DAX setzt Rekordlauf fort
Trotz der Unsicherheiten um die US-Zollpolitik bleibt der DAX auf Rekordkurs. Die Ironie dabei: Vor allem von den Anlegerinnen und Anlegern aus den USA kommt das Geld derzeit an den heimischen Markt.
Die Anleger setzen unbeeindruckt aller Unsicherheiten um die US-Zollpolitik ihre Einkaufstour am Aktienmarkt fort und treiben den deutschen Leitindex auf neue Bestmarken. Am Nachmittag notiert der DAX bei 24.585 Punkten auf Rekordhoch und verzeichnet ein Plus von rund 1,6 Prozent.
Bereits am Vortag hatte sich eine solche Entwicklung angedeutet, die mit der Hoffnung auf eine Einigung der Europäischen Union (EU) mit den USA im Zollstreit begründet wird. US-Präsident Donald Trump hatte gestern einen Brief an die EU angekündigt, was in seiner Lesart auf einen Deal hindeutet. Das sorgt für Fantasie an der Börse. Ein Ende der dynamischen Entwicklung ist somit nicht in Sicht, sodass weitere Höchstkurse im Handelsverlauf zu erwarten sein dürften.
Zweite Reihe im Kursrausch
Auch die Indizes der zweiten Reihe steigen weiter, der MDAX gewinnt aktuell rund 1,3 Prozent. Für den Index der mittelgroßen Börsentitel ging es bisher mit 31.579 Punkten auf ein Hoch seit 2022. Der Nebenwerte-Index SDAX hatte bereits gestern eine Bestmarke erreicht und setzt seine Rekordjagd bei einem Niveau von mittlerweile über 18.000 Punkten fort. Gefragt bleiben weiterhin Infrastruktur- und Rüstungswerte, hier setzen die Anleger primär auf positive Effekte durch die schuldenfinanzierten Sondervermögen des Bundes.
DAX steigt dank des US-Zollstreits - und nicht trotz
Alles andere als normal ist, dass der DAX, der überwiegend die international aufgestellten Großkonzerne beinhaltet, derzeit gegen den Trend an der Wall Street steigt. Dort verhalten sich die Anleger sehr viel vorsichtiger. "Die Umschichtung von Kapital aus den USA nach Europa und Deutschland geht weiter, weil Anleger der unsicheren Zollpolitik der US-Regierung entgehen wollen", schreibt Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.
Vor allem die Frage, wann die Folgen der Zollpolitik die US-Verbraucher erreichen werden, sorgt für Zurückhaltung bei den US-Investoren - sowie auch bei der Notenbank. Die Fed hält schon das ganze Jahr über ihr Pulver wegen genau dieser Unsicherheiten trocken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich derweil im EU-Parlament vorsichtig optimistisch zu den Aussichten auf eine Beilegung des Zollkonflikts. "Anfang dieser Woche hatte ich einen guten Austausch mit Präsident Trump, um die Dinge voranzubringen", sagte sie.
Deutschlands weitere Pluspunkte für die US-Anleger sind die vergleichsweise soliden Staatsfinanzen und eine berechenbare Politik.
Siemens an der DAX-Spitze
Unter den Einzelwerten im DAX steht am Nachmittag Index-Schwergewicht Siemens ohne neue Nachrichten mit einem Plus von über vier Prozent an der Spitze. Die Aktie ist von ihrem Jahres- und Allzeithoch bei 244,85 Euro noch ein Stück entfernt und war zuletzt etwas zurückgeblieben. Gleiches gilt für Europas größten Versicherer Allianz, im DAX ebenfalls hoch gewichtet, dessen Aktie knapp zwei Prozent zulegt. Autobauer Porsche AG gibt knapp ein Prozent nach und steht am Indexende.
Wall Street etwas höher
Vorsichtig trauen sich zum Handelsstart indes auch die Investoren der Wall Street aus der Deckung. Der Leitindex Dow Jones, der gestern noch knapp 0,4 Prozent schwächer aus dem Handel ging, gewinnt zur Eröffnung gut ein halbes Prozent. Der marktbreite S&P 500 steigt um 0,6 Prozent, die Nasdaq um 0,8 Prozent. Die Anleger warten auf weitere Nachrichten zum Zollthema, nachdem Trump im Tagesverlauf eine Aktualisierung des Handelsstatus von mindestens sieben Ländern angekündigt hatte.
Im Fokus steht zudem die Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls der jüngsten US-Notenbanksitzung, von der sich weitere Hinweise auf den geldpolitischen Kurs erhofft werden. "Die Diskussionen im Protokoll, unter welchen Bedingungen mehr Mitglieder in Richtung Zinssenkungen tendieren könnten, dürften besonders unter die Lupe genommen werden," schreibt Commerzbank-Analystin Antje Praefcke.
