siegessicher auf Truth Social. Doch das ist alles andere als gewiss.

Denn Terbium und Dysprosium sind bei weitem nicht die einzigen Metalle, deren Export China faktisch gestoppt hat. Die Liste wird immer länger: Auch Gallium führte die Volksrepublik im Mai nicht aus, obwohl die Exporte vor einem Jahr noch bei über 6000 Kilo lagen. Der Handel mit Germanium, das wie Gallium für die Chipproduktion, Infrarotsichtgeräte und Glasfasertechnik unerlässlich ist, ging um mehr als 60 Prozent zurück. Den Export zu drosseln, ist offenkundig eine strategische Entscheidung, die auch für seltene Erden nichts Gutes hoffen lässt: "Die Welt ist von China abhängig. Es gibt bei seltenen Erden nahezu keine Alternative. Die Produktion im Rest der Welt beträgt höchstens fünf Prozent", sagt Rüth.

Zwar gibt es inzwischen auch Erleichterungen: Laut den USA haben beide Seiten die Details des Londoner Rahmenabkommens inzwischen finalisiert und unterzeichnet. Volkswagen etwa hat laut Insidern trotz der Exportkontrollen Lieferlizenzen zur Versorgung mit Dauermagneten aus China bekommen, nachdem der Konzern bei der Regierung in Peking vorstellig geworden ist. Zudem sind die chinesischen Zolldaten nicht vollständig aussagekräftig, da sie mit Verzögerung einlaufen und noch den Stand der Exporte abbilden, bevor sich Peking und Washington auf einen Waffenstillstand im Handelskrieg geeinigt hatten.

"Die Versorgung kann sich jederzeit verschlechtern"

Doch vieles deutete darauf, dass das Risiko alles andere als gebannt ist. Längst nicht alle Autoschmieden konnten sich in China eindecken: "Auch uns haben in den vergangenen Wochen Autohersteller und Zulieferer angefragt", berichtet Rüth. "Es gibt vielleicht Grund für etwas Optimismus, aber keine Entwarnung. Die Versorgungslage kann sich jederzeit weiter verschlechtern."

Denn es ist unklar, wie lange der Waffenstillstand mit der Volksrepublik hält: . China hat zwar erklärt, dass beide Seiten „die Details der Rahmenvereinbarung weiter bestätigt“ haben. Doch aus Peking kommen weit weniger euphorische Signale als aus Washington. Die Erklärung des Handelsministerium erwähnt Seltene Erden nicht einmal explizit. Sondern bekräftigt lediglich, man wolle „Exportanträge für beschränkte Artikel, die die Voraussetzungen erfüllen, in Übereinstimmung mit den Gesetzen genehmigen“. Das lässt jede Menge Hintertüren offen, die Versorgung jederzeit zu kappen.

Zudem sollen die Exportlizenzen für seltene Erden, die China den USA in London vor etwa zwei Wochen versprochen hat, laut „Wall Street Journal“ nur befristet für sechs Monate gelten. UndUS-Präsident Donald hat der Übereinkunft zwar bereits zugestimmt - Chinas Präsident Xi Jinping hingegen noch nicht. Solange er nicht ja sagt, ändert sich also an der Versorgungslage gar nichts.

Alles hängt von der Umsetzung des Abkommens ab. Niemand weiß, wie lange es dauern wird, den Rückstau von womöglich zigtausenden Exportanträgen abzuarbeiten. Und ob Peking das überhaupt will: "Es ist nicht davon auszugehen, dass China seine Exportauflagen so kurz nach deren Einführung wieder zurücknimmt", meint Rüth. "Die Maßnahmen unterstreichen den politischen Anspruch, als Rohstoffmacht ernst genommen zu werden." Womöglich würden einige Anträge etwas schneller bearbeitet. "An der grundsätzlichen Linie dürfte sich dennoch wenig ändern."

Als Peking im Sommer 2023 ähnliche Exportlizenzen für Gallium und Germanium einführte, lag die Bearbeitungsdauer bei etwa 45 Tagen. Alles kommt also darauf an, was China jetzt tut, nicht was es sagt. Die Zolldaten erscheinen in der Regel mit einer Verzögerung von etwa drei Wochen. Es kann also bis August dauern, bis die Welt weiß, ob China seine Versprechen hält. Bis dahin ist es womöglich schon zu spät.

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