Sie haben auch nach 26 Beziehungsjahren noch regelmäßig Sex: Hier erzählen Doro, 74, und Wolf, 72, von Liebesspielen auf einem Schloss, Tantra-Seminaren und Partnertausch.

Doro und Wolf, wie haben Sie sich kennengelernt? 
Wolf: Spät, ich war 48 Jahre alt und geschieden. Damals habe ich eine Anzeige in der "Frankfurter Rundschau" aufgegeben. Und darauf hat die Dorothea geantwortet.  

Doro: Daraufhin haben sicherlich mehrere Frauen geantwortet. 

Wolf: Ja, aber ich habe schon auf den Bildern gesehen, dass du mir gefällst.  

Wie war Ihre erste Begegnung? 
Wolf: Wir waren in Frankfurt im Museumscafé verabredet. Ich sah, wie die Doro aus dem Gebäude kommt in einem gelben Kleid, und sie hat mir gleich gefallen. Nach dem Kaffee sind wir durch Frankfurt gelaufen, und an der ersten Ampel habe ich sie geküsst.  

Doro: Ich war seit einem guten Jahr getrennt, stand kurz vor meinem 50. Geburtstag und hatte eigentlich schon abgeschlossen mit den Männern. Aber dann las ich Wolfs Anzeige, in der er lauter Dinge aufgezählt hat, die ich auch gerne mache. Ich dachte, vielleicht ist er ein Mann für die Freizeit. Dass er dann so frech war, mich zu küssen, fand ich gut.  

Sie beide sind nun seit 26 Jahren zusammen. Wie gelingt Ihnen das? 
Doro: Unser Trick ist: Jeder von uns hat seine eigene Wohnung im selben Haus. Wir haben zehn Jahre lang eine Fernbeziehung geführt und uns nur an den Wochenenden gesehen. Als eine Wohnung frei wurde in meinem Haus, ist Wolf eingezogen.  

Wolf: Die Gefahr, dass man sich wegen Enge auf die Nerven geht, ist praktisch ausgeschlossen. 

Doro: Jeder kann vor dem gemeinsamen Frühstück schon mal sein Ding machen. Ich meditiere morgens und mache meine Gymnastikübungen. 

Wir haben uns dazu verabredet, über Sex im Alter zu sprechen. Wie gestalten Sie Ihr Liebesleben? 
Wolf: Wir haben nach ein oder zwei Beziehungsjahren damit begonnen, unser erotisches Erleben zu erweitern. Doro ließ mal den Begriff Tantra fallen. Wenn du Tantra willst, habe ich gedacht, dann kriegst du auch Tantra. Wir haben dann ein gutes Seminar besucht und gemerkt: Das sexuelle Leben muss nicht nur in den eigenen vier Wänden stattfinden. 

Doro: Du sprichst von einem Seminar, aber wir haben viele gemacht. Tantra war auch immer ein Projekt, das uns zusammengeschweißt und gemeinsam auf eine Reise geschickt hat: zu den Seminaren, zu anderen Pärchen, zu den erotischen Events. 

Doro, was haben Sie sich vom Tantra erhofft? 
Doro: Ich hatte im pflegerischen Bereich beruflich viel mit Körperkontakt zu tun, und ich habe privat Yoga und Shiatsu praktiziert. Da lag es nahe, auch Tantra auszuprobieren. Zur Sexualität gehört mehr als die körperliche Ebene, und beim Tantra geht es ums Wahrnehmen. Wenn ich intensiv wahrnehme, bekommt es eine spirituelle Ebene. Es geht durch den ganzen Körper und darüber hinaus. Es ist …, mir fällt nicht das richtige Wort ein. Doch: Es ist – weitergehend. 

Wolf, können Sie mit Tantra als spirituellem Weg etwas anfangen? 
Wolf: In meinem Elternhaus ging es ein bisschen prüde zu. Und Tantra war genau das Gegenteil davon, deshalb habe ich mich von Anfang an darauf eingelassen. 