Trump-Berater Hassett vergrößert Chancen auf Fed-Chefposten
Trotz des Drängens von Trump hatten die unabhängigen Notenbanker den Leitzins am 18. Juni nicht angetastet. Die Geldpolitik der Fed sorgt beim Präsidenten schon länger für Missfallen - den Fed-Chef würde er deshalb gern ersetzen. Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett entwickelt sich einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge zu einem aussichtsreichen Kandidaten für die Nachfolge von Notenbankchef Jerome Powell. Beide Männer hätten im Juni miteinander Gespräche über eine mögliche Übernahme des Postens durch Hassett geführt.
Trump hat Powell wiederholt dafür kritisiert, die Zinsen nicht zu senken, und mit dessen Entlassung gedroht. Unklar ist, ob der Präsident den Fed-Chef überhaupt entlassen darf. Einige Analysten sehen in der Diskussion über einen Nachfolger den Versuch, die Geldpolitik bereits vor dem Ende von Powells Amtszeit im Mai 2026 durch einen "Schatten-Notenbankchef" zu beeinflussen.
Euro behauptet sich über 1,17 Dollar
Der Kurs des Euro hat sich am Nachmittag knapp über der Marke von 1,17 Dollar gehalten. Zuletzt kostete die europäische Gemeinschaftswährung 1,1705 Dollar und damit in etwa so viel wie am Vorabend.
Dem Devisenmarkt fehlte es zunächst an klaren Impulsen. So werden im Tagesverlauf weder in der Eurozone noch in den USA wichtige Konjunkturdaten veröffentlicht. Bereits seit Monatsbeginn bewegt sich der Euro in einer recht engen Spanne zwischen knapp 1,17 und gut 1,18 Dollar.
Kupferpreis unter Druck
Für Aufsehen sorgte gestern eine Ankündigung von Trump, einen Zoll von 50 Prozent auf importiertes Kupfer zu erheben. Die Ankündigung hat den Preis für das Industriemetall außerhalb der USA am Morgen unter Druck gesetzt. Kupfer verbilligt sich um bis zu 2,4 Prozent auf 9.553 Dollar je Tonne, das ist der tiefste Stand seit knapp vier Wochen. Aktuell liegt der Kurs wieder etwas höher. An der US-Börse Comex war der Kupfer-Future nach der Zoll-Ankündigung um mehr als zwölf Prozent auf ein Rekordhoch gesprungen.
US-Handelsminister Howard Lutnick hatte erklärt, die Zölle würden voraussichtlich bis Ende Juli oder zum 1. August eingeführt. Dies lässt Händlern kaum Zeit, noch größere Mengen in die USA zu liefern. "Die Ankündigung ist wie ein lauter Donner mitten in der Nacht, sehr plötzlich", sagte ein Analyst in Peking. Die Analysten der US-Bank Citigroup rechnen damit, dass der Preis in den USA um 25 bis 35 Prozent je Tonne über dem Niveau der LME liegen wird.
Von der Entwicklung profitiert der einzige deutsche Rohstoffwert, der unter anderem auch Kupfer verarbeitet. Die Aktie des Hamburger Metallverwerters Aurubis gewinnt am Nachmittag fast fünf Prozent und steht an der MDAX-Spitze.
VW punktet in Europa mit Elektroautos und in China mit Verbrennern
Eine stärkere Nachfrage von E-Autos in Europa und eine Konzentration auf Verbrenner in China haben Volkswagen im ersten Halbjahr zu einem Absatzplus verholfen. Insgesamt verkaufte der Konzern, zu dem die Marken Volkswagen, Seat/Cupra, Skoda, Audi und Porsche gehören, mit 4,41 Millionen Autos 1,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zugewinne in Südamerika und Europa hätten die erwarteten Rückgänge in China und Nordamerika mehr als ausgeglichen, sagte VW-Vertriebschef Marco Schubert.
UniCredit steigt zum größten Commerzbank-Aktionär auf
Nach der Anteilsaufstockung der italienischen Großbank UniCredit bei der Commerzbank ist der Widerstand gegen eine Übernahme ungebrochen. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank, Sascha Uebel, erklärte gegenüber Reuters: "Wir wären schlecht vorbereitet gewesen, wenn wir diese Möglichkeit nicht auf dem Schirm gehabt hätten."
Nach Erhalt aller Genehmigungen hat die italienische Großbank UniCredit nach eigenen Angaben die zuvor erworbenen Derivate in Commerzbank-Aktien getauscht und halte nun rund 20 Prozent der Anteile und der Stimmrechte - doppelt so viel wie bisher, teilte UniCredit gestern mit. Die Mutter der Münchner HypoVereinsbank hat über Derivate Zugriff auf weitere neun Prozent an der Commerzbank. Auch diese wolle man "zu gegebener Zeit" in Aktien wandeln, hieß es.
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