Die Inflation im Euroraum ist im Juni voraussichtlich leicht auf 2,0 Prozent gestiegen - also genau auf das Ziel der Europäischen Zentralbank. Die höchsten Teuerungsraten verzeichneten Estland, die Slowakei und Kroatien.

Die Inflation in der Eurozone ist leicht gestiegen und liegt nun genau auf der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Juni betrug die Teuerungsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft 2,0 Prozent, nach 1,9 Prozent im Mai, wie das EU-Statistikamt Eurostat zu vorläufigen Berechnungen mitteilte.

"Die Inflation in der Eurozone pendelt sich erstmal um den Zielwert ein. Dabei dämpften die Energiepreise den Verbraucherpreisanstieg deutlich weniger als noch im Vormonat", so Stephanie Schoenwald, Konjunkturexpertin bei KfW Research. Die Energiepreise gingen dagegen um 2,7 Prozent zurück, nachdem sie im Mai um 3,6 Prozent gesunken waren. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak erhöhten sich im Juni um 3,1 Prozent. Die Inflation bei den Dienstleistungen, einer der zuletzt stärksten Treiber der Teuerung, lag im Juni bei 3,3 Prozent, nach 3,2 Prozent im Mai.

Die Kerninflation, bei der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben, verharrte bei 2,3 Prozent. Die EZB verfolgt dieses Maß besonders genau, da es zugrundeliegende Inflationstrends gut anzeigt.

Zypern und Frankreich mit niedrigsten Inflationsraten

Innerhalb der Eurozone verzeichneten Estland (5,2 Prozent), die Slowakei (4,6 Prozent) und Kroatien (4,4 Prozent) die höchsten Inflationsraten. Am niedrigsten fiel der Preisanstieg in Zypern (0,5 Prozent), Frankreich (0,8 Prozent) und Irland (1,6 Prozent) aus. Für Deutschland gehen die Statistiker vorläufig von einer Preissteigerung von 2,0 Prozent im Juni aus. Eurostat liegt damit auf einer Linie mit dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, das gestern ebenfalls einen Wert von 2,0 Prozent für Juni ausgegeben hatte.

"Punktlandung, die EZB hat ihr Inflationsziel erreicht, könnte man meinen", urteilt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt bei der Hamburg Commercial Bank. Doch so einfach sei das nicht: "Schon 2026 könnten aber preistreibende Faktoren wieder schlagend werden." Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, der Deglobalisierungstrend, Klimaschutzmaßnahmen und der Arbeitskräftemangel seien künftig "Faktoren, die für eine höhere Inflation sorgen dürften."

Zinspause für Sommer erwartet

Die EZB hält an ihrem Inflationsziel von zwei Prozent fest und will bei anhaltenden Ausreißern nach oben wie unten hart gegensteuern. Dieses Vorgehen soll dazu beitragen, die Inflationserwartungen im Zaum zu halten, hatte die Notenbank zu Beginn der Woche zum Ergebnis ihres Strategiechecks erklärt. Zugleich will die EZB verhindern, dass sich die Inflation zu weit vom angepeilten Zielwert entfernt festsetzt. "Die Welt wird künftig unsicherer - und diese Unsicherheit dürfte die Inflation volatiler machen", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde zum Auftakt des Notenbankforums der EZB im portugiesischen Sintra.

Viele Ökonominnen und Ökonomen erwarten im Sommer erstmal eine Zinspause der EZB, etwa Stephanie Schoenwald: "Die Unsicherheit bleibt jedoch groß." Eine Eskalation des Handelsstreits zwischen der EU und den USA und/oder ein deutliches Verschlechtern der Wirtschaftsdaten über die Erwartungen der EZB hinaus könnten dann den Ausschlag für eine Fortsetzung der geldpolitischen Lockerung im Herbst geben.

Auch Commerzbank-Experte Vincent Stamer geht davon aus, dass die EZB bei ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung in drei Wochen erst einmal die Füße stillhält. "Ein Grund hierfür ist, dass die genauen Auswirkungen der US-Zollpolitik auf die Volkswirtschaften im Euroraum noch unklar sind." In den kommenden Monaten dürfte sich dann mehr und mehr zeigen, dass die Exporte durch diese Politik gebremst und die Warenpreise eher gedrückt würden. "Auch daher erwarten wir, dass die EZB die Leitzinsen bis zum Ende des Jahres ein weiteres Mal um 25 Basispunkte reduzieren wird", erläuterte der Analyst. "Der Einlagensatz stünde dann bei 1,75 Prozent."

Verbraucher senken Inflationserwartungen

Angesichts einer abebbenden Teuerung waren die Euro-Währungshüter Mitte 2024 auf Zinssenkungskurs umgeschwenkt. Seitdem haben sie die Schlüsselsätze bereits acht Mal nach unten gesetzt - zuletzt im Juni. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, der als Leitzins für die Eurozone gilt, liegt mittlerweile bei 2,0 Prozent.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Eurozone haben einer EZB-Umfrage zufolge ihre Inflationserwartungen etwas zurückgeschraubt. Die Teuerungsrate in den kommenden zwölf Monaten wird in einer aktuellen Erhebung vom Mai auf 2,8 Prozent geschätzt, wie die Zentralbank mitteilte. Bei der April-Umfrage hatten die Verbraucherinnen und Verbraucher noch 3,1 Prozent veranschlagt.

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