Heute stellt die EU-Kommission ihren Plan für den Haushalt der kommenden Jahre vor. Das Ziel: flexibler und moderner werden. Und mehr Einnahmequellen erschließen. Widerstand ist absehbar.

Zumindest in einem ist man sich in Brüssel einig: Nötig ist, moderner und flexibler mit dem Haushalt werden.

Zwei Mal musste die EU in den vergangenen sieben Jahren sehr schnell sehr viel Geld beschaffen: wegen der Corona-Pandemie und wegen des Ukraine-Krieges. Das bedeutete nicht nur einen hohen finanziellen, sondern auch großen politischen Aufwand, denn 90 Prozent des Budgets sind fest gebunden, fixiert in engmaschigen Plänen und Programmen.

So geht das nicht weiter, findet nicht nur der polnische Haushaltskommissar Piotr Serafin. Am Nachmittag wird er seinen Entwurf für den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen zunächst dem Parlament und später in einer Pressekonferenz vorstellen. "Wir brauchen mehr Spielraum für das Unvorhergesehene, um schneller auf neue Prioritäten und Krisen antworten zu können", sagte Serafin.

Flexibilität mit einem "Großfonds"?

Die beiden größten Etatposten sind bislang die für Landwirtschaft und für Regionalförderung, im EU-Sprech "Kohäsion" genannt. Sie machen zusammen fast 70 Prozent des gesamten Haushalts aus.

Die Kommission würde den bislang kursierenden Plänen zufolge diese Blöcke am liebsten zusammenlegen, um innerhalb eines "Großfonds" flexibler zu sein. Die Mittel sollen dann an die Mitgliedstaaten vergeben werden, mit denen "nationale Pläne" ausgehandelt werden, unter anderem geknüpft an Rechtsstaatskriterien.

Das sei insgesamt keine schlechte Idee, findet Nils Redeker vom Jacques Delors Centre: "Wir haben zum Beispiel fünf unterschiedliche Regionalfonds, die mit unterschiedlichem Geld ähnliche Ziele verfolgen, nach unterschiedlichen Verfahren Gelder ausgeben und unterschiedliche Prozesse haben. Da ein bisschen aufzuräumen, halte ich grundsätzlich für den richtigen Ansatz."

Gegenwind von Lobbyisten - und aus Deutschland

Aber schon die Zusammenlegung von Agrartopf und Kohäsionstopf gefällt nicht jedem. Lobby-Vertreter machen bereits seit Wochen Druck. In Briefen an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordern sie, Kohäsion und Agrar als eigene Töpfe zu erhalten.

Auch der deutsche Landwirtschaftsminister Alois Rainer hat das gerade in dieser Woche noch einmal hinterlegt. Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union sei ein zentrales Förderinstrument, sagte Rainer und verweist auf einen entsprechenden einstimmigen Beschluss einer Sonderkonferenz der deutschen Landes-Agrarminister.

"Gerade die Agrarpolitik ist unglaublich wichtig, denn die Landwirte in Deutschland und in ganz Europa versorgen uns tagtäglich mit gesunden Lebensmitteln. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren", meint der CSU-Politiker.

Auch die Nutznießer der Regionalförderung sind vorstellig geworden. Sie befürchten, bei den Verhandlungen zwischen Brüssel und den Hauptstädten über die "nationalen Pläne" an den Rand gedrückt zu werden.

Mehr für Innovation und Sicherheit

Nicht nur flexibler soll der Haushalt werden, sondern auch größer: mehr für Wettbewerb und Innovation und mehr für Verteidigung und Sicherheit.

Einen ganz neuen "Wettbewerbsfonds" hatte von der Leyen bei ihrer Bewerbungsrede für eine zweite Amtszeit als Kommissarin im Juli vergangenen Jahres versprochen. Mit einem dreistelligen Milliardenbetrag soll er ausgestattet sein. Das wird sich nur durch Umschichtungen und mehr Einnahmen für die EU-Kasse erreichen lassen.

Hinzu kommt, dass mit dem neuen Haushalt die Rückzahlung der 800 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds beginnt. Das werden voraussichtlich bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr sein. Auch das belastet den neuen Sieben-Jahres-Haushalt, der damit absehbar über den 1,2 Billionen Euro des derzeitigen Budgets liegen wird.

Mehr Eigeneinnahmen für die EU?

Für mehr Geld in der EU-Kasse gibt es zwei Möglichkeiten: höhere Beiträge aller Mitgliedstaaten oder mehr eigene Einnahmen auf EU-Ebene.

Mehr Geld aus den Hauptstädten ist derzeit nicht absehbar, weshalb die Kommission neue eigene Einnahmequellen erschließen will. Da ist von Abgaben für Elektroschrott die Rede, von Sonderabgaben für große Unternehmen oder von einem Anteil an der Tabaksteuer. Aber auch an diesem Strang werden nicht alle 27 Mitgliedsländer mitziehen.

Eins von beiden wird man aber machen müssen, sagt Redeker vom Jacques Delors Centre: "Entweder man einigt sich auf gemeinsame Steuern, oder man muss sich ehrlich machen und sagen: Dann kostet es halt für alle mehr. Die Vorstellung, dass wir einen signifikant kleineren Haushalt haben, geht glaube ich nicht auf."

Haushaltskommissar Serafin warnt bereits: Das EU-Budget sei gerade einmal so groß wie der Staatshaushalt von Dänemark. Und das heiße: Nicht alle Probleme können durch den EU-Haushalt gelöst werden.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke