Im Fegefeuer der Eitelkeiten
"Call My Agent Berlin" ist das Remake einer französischen Erfolgsserie über eine Schauspielagentur. Im Mittelpunkt der Disney+-Serie stehen die Befindlichkeiten eitler Stars, mit denen die Agenten jonglieren müssen. Vieles, aber nicht alles an der Adaption ist gelungen.
Vor etwas mehr als zehn Jahren startet in Frankreich unter dem Titel "Dix pour cent" eine Serie, die eine fiktive Schauspielagentur in Paris ins Zentrum rückt. Das Besondere daran: Zahlreiche Ikonen des französischen Kinos spielen sich selbst und nehmen ihre eigene Position sowie die Film-Bubble ganz allgemein aufs Korn - darunter Isabelle Adjani, Audrey Fleurot, Juliette Binoche, Monica Belucci und Isabelle Huppert.
Inzwischen gibt es vier Staffeln, die dank Netflix unter "Call My Agent" auch in Deutschland abrufbar sind. Dennoch hat es sich Disney+ irgendwann zur Aufgabe gemacht, die Idee an den deutschen Markt anzupassen. Ein Konzept, das in der Vergangenheit immer wieder aufging. So liegt beispielsweise der Sönke-Wortmann-Komödie "Der Vorname" der französische Film "Le Prénom" zugrunde. "Das perfekte Geheimnis" gab es bereits in einer italienischen Version, ehe das Ganze mit Elias M'Barek, Florian David Fitz, Jessica Schwarz und weiteren fürs deutsche Kino erfolgreich adaptiert wurde. Nun also "Call My Agent", vom internationalen Titel erst mal nur durch den Zusatz "Berlin" zu unterscheiden.
Manipulation und Machtspielchen
Als der Chef der in einer finanziellen Krise steckenden Agentur Stern eines plötzlichen und unerwarteten Todes stirbt, ist guter Rat teuer. Wer hat das Zeug, die einst erfolgreiche Firma wieder an die Spitze des Filmgeschäfts zu katapultieren? Und welche Mittel sind dafür recht? Anstatt an einem Strang zu ziehen, ist die Stimmung zwischen den Agenten Gabor (Lucas Gregorowicz), Sascha (Karin Hanczewski), Konstantin (Michael Klammer) und Hellen (Gabriele Scharnitzky) eher angespannt und es kommt in den Meetings ständig zu internen Plänkeleien und weniger zu einem konstruktiven Austausch. Vor allem die neue Mitarbeiterin Sophie (Dana Herfurth), die obendrein ein privates Geheimnis mit sich trägt, das für Chaos sorgt, reibt sich zwischen den einzelnen Parteien auf.
Und dann sind da ja auch noch die Stars, die die Agentinnen und Agenten nach nicht immer bestem Wissen und Gewissen, dafür aber mit viel manipulativem Geschick vertreten: Iris Berben, Nilam Farooq, Veronika Ferres, Moritz Bleibtreu, Heiner Lauterbach, Heike Makatsch, Max von der Gröben, Katja Riemann, Florence Kasumba, Emilia Schüle, Frederick Lau, Jürgen Vogel und noch ein paar mehr. Eben das "Who is Who" der deutschen Filmlandschaft. Und es ist nicht einfach, sich der Fülle an Eitelkeiten, Sonderwünschen und Selbstzweifeln dieser Berufssparte entgegenzustellen. Schon gar nicht, wenn man ständig auch noch um seinen eigenen beruflichen Hintern fürchten muss und es privat auch nicht allzu rund läuft.
Uneitel und selbstironisch
In zehn Folgen von jeweils 45 Minuten erlebt man dank "Call My Agent Berlin" also, womit sich Schauspielerinnen und Schauspieler, vor allem aber deren Agenturen in Deutschland tagtäglich herumschlagen müssen. An mancher Stelle wird ohne Frage karikiert. Manches aber hat sich sicherlich so oder so ähnlich schon an den Sets einschlägiger Film- und Serienproduktionen zugetragen. Einige private Storylines halten sich an das französische Original, anderes wurde etwas angepasst.
Das gilt auch für die jeweiligen Projekte und Befindlichkeiten der Stars. Die zeigen sich gar nicht mal so eitel, wenn es darum geht, ihre Unzulänglichkeiten oder auch erfundene Negativeigenschaften ungeschönt der Öffentlichkeit zu präsentieren. So sagt man beispielsweise Veronica Ferres nach, nicht sonderlich witzig zu sein, womit die ihr gewidmete Folge spielt. Besonders lustig ist das zwar trotzdem nicht, aber womöglich ist das genau so gewollt?!
Wichtiges Thema ad absurdum geführt
Fragwürdig ist hingegen die Entscheidung, Moritz Bleibtreu jenen Part zu geben, der im Original von Cécile de Franc und damit einer Frau gespielt wird. Dabei geht es um Altersdiskriminierung im Filmbusiness. Die Person ist plötzlich zu alt für die eigentlich bereits zugesagte Rolle. Ein Thema, dem sich kaum ein männlicher Schauspieler ausgesetzt sieht. Das Problem auf diese Weise zu verdrehen, darauf muss man auch erst mal kommen. Schließlich sind Rollen für Schauspielerinnen über 50, die nicht vor Klischees triefen, nach wie vor rar gesät, während deren Kollegen als "Männer im besten Alter" ein Angebot nach dem anderen vorgelegt bekommen - deutlich jüngere Film- oder Serien-Geliebte am besten gleich inklusive.
Sei es drum. Insgesamt ist "Call My Agent Berlin" schon allein aufgrund des gut besetzten Hauptcasts eine durchweg unterhaltsame Nummer geworden - mit stärkeren und mit schwächeren Folgen. Wer schon immer mal einen nicht immer allzu ernst zu nehmenden Blick hinter die Kulissen des Filmgeschäfts werfen wollte, ist mit dieser Serie gut beraten. Und zu erfahren, dass Heiner Lauterbach, Heike Makatsch, Katja Riemann oder auch Jürgen Vogel besser über sich selbst lachen können, als man es gemeinhin vielleicht erwartet hätte, ist zudem eine schöne Erkenntnis.
"Call My Agent Berlin" ist ab dem 12. September auf Disney+ abrufbar.
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