Jeff Bezos – ein schwieriges Kapitel für den Schweizer Buchhandel
Totgesagte leben länger. So sagt man. Doch irgendwann läuft auch ihre Zeit ab. Vielleicht bald auch die der Schweizer Buchhandlungen.
Laut Schätzungen des Schweizer Buchhandels- und Verlagsverbands geht heute nur noch jedes zweite Buch in klassischen stationären Buchhandlungen über den Tresen. Der ganze Rest online. Tendenz steigend.

Zudem musste Buchladen um Buchladen schliessen. In der Deutschschweiz gibt es heute nur noch deren 270 – rund einen Drittel weniger als noch vor 20 Jahren.
«Extrem visionär»
Der Ursprung des fundamentalen Wandels lässt sich genau datieren – auf den 16. Juli 1995. An jenem Tag verkauft der der US-Amerikaner Jeff Bezos auf seiner Internet-Plattform Amazon das erste Buch.
Amazon hat sich inzwischen vom Online-Buchladen zur gigantischen E-Commerce-Plattform gewandelt. Dort gibt es praktisch alles zu kaufen – von Turnschuhen über Handys bis zu Salatbesteck. Im vergangenen Jahr machte der multinationale Riese über 600 Milliarden Dollar Umsatz.

Jeff Bezos habe mit Amazon Wirtschaftsgeschichte geschrieben, sagt Oliver Gassmann, Wirtschaftsprofessor mit Spezialgebiet Plattformökonomie an der Universität St. Gallen. Bezos’ Idee sei «extrem visionär» gewesen.
Riesig und bequem
Mit seinem Web-Shop habe Bezos «eine einzigartig breite Produktepalette zu günstigen Preisen» angeboten. Und den Grundstein gelegt zum «bequemen Einkaufen per Mausklick».
Dass Amazon die Schweizer Buchhandlungen besonders massiv traf, liegt an den tiefen Margen, die sich in der Branche erwirtschaften lässt. Und an hohen Kosten wie Löhnen, Mieten und Lagern.
Noch zeigt der Schweizer Buchhandel tapfer Flagge. So hat er etwa unlängst mit eigenen Webshops reagiert. Laut dem Datenportal Statista kontrolliert Amazon als Spitzenreiter derzeit gut ein Drittel des Schweizer Online-Buchhandels. Dicht gefolgt von grossen Schweizer Buchportalen wie Ex Libris oder Orell Füessli.
Laden als Kontrastprogramm
Doch auch der Buchverkauf im Laden stehe keineswegs vor dem Aus. Davon überzeugt ist die langjährige Buchhändlerin Ruth Schildknecht. Sie leitet die Quartierbuchhandlung Nievergelt in Zürich Oerlikon. Man stehe «in direktem Kontakt mit der Kundschaft» und habe «ein Kauferlebnis in anregender Atmosphäre» zu bieten. Und das sei durchaus gefragt.
«Mag sein», sagt Oliver Gassmann, doch die «grosse Masse der Kundschaft» sei dadurch «»nicht zu gewinnen». Zumal Amazon und Co. ihre Kundschaft «genauer kennen» würden «als die beste Buchhändlerin».
Aufgrund der Datenspuren welche Käuferinnen und Käufer auf den Plattformen hinterlassen sind Algorithmen in der Lage, hoch präzise und personalisierte Empfehlungen zu errechnen. Und dies verschiebe die Umsätze des Buchhandels künftig weiter in den Online-Handel.
Dies bedeute noch lange nicht das Aus für die stationären Buchhandlungen, ist Ruth Schildknecht überzeugt. Als Buchhändlerin sieht sie ihre Chance gerade darin, die Kundschaft «auch mit unkonventionellen und kreativen Empfehlungen» zu überraschen, die einem kalten Algorithmus «kaum in den Sinn kommen».
Fazit: Die Zukunft des stationären Buchhandels liegt wohl in der Nische – für Leserinnen und Leser, welche die typische typischen Buchladen-Atmosphäre suchen, die gerne schmökern und verweilen, und die den Buchladen um die Ecke auch als Ort der Begegnung schätzen. Fernab aller Algorithmen-Logik.
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