«Girls» war gestern – heute ist alles «Too Much»
Hach, Hugh Grant! Millionen Millennials schmachteten vor den Bildschirmen, als der clumsy Bibliothekar das Herz von Julia Roberts eroberte. «Notting Hill», ein Höhepunkt der Romcom-Ära, liess viele hoffen: Stolpert einem ein britischer Gentleman über den Weg, ist das Happy End wohl nicht weit.
New Yorkerin Jessica, die Hauptfigur in «Too Much», liebt «Notting Hill» und sowieso alle englischen Romanzen. Ein bitteres Ende hat sie gerade hinter sich: Ihre Beziehung zu ihrem Freund ist gescheitert. Seine Neue heisst Wendy: eine Influencerin, die wenig zu sagen, aber viel Lipgloss auf den Lippen hat. Jessicas Ausweg aus der Gefühlshölle: ein Jobangebot in England, dem Land ihrer (Männer)-Träume: «Denn niemand vögelt eine Influencerin bei Jane Austen.» Ob da ein Mr. Darcy wartet?

Kaum in London angekommen, trifft sie ihr Liebesglück in einem Pub. Felix (Will Sharpe) ist ein Indie-Musiker – melancholisch, mürrisch, mit perfektem Mixtape in der Tasche. Es funkt, und die beiden landen im Bett, kurz nachdem sich Jessica – alles «too much» eben – das viktorianisch anmutende Nachthemd anzündet. What's next? Natürlich Liebes-Hochs und -Tiefs.
Ein bisschen autobiografisch
13 Jahre nach ihrer ersten Serie «Girls», die neurotische New-Yorker beim ewigen Grosswerden begleitet hat, hat Lena Dunham ihre zweite Serie geschrieben – zusammen mit ihrem Partner, dem Musiker Luis Felber.
In «Too Much» spielt Dunham, anders als in «Girls», nur eine Mini-Rolle. Ihre persönliche Geschichte fliesst aber dennoch in die Serie ein. Diese sei immerhin «fünf Prozent autobiografisch». Auch Dunham – DIE New Yorkerin – zog, nachdem sie sich von ihrem Freund, dem Mega-Musikproduzenten Jack Antonoff (Taylor Swift, Lorde), trennte, nach London.
«Ich hab keinen Musikgeschmack. Ich mag girly Bullshit», beichtet Jessica im Bett ihrem neuen Lover. Ein Punch gegen den echten Ex?

Es wäre doch so einfach
«Too Much»: Das ist nun die geballte Ladung Realität, die wir, die in den Luxusbubble-Breitengraden weilen dürfen, alle kennen: Stress in der Liebe, Stress im Job, Stress ohne Job, Stress, in jeder Lebenssituation die richtigen Worte – und dann hoffentlich irgendwann mal zu sich selbst finden. Aber bitte, wer kann das alles schaffen?
Hauptfigur Jessica – wunderbar verkörpert von Comedian Megan Stalter – tut sich schwer und ist sich selbst auch schlicht zu viel: zu laut (nicht nur für Briten), zu direkt, zu bunt angezogen. Als Protagonistin ist sie perfekt – smart, lustig, liebenswert.
«Ich will Chaos und Chaos will mich. Ich bin unwiderstehlich», sagt sie. Und wie! Als Zuschauerin will man mehr: von ihr und von den restlichen Figuren, die alle charmant einen an der Klatsche haben.
Entlarvend und witzig ist auch, wie die Serie es schafft, subtil aufzuzeigen, wie man – und hier Frau – es sich selbst schwer macht. Süsses Beispiel (ein Mini-Spoiler muss sein): Als Jessica mit dem fantastischen Felix «Paddington» schaut und der aus Mitleid mit dem verwaisten Stoff-Bären wie ein Schosshund heult, scrollt sie gleichzeitig auf Instagram und stalkt ihren Egomanen-Ex. Haben wir uns Frauen nicht sensible Männer an unsere Seite gewünscht?

«Too Much» führt wunderbar vor Augen: Wir alle stehen uns oft auch selbst im Weg. Und hören das Glück manchmal nicht, wenn es an der Tür klingelt. Ob Felix immer wieder vor der Matte stehen wird? Please. Mit Ständchen.
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