Durch die Russland-Sanktionen sind mehrere Flugzeuge in Deutschland gestrandet. Ihre Unterbringung kostet täglich Geld - ob sie jemals wieder abgeholt werden, ist unklar.

Die drei blau-weißen Kolosse, die am Flughafen Leipzig/Halle neben dem Tower stehen, dürfen nicht mehr fliegen. Es sind Frachtmaschinen vom Typ Antonov AN-124, sie gehören der russischen Frachtfluggesellschaft Volga Dnepr und unterliegen wegen der Russland-Sanktionen der Europäischen Union (EU) seit nun mehr drei Jahren einem Start- und Flugverbot.

Die eisernen Riesenvögel könnten jedoch auch gar nicht mehr abheben: Noch während der Wartungsarbeiten, für die die Flugzeuge im Februar 2022 nach Leipzig gekommen waren, wurden die Triebwerke abmontiert - wo sie sich befinden, ob sie etwa nach Russland gebracht wurden, ist unklar.

Festgesetzte Maschinen an mehreren Flughäfen

Nicht nur in Leipzig stehen Flugzeuge, die wegen der Russland-Sanktionen festgesetzt wurden. Insgesamt sieben Maschinen unterliegen nach WDR-Informationen bundesweit seit dem 28. Februar 2022 einem Flugverbot gemäß EU-Verordnung 833/2014.

In Köln/Bonn etwa stehen eine Boeing 737 der Frachtfluggesellschaft Atran aus Moskau und eine Bombardier Challenger 300 der Fluggesellschaft Utair. In Frankfurt/Hahn steht eine Boeing 747 des britischen Frachtunternehmen CargoLogicAir, das im Jahr 2022 wegen der Sanktionen mit Bezug zum Ukraine-Krieg sein Geschäft aufgeben musste und kurz darauf in die Insolvenz ging. CargoLogicAir war die Tochterfirma eines Unternehmens mit russischen Eigentümern. Der "wirtschaftliche Berechtigte" der Firma war auf der Sanktionsliste Großbritanniens gelandet.

Am Münchner Flughafen stand mehr als 800 Tage ein Airbus A320, der von der russischen Aeroflot geleast worden war. Im Juni 2024 dann konnte die Maschine abheben und flog zunächst nach Tschechien. Die chinesischen Eigentümer hatten das Flugzeug zurückgenommen und die offene Rechnung von mehr als 460.000 Euro beglichen.

Teils ungeklärte Eigentumsverhältnisse

Ein Sprecher des Bundesministeriums für Verkehr, das für die Umsetzung der EU-Sanktionen im Bezug zur Luftfahrt zuständig ist, teilte auf Anfrage mit, dass weitere in Deutschland befindliche Luftfahrzeuge bekannt seien, zu denen allerdings "aufgrund laufender Ermittlungsverfahren zu ungeklärten Eigentumsverhältnissen" keine abschließenden Angaben gemacht könnten.

Zuerst Task Force, dann Zentralstelle

Nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 und den daraus resultierenden EU-Sanktionspaketen wurde in Deutschland eine Taskforce zur Durchsetzung der Sanktionen ins Leben gerufen. Dabei federführend waren das Bundeswirtschaftsministerium und das Finanzministerium. Unterstützt wurden sie auch durch Vertreter der Sicherheitsbehörden wie dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesnachrichtendienst (BND).

Im Januar 2023 wurden die Aufgaben der Taskforce schließlich in eine neu gegründete Direktion der Generalzollverwaltung überführt - die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS). Die ZfS ist seitdem damit betraut, Vermögenswerte von sanktionierten Personen und Unternehmen in Deutschland aufzuspüren und festzusetzen. Dazu gehören neben Geldvermögen in Banken auch Immobilien, Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge.

Die Ermittlungen gestalten sich oft schwierig. Nicht selten werden die wahren Besitzverhältnisse durch ein komplexes und länderübergreifendes Geflecht aus Firmen und Strohleuten verschleiert.

Privatjet des verstorbenen Wagner-Anführers?

So wohl auch bei einem Flugzeug, das seit Jahren am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) steht: Im Oktober 2020 kam der weiße Privatjet vom Typ Hawker 800XP aus St. Petersburg nach Deutschland - offenbar für Wartungsarbeiten. Seitdem hat die Maschine die Bundesrepublik auch nicht mehr verlassen.

Das Flugzeug, das bis zu acht Passagieren Platz bietet und eine Reichweite von mehr als 4.600 Kilometern hat, geriet bereits vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine in den Fokus der US-Behörden. Sie sind überzeugt, dass das Flugzeug dem inzwischen verstorbenen Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, zuzuordnen war.

Geflecht aus Tarnfirmen

Nach Erkenntnissen der US-Amerikaner wurde der mutmaßliche Prigoschin-Jet, der hauptsächlich zwischen Moskau, St. Petersburg, Sotschi und der Türkei hin und her flog, über ein Geflecht aus Tarnfirmen gehalten. Auf dem Papier etwa gehört das Flugzeug einer Firma aus San Marino, weitere Spuren sollen wiederum zu einem Unternehmen aus St. Petersburg führen, das mit dem Betrieb und der Instandsetzung von Flugzeugen der Wagner-Gruppe beauftragt gewesen sein soll.

Wie die Wochenzeitung "Zeit" berichtet hatte, sollen die US-Behörden die deutsche Regierung Anfang 2022 darum gebeten haben, das Flugzeug festzusetzen. Ob das rechtlich möglich gewesen wäre, darüber gab es jedoch bei den deutschen Stellen Uneinigkeit. Statt die Maschine zu arrestieren, wurde daher zunächst ein Zollverfahren eingeleitet, bei dem geprüft werden sollte, ob mit den Wartungsarbeiten auch alles in Ordnung war. Das Flugzeug durfte erst mal nicht bewegt werden.

Dann marschierte Russland in der Ukraine ein, es folgten zahlreiche Sanktionspakete der EU und im August 2023, nach einem Aufstand seiner Söldnertruppe gegen den Kreml, starb Wagner-Chef Prigoschin bei einem bisher ungeklärten Flugzeugabsturz in Russland.

Fraglich, ob Kosten jemals beglichen werden

Der besagte Jet steht nun seit fast fünf Jahren am Berliner Flughafen. Schon im Frühjahr 2023 beliefen sich die Kosten für die Unterbringung des Flugzeugs auf rund 37.000 Euro. "Grundsätzlich werden Kosten, die wir erheben, erst dann in Rechnung gestellt, wenn ein Luftfahrzeug den Flughafen wieder verlassen möchte", teilte damals eine Sprecherin der Flughafens mit. "Da sich das genannte Flugzeug noch auf dem Flughafengelände befindet, ist auch noch keine Rechnung gestellt worden." Fraglich, ob die Kosten jemals beglichen werden.

Im Fall der drei Antonovs, die seit Jahren Dauergast am Flughafen Leipzig/Halle sind, sieht es jedoch anders aus. Die Entgelte für die Unterbringung der Maschinen, so teilte ein Flughafensprecher mit, würden von den Eigentümern, also der russischen Fluggesellschaft, beglichen. Offenbar will man die Maschinen irgendwann wieder abholen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke