Das israelische Militär hat angekündigt, im Zentrum des Gazastreifens eine neue Offensive zu starten. Die Bewohnerinnen und Bewohner einiger Viertel in der Stadt Deir al-Balah wurden deshalb von Israel dazu aufgerufen, das Gebiet zu verlassen. Die UNO-Nothilfe-Organisation befürchtet «verheerende Auswirkungen». Über die Hintergründe weiss SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner mehr.

Was bedeutet die Evakuierung für die betroffenen Menschen?

Das UNO-Nothilfe-Büro Ocha schätzt, dass sich im betroffenen Gebiet zwischen 50'000 und 80'000 Menschen aufhalten. Viele sind Vertriebene aus anderen Teilen des Gazastreifens, sie leben in Zeltlagern. Es müssen also Zehntausende geschwächte Menschen erneut flüchten – dabei ist Flüchten aus dem Gazastreifen ja gar nicht möglich. Die Menschen werden innerhalb des Küstengebiets vertrieben, in ein Gebiet, in dem ohnehin schon zu viele andere Vertriebene unter schlimmsten hygienischen Bedingungen leben. Den Menschen dort fehlt es an Nahrungsmitteln, an Infrastruktur und an ärztlicher Versorgung. Und mit Israels Offensive in Deir al-Balah wird das Wenige an Infrastruktur und humanitärer Versorgung, was noch da ist, weiter zerstört.

Wie steht es um die Infrastruktur in Deir al-Balah?

Die Stadt wurde seit Beginn des Krieges – im Vergleich zum Rest des Gazastreifens – weitgehend von Angriffen verschont. Eine Bodenoffensive hat die israelische Armee dort bisher nicht durchgeführt. Das bedeutet, dass die Infrastruktur in dieser Stadt im Vergleich zum Rest des Gazastreifens noch relativ gut intakt ist. Laut dem UNO-Nothilfebüro Ocha gibt es dort Lagerhäuser für humanitäre Hilfe, vier Kliniken, ein Wasserreservoir und eine Pumpstation für Abwasser. Eine Zerstörung dieser Infrastruktur hätte lebensbedrohliche Folgen für die Bevölkerung.

Warum eine Offensive ausgerechnet auf diese Region?

In die Schlagzeilen geriet Deir al-Balah während der letzten Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel Anfang Jahr. Immer, wenn die Hamas israelische Geiseln freiliess, nutzte sie dies für eine zynische Machtdemonstration. Die Hamas zeigte also vor laufenden Kameras, dass sie in Deir al-Balah noch immer schalten und walten konnte, wie sie wollte. Solche Bilder dienen Israel als Rechtfertigung dafür, die Stadt jetzt ins Visier zu nehmen und dort gegen die Hamas vorzugehen. In Deir al-Balah werden auch die letzten am 7. Oktober 2023 aus Israel entführten Geiseln vermutet. Laut israelischen Schätzungen sollen noch 20 von ihnen am Leben sein.

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