KI-Fantasie reißt Nasdaq nach oben
Die KI-Fantasie ist zurück: An der Nasdaq wurden Rekorde gebrochen und Nvidia zum wertvollsten Konzern der Welt. Damit traten die Nahostkrise und Zollsorgen vorerst in den Hintergrund.
Nach Monaten der Abstinenz ist die KI-Fantasie wieder an die Märkte zurückgekehrt. Die Hoffnung der Investoren, dass sich der Megatrend mit weiter starkem Wachstum für die Tech-Branche fortsetzt, trieb heute die Kurse an der Nasdaq.
Der Technologieindex Nasdaq 100 erreichte einen neuen historischen Höchststand von 22.329 Punkten, bevor er wieder zurückfiel. Er beendete den Handel mit einem Plus von 0,21 Prozent auf 22.237 Punkte.
Die von zwischenzeitlichen Wachstumszweifeln sowie der erratischen US-Zollpolitik ausgelöste Kursschwäche, die den Nasdaq 100 vom alten Rekord im Februar bis Anfang April bis auf fast 16.500 Punkte hatte abrutschen lassen, ist damit abgehakt.
Die Standardwerte an der Wall Street wollten dagegen der Tech-Rally nicht folgen. Der Dow Jones schaffte es nicht über die Nulllinie und schloss 0,25 Prozent tiefer bei 42.982 Punkten. Damit bleibt er über 2.000 Punkte unter seinem Rekordhoch vom Dezember bei 45.014 Punkten.
Leichte Zinsfantasie
Die großen US-Indizes hatten ihre Schwäche zuletzt überwunden und in den vergangenen Wochen sogar besser als die europäischen Indizes abgeschnitten.
Die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell bei seiner halbjährlichen Anhörung vor dem US-Kongress, gestern im Repräsentantenhaus, heute im Senat, brachten wenig Neues. "Im Grunde hat er nur wiederholt, was wir ohnehin schon wussten: Die Entscheidungsträger sind nicht gezwungen, in Eile die Geldpolitik anzupassen und können vielmehr die Auswirkungen der US-Handelspolitik abwarten", betonte Commerzbank-Devisenexperte Michael Pfister.
Marktteilnehmer griffen aber die Aussage Powells heraus, dass die Währungshüter den nächsten Zinsschritt früher als erwartet gehen könnten, falls sich die Inflation weiter entspanne und gleichzeitig der Arbeitsmarkt schwächer werde. Eine große Mehrheit der Marktteilnehmer geht aber weiterhin davon aus, dass die Fed erst bei ihrer Sitzung im September die nächste Zinssenkung beschließt.
Die aktuellen Daten zu den Neubauverkäufen fielen unterdessen unerwartet schwach aus. Die Verkäufe sackten im Mai im Vergleich zum Vormonat um 13,7 Prozent ab. Damit ergab sich ein aufs Jahr hochgerechneter Wert von 623.000. Von Reuters befragte Volkswirte hatten 693.000 erwartet.
DAX gibt Teil der jüngsten Gewinne ab
Am deutschen Aktienmarkt sahen sich die Marktteilnehmer einer altbekannten Belastung gegenüber: Nach der vorläufigen Entspannung im Nahostkrieg rückte zur Wochenmitte wieder der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und der EU in den Vordergrund.
Der DAX hatte im frühen Handel noch ein paar Punkte zugelegt, danach bröckelten die Kurse kontinuierlich ab. Der deutsche Leitindex schloss 0,61 Prozent tiefer bei 23.498 Punkten. Am Dienstag hatte der DAX im Zuge der Waffenruhe noch einen Satz um 1,6 Prozent nach oben gemacht.
Kommen die 50-Prozent-Zölle zurück?
Am 9. Juli endet - nach heutigem Stand - die von US-Präsident Donald Trump festgelegte Verhandlungsfrist mit der EU. Sollte es bis dahin keine Einigung geben, droht den europäischen Unternehmen eine Rückkehr der US-Zölle von 50 Prozent.
Allerdings hat Trump bei solchen Drohungen zuletzt mehrfach einen Rückzieher gemacht. Auch eine plötzliche weitere Fristverlängerung könnte das Weiße Haus gut begründen, war die US-Politik doch stark mit dem Nahost-Krieg beschäftigt.
Euro auf höchstem Stand seit Oktober 2021
Die leichte Zinsfantasie in den USA stützte den Euro. Die europäische Gemeinschaftswährung notiert am späten Abend 0,45 Prozent höher bei 1,1664 Dollar und kann damit ihre jüngsten starken Gewinne verteidigen.
Goldpreis leicht erholt
Die "Krisenwährung" Gold konnte sich im Verlauf etwas von ihrem gestrigen Rücksetzer erholen. Am späten Abend notiert die Feinunze mit 3.332 Dollar 0,3 Prozent höher.
Ölpreise ziehen sich weiter zurück
Am Ölmarkt setzte sich die Entspannung unter Schwankungen fort. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostet zur Stunde mit 66,68 Dollar 0,2 Prozent weniger.
Auftrieb erhielten die Notierungen vorübergehend von den aktuellen US-Lagerbestandsdaten. Die Rohölvorräte waren in der vergangenen Woche um 5,8 Millionen auf 415,1 Millionen Barrel gefallen. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Rückgang um 1,1 Millionen gerechnet. Die tägliche Ölproduktion verharrte bei rund 13,4 Millionen Barrel.
Nvidia auf Rekordhoch
Die an die Nasdaq zurückgekehrte KI-Fantasie schlug sich in einem neuen Rekordhoch der Nvidia-Aktie nieder, die ihren bisherigen Höchststand aus dem Januar übertraf. Der Chiphersteller löste dabei mit einer Marktkapitalisierung von 3,75 Billionen Dollar Microsoft als wertvollsten Konzern der Welt ab.
Techriesen wie Microsoft, Amazon, Alphabet, Apple und Meta stecken weiterhin viele Milliarden in den Ausbau ihrer KI-Fähigkeiten. Sie konkurrieren um die weiterhin teils knappen besonders leistungsfähigen Computerchips von Herstellern wie Nvidia, AMD und Broadcom.
Rheinmetall, Renk und Hensoldt erneut stark gefragt
Größter Gewinner im DAX war die Rheinmetall-Aktie. Nachdem Rüstungswerte zeitweise unter Gewinnmitnahmen gelitten hatten, griffen Anleger nun wieder zu. Im MDAX waren einmal mehr Renk und Hensoldt gefragt. Dabei half auch der formelle Beschluss der NATO-Mitgliedsländer, fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren.
Kurssprung bei Rüstungskonzern Babcock
Die boomenden Rüstungsausgaben trieben auch die Babcock-Aktie auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Die Titel stiegen in London in der Spitze um knapp 14 Prozent, nachdem der britische Rüstungskonzern seine mittelfristige Prognose angehoben hatte. Babcock-Chef David Lockwood sprach von einer "neuen Ära für die Verteidigung".
Sprechen Shell und BP über Fusion?
Der Ölkonzern Shell lotet einem Pressebericht zufolge eine Übernahme seines Konkurrenten BP aus. Die Gespräche zwischen beiden Seiten befänden sich in einem frühen Stadium, berichtete das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen wäre die größte Fusion in der Branche seit der Jahrtausendwende: An der Börse wird BP mit etwa 80 Milliarden Dollar bewertet, Shell bringt es auf mehr als 200 Milliarden Dollar. Am Abend dementierte Shell, dass es Übernahmegespräche mit BP gebe. "Dies ist eine weitere Marktspekulation", sagte ein Shell-Sprecher.
VW, BMW und Mercedes mit Zuwächsen in der EU
Der Automarkt in der EU hat im Mai um 1,6 Prozent und damit den zweiten Monat in Folge zugelegt. Auch die großen deutschen Autohersteller verzeichneten Zuwächse. Der VW-Konzern kam auf ein Plus von 4,8 Prozent, BMW legte um 8,1 Prozent zu und Mercedes-Benz um 3,9 Prozent.
Tesla verliert in der EU erneut kräftig
Der US-Elektroautopionier Tesla musste jedoch einen weiteren heftigen Rückgang hinnehmen. Im Mai wurden in der EU 8.729 Tesla-Autos neu zugelassen - über 40 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In den ersten fünf Monaten zusammen liegt der Rückgang bei dem Unternehmen des umstrittenen US-Milliardärs Elon Musk damit bei gut 45 Prozent.
Nordex punktet mit zwei Großaufträgen
Im MDAX war die Nordex-Aktie gefragt. Der Wind- und Solarparkentwickler UKA (Umweltgerechte Kraftanlagen GmbH & Co. KG) hat insgesamt 64 Anlagen mit einer Leistung von gut 435 Megawatt bei Nordex bestellt. Zudem zog der Windturbinenbauer in der Türkei einen weiteren größeren Auftrag an Land.
Befesa-Aktie mit Kurssprung nach Hochstufung
Im SDAX gewann die Befesa-Aktie über elf Prozent. Hintergrund war eine positive Analystenstimme: Der Recycler von Industriestäuben und -schlacken habe sich in den vergangenen Quartalen solide geschlagen, schrieb Adahna Ekoku von Morgan Stanley und stufte die Aktie von "Equal-weight" auf "Overweight" hoch.
Formycon hofft auf Geldregen
Auch die Formycon-Aktie war enorm gefragt. Dem Pharmahersteller winkt Geld aus der Vermarktung seines Biosimilars zu Bayers Augenmedikament Eylea in den USA und Kanada. Die Klinge Biopharma GmbH, die die weltweiten Vermarktungsrechte hält, hat dazu einen Vertrag mit dem Vertriebsspezialisten Valorum Biologics geschlossen.
Worldline-Aktie bricht ein
Aufregung gab es um den französischen Zahlungsabwickler Worldline, dessen Aktie um über 38 Prozent einbrach. Das investigative Recherchenetzwerk European Investigative Collaborations (EIC), zu dem auch das Nachrichtenmagazin Spiegel gehört, schockte die Anleger mit dem Auftakt einer mehrteiligen Serie mit dem Titel "Dirty Payments" zu fragwürdigen Geschäftspraktiken.
In dem Artikel geht es um die Firma Payone, die zu 40 Prozent den Sparkassen und zu 60 Prozent Worldline gehört. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte Payone bereits Ende Januar aufgefordert, Mängel in der Geldwäscheprävention abzuarbeiten. Bei Anlegern wurden negative Erinnerungen an den Finanzdienstleister Wirecard wach. In dem EIC-Bericht kommen laut dem UBS-Experten Justin Forsythe Zahlungsströme zur Sprache, die bereits 2023 Thema gewesen seien.
Worldline selbst trat Vorwürfen heute entgegen. Man habe seit 2023 enorme Fortschritte in der Überwachung des Geschäfts mit Kunden aus Bereichen wie Online-Glücksspiel, Online-Aktienhandel oder Online-Dating gemacht. UBS-Experte Forsythe hält die Situation momentan für schwer kalkulierbar. Am schwerwiegendsten sei wohl der Reputationsschaden durch den Bericht.
Stratec zurück im SDAX
Dank des Rückzugs des Softwareanbieters Compugroup von der Börse darf der Diagnosespezialist Stratec nach kurzer Zeit wieder in den SDAX. Das teilte die Deutsche-Börse-Tochter Stoxx mit. Compugroup wurde vom Investor CVC übernommen und wurde von diesem zum Ablauf des 24. Juni von der Börse genommen. Am Morgen stufte zudem das Investmenthaus Kepler Cheuvreux die Aktien von Stratec von "Hold" auf "Buy" hoch.
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