Wäre die Erkundung der Sexualität in Ihren ersten Ehen möglich gewesen? 
Wolf: Nein. Dazu wäre ich noch zu unreif gewesen. 

Doro: Bei mir auch nicht. Aber das hatte nichts mit Unreife zu tun. Ich war mit einem Mann aus einem anderen Kulturkreis zusammen, das wäre nicht gegangen. 

Was haben Sie in den Tantra-Seminaren gelernt? 
Doro: Das finde ich schwer zu beantworten. Wir nehmen uns eben bewusst Zeit und Raum für Sexualität, nicht nur während der Seminare, sondern auch zu Hause. Und wir bereiten uns sorgfältig vor. 

Doro: Ich trage gerne etwas aus Seide

Was bedeutet das? 
Doro: Erstens verabreden wir uns zum Sex. Und zweitens bereiten wir mein Schlafzimmer vor. Ich sorge dafür, dass es warm ist und gut riecht. Wir machen uns natürlich auch frisch. Ich trage gerne etwas aus Seide, einen Kimono zum Beispiel, und den ziehe ich auch nicht sofort aus. Es soll sich langsam etwas zwischen uns aufbauen können. 

Wolf: In einem Seminar haben wir ein Paar kennengelernt, mit dem wir uns dann privat getroffen haben.  

Was haben Sie zusammen mit dem fremden Paar erlebt? 
Wolf: Wenn wir uns privat getroffen haben, ging Tantra in richtigen Sex über. Dann sind wir von den spirituellen zu den praktischen Übungen übergegangen.  

Doro: Das ging mit Kaffeetrinken los, später haben wir Musik gehört und dazu getanzt. Wir haben immer eine Kundalini-Meditation gemacht, erinnerst du dich, Wolf? Wir haben immer den ganzen Körper mit einbezogen, auch beim Partnertausch. 

Wolf: Wir gehen gelegentlich auch mal in Erotikclubs, wo wir gucken, wer uns interessiert und wen wir vielleicht interessieren. Aber es müssen Paare sein, mit denen man sich auf Augenhöhe verständigt. Wir suchen nie nur Sex. 

Doro: Niemals. 

Wolf: Auch wenn wir dort mittlerweile die ältesten sind, ist unser Anspruch dadurch nicht kleiner geworden. 

Wie häufig trafen Sie das andere Paar? 
Wolf: Dreimal im Jahr sind wir hingefahren, über Jahre. 

Doro: Nee, nee, ich glaube, das war öfter. 

Wolf: Bis das Paar gesundheitsbedingt aufgeben musste. Leider. 

Bleiben die Erotikclubs. Hat es Sie Mut gekostet, diese Orte zu besuchen?   
Wolf: Nein. Wir haben uns gesagt, wenn es uns nicht gefällt, fahren wir einfach nach Hause. Aber dann haben wir bei unserem ersten Ausflug einen Erotikclub in einem Schloss im Spessart besucht. Den Club hat eine Frau betrieben, bei der es richtig gemütlich war. Die Gäste waren nett, das Ambiente schön eingerichtet. 

Doro: In dem Club gab es eine sogenannte Spielwiese. Wir haben uns dort vergnügt, und dann kam ein weiteres Paar dazu. Wir hätten uns abwenden können, aber wir haben mitgemacht, und es war schön. 

Ich nehme an, Sie sammeln die Eindrücke auf den Veranstaltungen und rufen sie beim Sex zu Hause innerlich ab.
Doro: Ja, das spielt schon eine Rolle. 

Wolf: Diese Veranstaltungen sind der Fantasie nicht abträglich. 

Kostet es Sie Überwindung, sich fremden Blicken auszusetzen? 
Doro: Meistens ist es dunkel in den Clubs. Ich bin zwar vorher immer aufgeregt, aber dann ist es gar nicht so schlimm. Ich bin 74 Jahre alt, mein Körper sieht nicht mehr aus wie mit 54.

Wolf: Mich macht es stolz, wenn andere Männer Doro hinterherschauen. 

