Welche finanziellen Folgen die Ehe haben kann
Geld gehört noch immer zu den häufigsten Streitthemen in Beziehungen, Geheimnisse sind gerade beim Thema Vermögen keine Seltenheit. Wie eine gemeinsame Finanzplanung trotzdem gelingen kann.
Mit der Frage nach einem Ehevertrag hat man sich oft schnell die erste Ehekrise eingehandelt, obwohl man den Bund der Ehe noch gar nicht besiegelt hat. Und mit der Gegenfrage: "Willst du dich etwa wieder von mir scheiden lassen?" lässt sich jede Diskussion darüber im Keim ersticken. Immerhin möchte ja niemand ein Preisschild an seine Beziehung hängen. Oder gar andeuten, dass man sich womöglich doch nicht für immer, sondern nur für ein paar Jahre, binden möchte. Und im Falle dessen dann auch nichts vom eigenen Vermögen abgegeben will.
Oder ist all das heutzutage gar kein Diskussionsgrund mehr? Immerhin leben wir im 21. Jahrhundert, in gleichberechtigten, aufgeklärten Beziehungen, die ganz erwachsen mit dem Thema Geld umgehen. Und das stimmt auch - jedenfalls laut Zahlen des Marktforschungsinstituts Fittkau und Maaß, die im Auftrag von Elite-Partner herausfanden, dass 83 Prozent der Paare über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Partners Bescheid wissen. Rund 69 Prozent sprechen zudem "sehr offen" über Finanzen - deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren.
Langer Weg zur Gleichberechtigung
Das klingt, als wäre die Gleichberechtigung - zumindest in Sachen Geld innerhalb der Beziehung - geschafft. Das ist ein großer Schritt, vor allem, wenn man bedenkt, dass in der Bundesrepublik selbst in den 1950er-Jahren verheiratete Frauen noch nicht selbständig entscheiden konnten, ob sie ein Bankkonto eröffnen oder arbeiten möchten.
Das sagt Alina Bartscher, Professorin an der Frankfurt School of Finance and Management, und ergänzt: "Erst 1962 konnte eine Frau eigenständig ein Bankkonto eröffnen. Und es hat sogar bis 1977 gedauert, bis verheiratete Frauen vollständig selbst entscheiden konnten, ob und wie viel sie arbeiten. Vorher mussten sie immer nachweisen, dass das ihre ehelichen und familiären Pflichten nicht beeinträchtigt."
Frauen sind oft finanziell abhängig
Ist all das nun also wirklich überwunden? Auch wenn Frauen heute selbst entscheiden dürfen, ob sie ein eigenes Bankkonto haben oder arbeiten gehen wollen, ist die Gleichberechtigung in Sachen Geld auch in Beziehungen noch längst nicht erreicht. So zeigt etwa eine Studie des ifo-Instituts und der Universität Oslo, dass Frauen nach der Heirat im Schnitt 20 Prozent weniger verdienen als vorher - unabhängig davon, ob es in der Ehe Kinder gibt, oder nicht. Als Gründe nennen die Forscher etwa falsche Anreize im Steuersystem oder alte Rollenbilder. Es ist also kaum überraschend, dass sich jede dritte Frau in Deutschland immer noch finanziell abhängig von ihrem Mann fühlt.
Das bestätigt auch Expertin Bartscher im ARD-Finanzformat 50k auf YouTube: Das Ehegattensplitting - ein Steuersparmodell für Verheiratete - begünstige die Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau. "Und das lohnt sich tatsächlich umso mehr, je größer der Einkommensunterschied zwischen den beiden Partnern ist", betont die Bartscher.
Und obwohl man in Beziehungen angeblich so offen über Geld redet, haben 52 Prozent aller Paare laut Daten von Fittkau und Maaß finanzielle Geheimnisse voreinander. 32 Prozent verheimlichen kleinere persönliche Käufe, zehn Prozent haben sogar verborgene Schulden.
Faire Finanzen mit Gemeinschaftskonto
Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie Paare eine gemeinsame Finanzplanung so gestalten können, beide ihren individuellen Spielraum behalten - etwa mit dem Drei-Konten-Modell. Das gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen. So kann man etwa das gemeinsame Einkommen komplett auf ein Konto überweisen und alles, was nach Abzug der Fixkosten noch übrig ist, wird fair unter beiden Partnern aufgeteilt. Oder jeder Partner zahlt prozentual je nach Einkommen auf das Gemeinschaftskonto ein. "So etwas hilft einfach, Fairness zu schaffen und Streit zu vermeiden", betont Bartscher.
