E-Autos als Stromspeicher: Netzbetreiber optimistisch, ADAC dämpft Erwartungen
- Rein technisch könnten laut Eon in Mitteldeutschland zugelassene E-Autos schon heute zehntausende Haushalte mit gespeichertem Strom versorgen.
- Der ADAC sieht den Einsatz von E-Autos als Stromspeicher derzeit noch in der Erprobungsphase und rechnet erst in ungefähr fünf Jahren mit ersten Anwendungsfällen.
- Mitnetz betont, Kunden sollten selbst entscheiden dürfen, wann sie gespeicherten Strom aus ihren E-Autos ins Netz zurückspeisen.
Wenn Michael Lehmann ein Elektroauto sieht, dann denkt der Manager des Stromnetzbetreibers Mitnetz nicht nur ans Fahren. Die Autos hätten ja immer größere Batterien, sagt er. Und die könnte man natürlich für verschiedene Zusatzanwendungen nutzen. "Das Einfachste ist, ich sage mal so, beim Camping, wenn man eine Steckdose braucht und keine in der Nähe hat, da kann man in Zukunft den Stecker einfach ins Auto stecken und dann werden Campinggeräte damit betrieben."
Man könne aber im Prinzip auch sein Haus damit versorgen. "Und die richtig spannende Anwendung aus unserer Sicht ist jetzt natürlich, dass die Energie aus dem Auto wieder ins Netz zurück gespeist wird."
Eon sieht großes Potenzial
Helfen würde das den Netzbetreibern vor allem in sogenannten Dunkelflauten, wenn also Wind- und Sonnenstrom für alle fehlen. Damit ein Elektroauto zumindest einen Teil seiner Ladung wieder abgeben kann, braucht es aber die passende Technik. Immer mehr Modelle unterstützen das sogenannte bidirektionale Laden.
Das Potenzial ist aus Sicht des Energiekonzerns Eon riesig. Sprecherin Karen Peemöller erzählt, schon jetzt seien allein in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt 15.000 Elektroautos unterwegs, die Strom auch wieder einspeisen können.
Mal angenommen, diese würden nachts bis zu 60 Prozent ihrer Akkuladung zur Verfügung stellen: "Dann könnten damit fast 170.000 Haushalte von 17:30 Uhr bis 5:30 Uhr in der Früh mit Energie betrieben werden. Und das, obwohl wir abends relativ energieintensiv unterwegs sind mit Kochen, der Geschirrspüler läuft, man sieht fern. Das sind wirklich große Stromspeicherpotenziale, die wir hier sehen."
Großflächiger Einsatz laut ADAC noch Zukunftsmusik
Doch bislang bleibt das Potenzial ungenutzt. Denn damit Elektroautos Strom zurückgeben, sind auch spezielle Ladeboxen notwendig, die aber noch teuer sind. Außerdem braucht es digitale Stromzähler und gesetzliche Regeln, wie der zurückgespeiste Strom vergütet und besteuert wird.
Fabian Fährmann vom ADAC dämpft deshalb die Erwartungen an Autos als Stromspeicher. Man sei noch in der Erprobungs- und Erforschungsphase. "Von technischer Seite wissen wir, es sind die ersten Schritte getan und es werden auch noch einige kommen. Und jetzt in Richtung 2030, wenn wir mal in den Horizont gehen, wird es erste Anwendungsfälle geben und dann kann man darauf aufbauend auch noch weitere Systeme entwickeln und das Ganze auch noch verbessern."
Mitnetz nach erstem Praxistest zuversichtlich
Michael Lehmann von Mitnetz ist optimistischer. In Cottbus testet der Netzbetreiber bereits, wie gut sich Elektroautos als Stromspeicher eignen – und trotzdem noch gefahren werden können. Ums vollständige Entleeren der Akkus geht es in der Praxis schließlich nie. Erste Ergebnisse stimmten ihn zuversichtlich, sagt Lehmann.
Sorgen, die Netzbetreiber würden künftig nach Gutdünken auf die Akkus der Autos zurückgreifen, zerstreut er: "Wir haben keine Ambitionen, Millionen Fahrzeuge zu steuern aus unseren Netzen. Das Ganze würde anders laufen. Wir würden im Grunde die Randbedingungen veröffentlichen und sagen: 'Jetzt ist gerade ein Engpass in der Einspeiseseite'. Und die Kunden können sich dann daran orientieren, so wie sie es selbst wollen."
Vergütung für Rückspeisung ins Stromnetz noch unklar
Wer bei Engpässen freiwillig Strom einspeist, soll dafür vergütet werden. Die Tarife müssen allerdings noch entwickelt werden. Am einfachsten bleibt deshalb: Man nutzt den Strom des Elektroautos als eigene Reserve, zum Beispiel fürs Eigenheim.
Doch auch das passiert bislang selten. Ein Grund: Es ist unklar, wie sich das auf die Garantie der Batterie auswirkt, wenn sie nicht nur zum Fahren, sondern auch als Hausspeicher genutzt wird.
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