Top-Diplomatin: «Die Schweiz betreibt keine Megafon-Diplomatie»
Täglich steigt der internationale Druck auf Israel, mehr Hilfsgüterlieferungen in den Gazastreifen zuzulassen – und den Militäreinsatz zu beenden. Grosse europäische Staaten wie Grossbritannien drohen damit, Palästina als Staat anerkennen zu wollen, sollte sich Israel nicht bald für einen Waffenstillstand entscheiden. Sehr zurückhaltend zeigt sich die Schweiz. Inzwischen fordern selbst israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in der Schweiz mehr Engagement vom Bundesrat.
Doch Bern engagiere sich hinter den Kulissen viel stärker für einen Frieden als man denke, sagt die zuständige Top-Diplomatin am Rande der zweitägigen UNO-Konferenz zur Zweistaatenlösung in New York.
SRF News: Was nehmen Sie von diesen zwei Tagen mit?
Monika Schmutz Kirgöz: Ich fand die Konferenz sehr wichtig. Ich glaube, da war wirklich ein Momentum. Wir sind mitten im Sommer. Es waren viele Ministerinnen und Minister hier, um zu unterstreichen, dass wir jetzt eine Lösung finden müssen – eine politische, eine diplomatische – und dass das Leiden der Menschen im Gazastreifen nicht mehr zu akzeptieren ist.
Sie haben in Ihrer Rede auch das Wort Hungersnot verwendet. Israel lehnt diesen Begriff aber ab. Was ist die Position der Schweiz?
Es ist korrekt, dass die Schweiz das in ihrem Statement so gesagt hat. Wir haben genügend Rückmeldungen und stehen in Kontakt mit humanitären Akteurinnen und Akteuren, die uns schon seit längerer Zeit bestätigen, dass wir einer Hungersnot gegenüberstehen.
Wir machen genug.
Was kann die Schweiz machen?
Wir nutzen die diplomatischen Kanäle regelmässig – auf Reisen und multilateral im Sicherheitsrat der UNO. Aber: Wir betreiben keine Megafon-Diplomatie, sondern erinnern beide Parteien immer wieder an die Einhaltung des humanitären Völkerrechts.
Die Schweiz als Hüterin der Genfer Konvention macht also genug?
Ich verstehe Ihre Frage. Denn es steht immer wieder mal im Raum, dass wir nicht genug machen. Ich empfinde aber: Wir machen genug.
Ist man der Zweistaatenlösung mit dieser Konferenz denn einen Schritt näher gerückt? Was ist Ihr Eindruck?
Ich glaube schon. Noch einmal: Es gibt ein Momentum. Die hier in New York anwesenden Ministerinnen und Minister haben unterstrichen, wie wichtig jetzt ein diplomatischer Prozess ist, im Hinblick auf die Zweistaatenlösung.
Sobald es einen glaubwürdigen Friedensprozess gibt, können wir darüber nachdenken, Palästina anzuerkennen oder nicht.
Die Vereinigten Staaten und Israel haben die Konferenz boykottiert. Wie beurteilen Sie das?
Es ist zu bedauern. Aber ich glaube, es ist nicht an der Schweiz, anderen Ländern zu sagen, wo sie teilnehmen müssen und wo nicht.
Wie weit geht die Schweiz punkto Anerkennung Palästinas als Staat eigentlich?
Da ist die Position ganz klar: Sobald es einen glaubwürdigen Friedensprozess gibt, können wir darüber nachdenken, Palästina anzuerkennen oder nicht.
Wurde an der Konferenz in New York konkret darüber gesprochen, wie eine Zweistaatenlösung zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt aussehen könnte?
Es war Thema in den Arbeitsgruppen am Rande der Konferenz. Aber eigentlich liegt alles auf dem Tisch. Wir sprechen schon viele Jahre darüber.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass wieder mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen?
Das ist eine schwierige Frage. Wir haben aber festgestellt, dass Israel jetzt ein wenig mehr Medikamente und Nahrungsmittel hineinlässt. Wir hoffen, dass jetzt die UNO und die Organisationen, die wissen, wie das mit der Verteilung läuft, möglichst bald wieder ungehinderten Zugang haben.
Das Gespräch führte Roger Aebli.
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