Wie häufig verabreden Sie sich, um miteinander zu schlafen? 
Doro: Inzwischen haben wir weniger Sex. Das hat auch damit zu tun, dass wir als Rentner auch ansonsten keine Langeweile haben. Und damit, dass sich die Sexualität im Alter verändert. 

Auf welche Weise? 
Doro: Das Begehren nimmt ab. Früher fand ich regelmäßigen Sex wichtiger, heute dürfen längere Zeiträume verstreichen. Es geht mir dann um eine intensive Zeit zu zweit und nicht so um die Befriedigung eines Verlangens. 

Wolf: Sex müssen wir im Kalender vormerken

Was meinen Sie mit längeren Zeiträumen? 
Doro: Wir versuchen, uns alle 14 Tage für einen Vormittag zu verabreden. Vormittags sind wir fitter als abends.  

Wolf: Ich arbeite nebenher journalistisch für eine Tageszeitung, bin also auch noch beruflich eingespannt, und deshalb müssen wir Sex im Kalender vormerken. 

Was ist anders, wenn Sie heute miteinander schlafen? 
Doro: Wir brauchen mehr Hilfsmittel wie Gleitgel und Sextoys. Was auch eine Rolle spielt, sind die Hormone, die ich nehme. Meine Gynäkologin hat mir schon vor vielen Jahren Östrogen verschrieben. Das hat einen direkten Einfluss auf meine Sexualität und mein Körpergefühl. 

Wolf: Ich nehme potenzsteigernde Mittel wie Sildenafil oder Tadalafil. 

Doro: Auch als Frau habe ich etwas davon. 

Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihre offen ausgelebte Sexualität? 
Wolf: Wenn ich mit Freunden spreche, ob sie nicht auch mal mitmachen wollen mit ihren Frauen, wechseln sie schnell das Thema. Bei manchen habe ich den Eindruck, sie würden gerne durchs Schlüsselloch gucken. Einige Paare in unserem Alter sind froh, dass sie keinen Sex mehr haben. Wir spielen halt nicht Golf, sondern haben lieber Sex. 

Doro: Von meinen Freundinnen wären manche sicherlich gerne dabei, aber sie trauen sich nicht, das ihren Männern vorzuschlagen.

Wie bereiten Sie sich auf einen Abend in einem Sexschloss vor? 
Doro: Meine Körperpflege ist dann noch sorgfältiger als sonst. Dann ziehe ich meist ein kurzes Kleid an, einen schicken Strumpf dazu und Pumps, die mit den hohen Absätzen. Und wenn es später am Abend Richtung Spielwiese geht, ziehe ich mich um und trage ein schlichteres Kleidchen. Und weniger Unterwäsche. Und flachere Schuhe. 

Wolf: Ich halte mich an die Regeln des jeweiligen Clubs: kurze Hose und Oberteil mit Kurzarm oder ärmellos, beides schwarz. In dem Schloss im Spessart bin ich in guter Alltagskleidung, in Hemd und Hose gestartet. Das ist mir lieber. Aber das Schloss hat dichtgemacht, und einen ähnlichen Club haben wir noch nicht wieder gefunden. 

Wäre Ihre Beziehung eine andere, würden Sie nicht mehr miteinander schlafen? 
Doro: Ja. Das macht einen großen Unterschied im Umgang miteinander. Ich merke es Paaren an, ob sie noch miteinander schlafen. Sex wirkt stabilisierend. Ich glaube, dass wir weniger liebevoll miteinander umgingen, wenn wir keinen Sex mehr hätten. 

Wolf: Wir haben wirklich einen herzlichen Umgang miteinander im Vergleich zu anderen gleichaltrigen Paaren. Deswegen machen wir auch dieses Interview.  Wir wollen anderen Paaren Mut machen, weiter Sex zu haben, solange es geht.  

Der Kontakt zu Doro und Wolf kam mit freundlicher Unterstützung der Erotikplattform Joyclub zustande.

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