"Jetzt mal keine Panik" – Die nervösen Chat-Debatten unter Deutschen in Dubai
Seitdem die USA Ziele im Iran angegriffen haben, steigt in der deutschen Community in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Nervosität. In einer Messenger-Gruppe mit mehreren Hundert Mitgliedern, die sich eigentlich um Firmengründungen in Dubai, Tipps für fähige Handwerker oder um Angebote für schicke Penthouses an der Waterfront drehen, geht es plötzlich um sehr viel tristere Dinge: militärische Taktiken, Lage von US-Basen, stornierte Flüge. Der Krieg ist in den Expat-Alltag eingebrochen, auch wenn das manch einer keinesfalls wahrhaben will.
Die Stimmung schwankt zwischen Sorge, Besonnenheit – und dem Wunsch, jeden trüben Gedanken, der einen Schatten auf das sonnige Leben in der Exil-Heimat werfen könnte, bereits im Keim zu ersticken. Schließlich sind nicht wenige hier vor der vermeintlichen "Miesepeterstimmung" in Deutschland geflohen. Wer will sich da mit der Realität eines Krieges vor der neuen Haustür auseinandersetzen?
Flug nach Zürich statt nach Dubai
Besonders heiß diskutiert unter den Auswanderern: die umgeleiteten oder gestrichenen Flüge. "Hab gelesen, ab heute stellen die Flugverkehr ein", schrieb ein Mitglied in der Whatsapp-Gruppe schon vergangene Woche. "Really???", fragte eine andere zurück. "Jetzt mal keine Panik machen. In Deutschland wird das immer dramatisiert", beschwichtigt eine Dritte. "Die Presse" schüre Angst. Zu viel Angst sei ungesund, weiß eine andere, das "Bildungs-TV" in Deutschland berichte da ziemlich einseitig. Überhaupt liege München ja näher an Kiew als Dubai an Chorramabad – einem der Orte im Iran, den die US-Streitkräfte bombardiert haben.

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Tatsächlich haben am Wochenende einige Airlines ihre Flüge in die Arabischen Emirate ausgesetzt. British Airways strich mehrere Flüge nach Dubai. Zudem saßen Hunderte Passagiere der britischen Airline, die nach Dubai unterwegs waren, ganze neun Stunden im Flugzeug – um schließlich in Zürich zu landen, wie der "Guardian" berichtet. Der Flug BA 109 startete um 21:53 Uhr planmäßig von London Heathrow und flog wie gewohnt fast fünf Stunden Richtung Dubai, bevor British Airlines die Maschine umleitete.
Bei Singapore Airlines fielen Flüge zwischen Singapur und Dubai aus, der Flugverkehr dorthin ist bis Mittwochabend ausgesetzt. Die Fluggesellschaft warnte zudem, dass weitere Flüge gestrichen werden könnten. Auch Air France KLM sagte Flüge nach Dubai ab. Lufthansa dagegen fliegt Dubai weiter an, beobachtet die Situation aber genau und will ihren Flugplan "gegebenenfalls kurzfristig anpassen", teilte ein Sprecher auf Nachfrage mit.
"Panik braucht man nicht zu haben"
In der Expat-Chatgruppe wird derweil beschwichtigt: Bei der Einreise von Deutschland in die Schweiz werde schließlich auch gewarnt – vor den Luzerner Taschendieben nämlich, schreibt ein Mitglied. Das gibt acht Likes aus der Gruppe. Der sachliche Hinweis, dass sich nun die Erzfeinde USA und Iran direkt gegenüberstehen und die Nahost-Krise ein neues Level erreicht habe, findet weniger Fans.

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"Trump hat erstmal Pause für 14 Tage angesetzt. Da gucken alle sparsam, weil er nicht so ein Kriegstreiber ist wie Deutschland und andere", schreibt jemand noch vor den Angriffen der USA auf iranische Atomanlagen. Zumindest bei einem Chat-Teilnehmer ruft das Widerspruch hervor. Das sei "hochgradig verdreht". Derselbe Gruppen-Teilnehmer versucht, etwas Ordnung in die Diskussion zu bringen, spielt verschiedene Szenarien durch und schließt mit den Worten: "Muss man jetzt Hamsterkäufe machen? Nein. Aber vielleicht mal zwei Kanister mehr holen. Tut ja nicht weh. Vielleicht mal noch ne Kohletablette, wenn man nen Schritt weitergehen will. Panik braucht man nicht zu haben. Wer aber der Meinung ist, dass die Wahrscheinlichkeit bei 0% liegt, hat Geopolitik nicht verstanden."
Nur wenige Nachrichten darunter stellt sich jemand Neues vor: "Im Januar 2026 werden wir unseren Traum von einem Leben in Dubai beginnen." In der Nacht danach steigen die USA in den Krieg ein. Doch der Traum darf bei vielen hier keine Risse kriegen. "Ab hier ist STOP mit politischem und Krieg. Das überlassen wir gerne anderen Gruppen. Danke", schreibt einer der Administratoren. Dann geht es wieder um Beachfront Appartements.
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