Das Aus für Deutschlands mächtigste Hafenmanagerin
Schon als vor zwei Jahren erstmals die Gerüchte darüber kursierten, dass die MSC-Gruppe fast die Hälfte der Anteile der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) übernehmen soll, wurde eine Frage offen gestellt: Wie soll das mit der starken und selbstbewussten HHLA-Chefin Angela Titzrath als Unternehmenslenkerin von Deutschlands wichtigstem Hafenlogistiker funktionieren? Seit Montagabend ist die Antwort bekannt: gar nicht.
In einer kurz vor 22 Uhr verschickten Mitteilung des Unternehmens wurde die Trennung bis spätestens zum Jahresende verkündet. Sie dürfte eher früher als später vollzogen werden, auch wenn jetzt „vom besten gegenseitigem Einvernehmen“ gesprochen wird. Der Vertrag läuft eigentlich bis 2029 und wurde erst im vergangenen Jahr verlängert. In der Mitteilung kommen Aufsichtsratschef Rüdiger Grube, der einst die Deutsche Bahn leitete, und Titzrath selbst zu Wort. „Die jüngsten Änderungen in der Shareholder-Struktur begleitete sie mit großem Verantwortungsbewusstsein“, war neben Dankesworten und Würdigungen für geleistete Arbeit der einzige Satz, der sich auf die aktuelle Situation bezog. Man könnte ihn auch so lesen: Am liebsten hätte die 59-Jährige schon viel früher die Reißleine gezogen.
Die Managerin selbst, die seit 2017 an der Spitze der HHLA steht und zuvor bei Daimler und der Deutschen Post DHL in Führungspositionen war, ging mit keinem Wort auf die Gründe für die Trennung ein. „Logistik verbindet Märkte, Menschen und Perspektiven. Mein Ziel war es, die HHLA als Schlüsselakteurin in einem volatilen und geopolitisch sensiblen Umfeld strategisch weiterzuentwickeln und den Wert des Unternehmens zu stärken“, hieß es etwa.
Oder: „Mit der Modernisierung der Hamburger Terminals, dem Ausbau des Intermodalgeschäfts und strategischen Standorten wie in Tallinn und Triest haben wir die HHLA entscheidend im Wettbewerb positioniert - im Dienst unserer Kunden und im Interesse einer leistungsfähigen Lieferkette für Unternehmen und Verbraucher europaweit.“
In der schwierigen Phase des Zusammenwachsens der schweizerisch-italienischen MSC-Gruppe, die zu den größten Reedereien der Welt zählt, mit der HHLA muss also eine neue Führung gesucht und gefunden werden. Dass auch die Stadt Hamburg als Mehrheitseigentümer nicht mehr hinter Titzrath stand, war erst in den vergangenen Woche offensichtlich geworden, als ein Dividendenvorschlag, der nach einem Beschluss von HHLA-Vorstand und Aufsichtsrat auf dem Tisch lag, von MSC und der Stadt gekippt und deutlich reduziert wurde. Durch die Kürzung der Dividende würden statt 11,6 Millionen Euro nur noch rund 7,2 Millionen Euro ausgeschüttet.
Die Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft, in der Stadt und MSC ihre Interessen bündeln, begründete ihren Antrag damit, dass das Eigenkapital der Gesellschaft gestärkt und die Liquidität erhöht werden sollen. Dadurch sollen Investitionen besser finanziert werden können. Das war ein klarer Affront gegen die Titzrath, die spätestens jetzt wusste, wie die Machtverhältnisse sich zu ihren Ungunsten entwickelt hatten. Schon kurz vor dieser Entwicklung hatte sie die Teilnahme an einer MSC-Feier im Hamburger Hafen kurzfristig abgesagt.
Titzrath, die seit ihrem Amtsantritt die höchstbezahlte Managerin eines mehrheitlich städtischen Unternehmens ist, führte die HHLA in einer Zeit tief greifender Umbrüche im Hafen- und Logistikbereich. Mit einem Fokus auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und internationale Partnerschaften richtete sie die HHLA strategisch neu aus. Unter ihrer Führung hat die HHLA nicht nur in neue Technologien investiert, sondern auch ihre Präsenz in Osteuropa und im Mittelmeerraum ausgebaut.
Ein zentrales Thema ihrer Amtszeit ist die Transformation des Hamburger Hafens angesichts wachsender Konkurrenz aus Rotterdam und Antwerpen und sinkender eigener Umschlagszahlen. Titzrath setzt dabei auf Kooperationen, etwa mit dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco, was in der deutschen Politik kontrovers diskutiert wurde. Sie verteidigt diese Entscheidung mit dem Argument, dass wirtschaftliche Verflechtung auch ein Beitrag zur Stabilität sei. Dass sie eine Befürworterin des MSC-Einstiegs war, konnte man ihr hingegen nie nachsagen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke