Noch kein Beschluss über E-Auto-Pflicht in der EU
Die EU-Kommission plant einem Medienbericht zufolge ab 2030 ein Verbrenner-Verbot für Dienst- und Mietwagen. Laut der Behörde ist aber noch nichts entschieden. In Politik und Wirtschaft regt sich Widerstand.
Die EU-Kommission hat nach eigenen Angaben noch keine Entscheidung zu möglichen Klimavorschlägen für Dienstwagen getroffen. Ein Sprecher der Behörde sagte, die Industrie habe den Wunsch geäußert, CO2-Normen für Unternehmensflotten zu präzisieren.
Man arbeite derzeit an einer entsprechenden Folgenabschätzung. Er betonte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa: "Es wurden keine Entscheidungen auf politischer Ebene getroffen."
Entsprechende Pläne im Spätsommer?
Die Bild am Sonntag hatte zuvor berichtet, die EU-Kommission bereite vor, dass Mietwagenanbieter und große Firmen aus Klimaschutzgründen ab 2030 nur noch Elektroautos kaufen dürften. Davon wären 60 Prozent des Neuwagengeschäfts betroffen, wie die Zeitung unter Berufung auf EU-Kreise berichtete. Die Kommission wolle entsprechende Pläne im Spätsommer vorstellen.
In einem im März veröffentlichten Papier hatte die Kommission bereits angekündigt, bis Ende des Jahres einen Gesetzesvorschlag zur Emissionsreduktion von Firmenwagen vorzulegen und dabei verschiedene Technologien zu berücksichtigen. Auf dpa-Anfrage äußerte sich die Kommission nicht zu Details eines etwaigen Vorschlags.
Die EU-Kommission will erreichen, dass die Treibhausgasemissionen bis 2040 um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. 2050 soll die EU dann klimaneutral sein. Die Umstellung von Verbrennerfahrzeugen auf emissionsfreie Autos ist dabei ein großer Baustein. Denn nach Angaben von Greenpeace verursacht der Straßenverkehr etwa ein Fünftel der klimaschädlichen europäischen CO2-Emissionen.
"Schlag ins Gesicht für Europas Automobilwirtschaft"
Der Europaabgeordnete Jens Gieseke nennt das mögliche Verbot für Verbrennermotoren für Miet- und Firmenwagen derweil einen "massiven Eingriff in den Markt" und "einen Schlag ins Gesicht für Europas Automobilwirtschaft". Der CDU-Politiker fordert stattdessen, das beschlossene faktische Aus von Verbrennern zurückzunehmen und alle Technologien für die Reduzierung von CO2 anzuerkennen. Sich einseitig auf Elektromobilität zu fokussieren, verkenne die technologischen Realitäten und gefährde Zehntausende Arbeitsplätze.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban warf der EU-Kommission Realitätsferne vor. "Die Kommissionsbeamten sollten Brüssel mal verlassen und Urlaub in Kroatien, Bulgarien oder Griechenland machen - dort gibt es im ganzen Land so viele Lademöglichkeiten wie in einer deutschen Großstadt", sagte Kuban den Funke-Medien. "Wer ein europaweites Verbrenner-Aus für Mietwagen ab 2030 plant, hat den Kontakt zur Realität verloren."
Verkehrsministerium lehnt Verbrennerverbot ab
Der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) appellierte an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das Vorhaben zu kassieren. Komme die Regelung, dann würden nur E-Autos angeschafft, um Quoten zu erfüllen, wie Ferber in einem Brief an von der Leyen schrieb, der der Bild am Sonntag vorlag.
Sollte die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag in das ordentliche EU-Gesetzgebungsverfahren einbringen, bedeutet das nicht, dass die Regeln bereits beschlossen sind. Auch eine Mehrheit des Europaparlaments und der EU-Staaten müssten zustimmen.
Das Bundesverkehrsministerium kündigte bereits Widerstand gegen solche Pläne an. "Wir lehnen das strikt ab und haben unsere ablehnende Haltung auch Autoverleihern mitgeteilt", teilte ein Sprecher des Ressorts von Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) der Nachrichtenagentur AFP mit. "Wir setzen uns dafür ein, dass das so nicht kommt."
Kritik auch aus der Wirtschaft
Kritik an einer unter Umständen zur Debatte stehenden E-Auto-Pflicht für Unternehmensflotten kommt darüber hinaus vom Verband der Automobilindustrie (VDA). "Wir lehnen diese neue Regulierungsoffensive entschieden ab", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Nötig sei vielmehr, bei den Rahmenbedingungen nachzubessern - das gelte insbesondere mit Blick auf die Ladeinfrastruktur.
"Fast 60 Prozent aller Ladepunkte in der EU fallen auf Deutschland, Frankreich und die Niederlande", sagte Müller. Hamburg habe beispielsweise mehr Ladepunkte als die Slowakei oder Bulgarien. Ziele zu setzen sei das eine, Zielerreichung zu ermöglichen das andere. "Und hier ist die EU jetzt in der Pflicht", forderte die VDA-Präsidentin.
Der Vorstand des Mietwagenanbieters Sixt, Nico Gabriel, bezeichnete das geplante Verbrenner-Verbot als praxisfremd. "Urlauber werden kaum noch Mietwagen nutzen, Verbraucher werden praktisch keine Fahrzeuge mehr leasen können", berichtete Bild am Sonntag. In der ganzen EU fehle es schlicht an Ladesäulen. Die Folge: Letztlich dürften Mietautos teurer werden, berichteten der Zeitung zufolge auch andere Anbieter.
Mit Informationen von Jakob Mayr, ARD-Studio Brüssel
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