Die deutsche Industrie beklagt im internationalen Vergleich hohe Energiepreise. Die Bundesregierung will helfen: In wenigen Monaten soll ein Industriestrompreis wichtige Branchen entlasten. Ökonomen sind nicht vollends überzeugt.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche geht davon aus, dass zum Januar 2026 ein Industriestrompreis in Deutschland eingeführt wird. Das kündigte die CDU-Politikerin bei einer Industriekonferenz mit dem Exekutiv-Vizepräsidenten der EU-Kommission, Stéphane Séjourné, in Berlin an. Man befinde sich in den letzten Zügen der Verhandlungen mit der Kommission, so Reiche. Nachweise der Unternehmen sollten so "bürokratiearm" wie möglich erfolgen.

Reiches Ankündigung kommt wenige Tage vor einem "Stahlgipfel": Am Donnerstag spricht die Branche mit Bundeskanzler Friedrich Merz über einen Ausweg aus der Krise.

EU macht den Weg frei

Reiche zufolge ist der Industriestrompreis ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlbranche. Als noch wichtiger bezeichnete sie es, die sogenannte Strompreiskompensation über 2030 hinaus zu verlängern. Auch dazu gebe es gute Signale der Kommission. Man gehe davon aus, dass dies in den nächsten Wochen beschlossen werde.

Beim Industriestrompreis geht es um eine staatliche Förderung, um den Strompreis für energieintensive Unternehmen zu senken. Die EU-Kommission hatte unter bestimmten Voraussetzungen den Weg für einen Industriestrompreis bereits generell freigemacht.

Nach bisher bekannten Informationen sollen energieintensive Betriebe bis zu 50 Prozent Rabatt auf den Großhandelsstrompreis erhalten, allerdings nur für die Hälfte ihres Jahresverbrauchs. Besonders die deutsche Chemie- und Stahlindustrie sollen von der Regelung profitieren, da sie stark im internationalen Wettbewerb stehen. Eine Bedingung der EU-Kommission ist demnach: Der Strompreis darf 50 Euro je Megawattstunde nicht unterschreiten. Dies entspricht 5 Cent je Kilowattstunde.

"Unsinnig"

Laut Arbeitsmarktexperten fallen in der deutschen Industrie jeden Monat etwa 10.000 Stellen weg. Ökonomen sind dennoch nicht vollends von der Wirkung des Industriestrompreises überzeugt. Sie verweisen darauf, dass diese Entwicklung bereits 2018 begonnen habe, also vor dem Anstieg der deutschen Energiekosten. Zudem sind die meisten Betriebe bereits von Steuern und Abgaben befreit, erhalten also bereits einen vergünstigten Strompreis.

"Wirklich hohe Energiekosten haben nur fünf bis sieben Prozent der Industrie. Die Energiepreise sind eine Komponente von vielen", sagt etwa Claudia Kemfert, die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Ein Industriestrompreis wäre ökologisch und ökonomisch unsinnig und kontraproduktiv. Damit verschleppt man die Transformation erneut."

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