Sollte man sich für so eine Lösung entscheiden, ist es aus ihrer Sicht unerlässlich, dass beide Partner gleichberechtigten Zugang zum Gemeinschaftskonto haben. "Sonst können böse Überraschungen passieren. Zum Beispiel, dass der Partner ins Krankenhaus kommt und man auf einmal nicht weiß, wie man die nächste Überweisung tätigen soll, weil man gar keinen Zugang zum Online-Banking hat", betont die Expertin.
Langfristig gemeinsam sparen im Depot?
Für Paare, die offen über ihre Finanzen sprechen und auch auf gemeinsame Zukunftspläne sparen, kann sich darüber hinaus auch ein sogenanntes Gemeinschaftsdepot lohnen. "Ein Gemeinschaftsdepots kann vorteilhaft sein, wenn man ähnliche Investitionswünsche und Risikopräferenzen hat. Dann kann man einfach seine finanziellen Ressourcen poolen und in einem gemeinsamen Depot sparen", so Bartscher. Paare, die also für einen gemeinsamen Immobilienkauf oder das eigene Kind Geld anlegen wollen, können das in einem gemeinsamen Depot tun.
Das geht entweder im "Und-Depot" oder im "Oder-Depot". Beim "Und-Depot" geht nichts ohne Absprache, jeder Auftrag muss von beiden unterschrieben werden. Selbst wenn ein Partner nur eine Aktie verkaufen möchte, müssen beide zustimmen. Etwas unkomplizierter ist da das "Oder-Depot": Dabei dürfen beide allein handeln, also auch ohne Absprache Wertpapiere kaufen, verkaufen oder Änderungen beauftragen. Aber es gibt auch Ausnahmen: Bei Rahmenverträgen oder speziellen Vollmachten müssen beide Partner zustimmen.
Bartscher betont aber auch, dass ein Gemeinschaftsdepot nicht in jedem Fall eine gute Entscheidung sei: "Wenn man eher unterschiedliche Präferenzen hat - vielleicht fühlt sich ein Partner nicht so wohl mit bestimmten Risiken - dann ist das Einzeldepot sicher die bessere Entscheidung."
Ehe ist finanziell eine Zugewinngemeinschaft
Zumal sich unverheiratete Paare darüber im Klaren sein müssen, dass eine Depotaufteilung im Falle einer Trennung nicht so klar geregelt ist wie bei einer Scheidung. Denn ist gibt keinen Anspruch auf eine Vermögensaufteilung wie bei Ehepaaren. Darum sollten Paare mit Gemeinschaftsdepot und ohne Eheurkunde klar nachweisen können, wer welche finanziellen Mittel in die Beziehung - und in das Depot - eingebracht hat.
Bei Ehepaaren, die sich scheiden lassen, ist die Gesetzeslage etwas klarer: Alle, die ohne Ehevertrag heiraten, leben automatisch in einer Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet: Während der Ehe behält jeder sein eigenes Vermögen, aber im Trennungsfall wird der Zugewinn geteilt - und zwar fair durch zwei. Dabei ist laut §1373 Bürgerliches Gesetzbuch auch völlig egal, wer mehr Geld eingebracht hat. Das gilt aber nicht für Aktien oder ETFs, die der Partner vor der Ehe schon hatte. Diese zählen als Anfangsvermögen und werden nicht aufgeteilt. Nur der Wertzuwachs während der Ehe zählt als Zugewinn.
Ehevertrag als Versicherung
Relevant ist das vor allem deshalb, weil in Deutschland im Schnitt jede dritte Ehe geschieden wird: 2024 wurden 129.337 Ehen hierzulande geschieden, wie aus Angaben des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Um in diesem Fall auch noch Streit ums Geld zu vermeiden, empfehlen Experten wie Bartscher, sich zumindest mit der Option eines Ehevertrages auseinanderzusetzen: "Es gibt online sehr gute Checklisten, auf denen man schon mal schauen kann: Würde sich denn so einen Ehevertrag für mich lohnen? Bin ich davon betroffen?"
Paare, die sich dafür entscheiden, sollten ihren Ehevertrag von einem Notar rechtlich absichern lassen. "Das wäre natürlich ärgerlich, wenn man einen Vertrag aufsetzt und der dann nachher aufgrund eines Formfehlers - weil man selbst kein Jurist ist - nicht gültig ist", betont Bartscher im ARD-Finanzformat 50k. Sie rät dazu, einen Ehevertrag einfach als Versicherung zu sehen. "Im Idealfall braucht man ihn nie. Aber es ist trotzdem gut, ihn zu haben."
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