Der Finanzdruck auf die Gesetzlichen Krankenkassen bleibt enorm. Zwar war im ersten Halbjahr ein Überschuss von 2,8 Milliarden Euro zu verzeichnen; zugleich stiegen aber die Leistungsausgaben überdurchschnittlich um 12,2 Prozent, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. Der Überschuss soll zudem die gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve auffüllen. „Wir brauchen dringend kurzfristige Maßnahmen und langfristige Strukturreformen“, betonte Ministerin Nina Warken (CDU).

Die Bundesregierung will die Gesetzlichen Krankenkassen kurzfristig mit einem neuen Darlehen und der verzögerten Rückzahlung eines bestehenden Darlehens entlasten. Zusätzlich soll eine Hälfte des für die Krankenhausreform benötigten Transformationsfonds nicht aus Mitteln der Kassen, sondern durch Steuern finanziert werden. Hierzu sind 25 Milliarden Euro über zehn Jahre geplant. Auch soll zeitnah eine Expertenkommission Vorschläge zu Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge erarbeiten; und dies bereits bis Anfang 2026.

Schon ab 2026 gerieten die Beitragssätze wieder unter Druck, warnte Ministerin Warken. Man sei sich der hohen Erwartungen und des Zeitdrucks bewusst und befinde sich mit Blick auf den Haushalt 2026 in Gesprächen. Sowohl bei der Pflege- als auch bei der Krankenversicherung werde derzeit nachgesteuert, um die Beiträge zu stabilisieren. Am Ende legten aber die Kassen die Zusatzbeiträge fest.

Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz entsprach Ende Juni 2,9 Prozent und lag damit deutlich oberhalb des im Oktober 2024 verkündeten Zusatzbeitragssatzes von 2,5 Prozent. Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen von rund 177 Milliarden Euro standen in den ersten sechs Monaten Gesamtausgaben von 174 Milliarden Euro gegenüber.

„Die Ausgabendynamik ist im ersten Halbjahr ungebrochen“

Zuvor war bekannt geworden, dass der Überschuss der Krankenkassen im ersten Halbjahr auf die besagten 2,8 Milliarden Euro angestiegen ist. Nach Rekorddefiziten im Jahr 2024 war bis Ende März bereits ein Überschuss von 1,8 Milliarden Euro entstanden.

„Aber das sollte niemanden beruhigen“, sagte der Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, der dpa. „Die Ausgabendynamik ist im ersten Halbjahr ungebrochen.“ Der Überschuss sei dringend notwendig, um die gesetzliche Mindestreserve der Kassen wieder aufzufüllen. In den vergangenen Jahren hatte es einen Rücklagen-Abbau gegeben. „Gerade mit Blick auf die dynamische Ausgabenentwicklung ist aber noch offen, ob das gelingen kann“, sagte Blatt.

Allein beim größten Kostenblock, den Krankenhausbehandlungen, übertraf das Plus mit 9,6 Prozent noch das des ersten Halbjahres 2024 (7,9 Prozent). 54,5 Milliarden Euro flossen nun zu den Kliniken. Die Ausgaben für Ärzte stiegen um 7,8 Prozent auf 27,0 Milliarden, die für Arzneimittel um 6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro.

Blatt sagte: „So kann es nicht weitergehen, solche Steigerungsraten hält kein Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus.“

Blatt forderte ein Ausgabenmoratorium und Strukturreformen. Diese sollten für die Versicherten im Alltag spürbar werden – zum Beispiel durch schnellere Arzttermine. Langfristig will Blatt aber auch verhindern, dass die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen weiter auseinanderklafft, und „wieder zu stabilen Finanzen kommen“.

Der Sozialverband VdK begrüßte die Forderung nach einem Ausgaben-Moratorium. „Wichtig dabei ist, die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben langfristig zu schließen, die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren und ihr Leistungsspektrum aufrechtzuerhalten“, betonte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Angesichts der aktuellen Zahlen könnten die Versicherten nicht durchatmen, und es bleibe unklar, wie eine Beitragserhöhung vermieden werden könne.

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