Wie KI gegen Fachkräftemangel helfen soll
Im Handwerk fehlen Hunderttausende Fachkräfte. Künstliche Intelligenz könnte helfen, dem Mangel entgegenzuwirken. Schon jetzt setzen auch kleine Betriebe auf neue Technik.
"Hallo, ich bin Sara, wie kann ich Ihnen behilflich sein?" - wer im Heizungsbetrieb von Mario Schunk anruft, wird von einer freundlichen Stimme begrüßt. Doch am anderen Ende der Leitung sitzt kein Mensch, sondern eine Künstliche Intelligenz. Sie stellt Fragen, gibt Auskunft, berät Kunden - und klingt dabei erstaunlich echt. Sogar Angebote, etwa für den Einbau einer neuen Wärmepumpe, kann sie erstellen.
"Die meisten Angebote werden zwischen 20 und 23 Uhr gemacht", erklärt Firmeninhaber Schunk. Denn auch das kann die KI: rund um die Uhr arbeiten - auch an Feiertagen. Schon seit 2021 setzt der Installateur aus Neuwied am Rhein auf künstliche Intelligenz, vor allem in der Planung und im Büro.
"Wenn man ein gutes Team hat, kann man gemeinsam mit der KI so etwa das Zehnfache machen", sagt Schunk. Ein Jahr lang lief die KI im Hintergrund mit, um aus den gesammelten Daten zu lernen. Inzwischen kann sie vieles selbstständig erledigen - nur der Einbau einer Heizung oder Wärmepumpe ist noch nicht automatisiert. "Handwerk bleibt immer Handwerk", sagt der Handwerksmeister. "Echte Menschen werden wir immer brauchen."
Großes Interesse an KI bei Handwerksbetrieben
Genau deshalb habe das Handwerk auch wenig Berührungsängste beim Thema KI, erklärt Christoph Krause vom Mittelstand-Digitalzentrum bei der Handwerkskammer Koblenz. Das Zentrum berät Handwerksunternehmen im Zusammenhang mit KI. In den vergangenen Jahren sei das Interesse daran, vor allem bei kleineren Betrieben, deutlich gestiegen. "Das Potenzial ist enorm", so Krause.
Bereits heute ist KI in vielen Handwerksbetrieben fester Bestandteil der Büroarbeit - etwa bei Angeboten oder der Baustellendokumentation. Auch in der Kommunikation auf Baustellen kann sie helfen: "Es gibt Programme, da kann man reinsprechen, und die KI übersetzt es fachlich richtig in all die Sprachen auf der Baustelle." Das spare viel Zeit.
KI kann Arbeit auf Baustellen vereinfachen
In Zukunft werde sich KI noch weiterentwickeln, sagt Krause. Roboter könnten dann Baustellen dokumentieren, indem sie umherfahren, Bilder aufnehmen, Baufortschritte selbstständig erkennen oder auch Sicherheitsstandards überwachen. Auch Maschinen im Handwerk könnten durch KI einfacher bedienbar werden.
"Ich kann zwar schon jetzt jede Maschine aus der Industrie kaufen. Die ist aber oft so komplex, dass ich sie gar nicht bedienen kann." Durch Künstliche Intelligenz verändere sich das aber nun. "Jetzt gibt es Maschinen, beispielsweise im Tischlerhandwerk, mit denen kann ich reden. Dann interagiert die Maschine mit mir. Ich kann also praktisch fast jeden an die Maschine stellen."
Das könne helfen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Denn laut Schätzungen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks fehlen bundesweit rund 250.000 Fachkräfte. Besonders stark betroffen ist das Bäckerhandwerk. "Die Branche steht enorm unter Druck", so Krause. Auch die hohen Energiekosten sorgten dafür, dass besonders dort nach neuen Lösungen gesucht werde.
Bäckerhandwerk nutzt besonders häufig KI
So auch in der Backstube von Marco Grünewald. Er betreibt rund 30 Bäckereien in Rheinland-Pfalz. Hier hilft eine Künstliche Intelligenz dabei, den Bedarf in der Backstube zu berechnen. "Für die Produktionsplanung hilft es uns auf jeden Fall", sagt Grünewald. Hat ein anderer Bäcker in der Nachbarschaft geschlossen? Ist es draußen warm oder kalt? Gibt es vor dem Geschäft eine Baustelle? All solche Daten verwendet die KI, um zu berechnen, wie viele Brötchen am nächsten Tag wohl über die Theke gehen werden.
"Insgesamt müssen wir so rund fünf bis zehn Prozent weniger wegwerfen", so der Bäckermeister. Vor allem große Filialbäckereien setzen inzwischen auf KI, bestätigt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Auch autonome Filialen ohne Verkaufspersonal gebe es bereits, allerdings werde dies nicht flächendeckend kommen.
"Der persönliche Verkauf wird zentral für das Bäckerhandwerk bleiben, um Kundennähe zu wahren", so Tim Lubecki von der NGG. Eine Gefahr sieht die Gewerkschaft eher in einer möglichen Überwachung. Wichtig sei, dass digitale Daten nicht dazu verwendet würden, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kontrollieren.
KI kann auch zu einem Risiko werden
Karen Joisten, Professorin für Ethik an der rheinland-pfälzischen Technischen Hochschule in Kaiserslautern, forscht zum Umgang mit KI. Sie sieht noch ein anderes Risiko: "Wir dürfen die Kompetenz niemals ganz an die KI abgeben", sagt sie. "Die Ergebnisse der KI müssen nachvollziehbar sein."
Besonders im Handwerk bestehe die Gefahr, dass Wissen verloren geht, wenn ausschließlich mit KI gearbeitet wird. Deshalb, so Joisten, müsse jeder Einsatz sorgfältig abgewogen werden: "Wir müssen in jedem Kontext neu prüfen, ob der Einsatz einer KI verantwortet werden kann." Grundsätzlich halte sie KI für sehr sinnvoll - wünsche sich jedoch eine breitere gesellschaftliche Debatte darüber.
Beschäftigte müssen geschult werden
Ähnlich sieht das auch die Gewerkschaft IG Metall. KI sei eine Chance: Fachkräfte könnten sich so auf das eigentliche Handwerk konzentrieren. Es müsse klar geregelt sein, was eine KI im Handwerk macht, und auch die Beschäftigten müssten im Umgang mit der KI geschult sein, so Helmut Dittke, Koordinator Handwerk im Vorstand der IG-Metall: "KI darf Menschen nicht ersetzen, sondern muss ihnen dienen."
Für den Heizungsbauer Mario Schunk gehört KI schon längst zum Alltag. Nicht nur im Handwerk - auch für seine Marketingarbeit nutzt er KI, beispielsweise, um über Instagram neue Fachkräfte zu gewinnen. "Für uns ist KI nicht mehr wegzudenken."
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