Zum Ausklang der Hinrunde im Sonntagskrimi setzten Ross und Luschke ein inhaltliches Ausrufezeichen, ohne zu belehren - Homosexualität im Fußball, ein fortwährendes Tabuthema und damit ein adäquater Sonntagskrimi im "Pride Month".

Das waren noch Zeiten, als Schimanski einst nackt im Duisburger Wedaustadion aufwachte. "Zweierlei Blut", so der Titel der 159. "Tatort"-Folge, Schimmis achtem Fall aus dem Sommer 1984. Es ging um einen ermordeten Fußballfan. Im Zuge der Ermittlungen hatte der hemdsärmelige Kommissar mit ein paar Hools ein paar Pils getrunken, war aufgeflogen und zusammengeschlagen worden, anschließend bewusstlos im Adamskostüm im Mittelkreis abgelegt.

Das legendäre Wedaustadion steht längst nicht mehr, beim Blick auf die Gepflogenheiten im Fußball jedoch hat sich an einer Sache auch nach 40 Jahren wenig geändert: "Anders" sein im Kicker-Business, Homosexualität, Queerness - all das sind nach wie vor Tabus, trotz aller Toleranz-Kampagnen, trotz Thomas Hitzlsperger, Vielfalt-Initiativen und Regenbogen-Optik auf der Eckfahne.

Die Autoren Michael Fetter Nathansky, Daniel Bickermann und Christian Werner, der auch als Regisseur fungierte, hatten sich thematisch also ein ziemlich großes Fass vorgenommen. Mit der falschen Taktik hätte "Spiel gegen den Ball" zu einem überambitionierten Kick werden können, doch der letzte "Polizeiruf 110" vor der Sommerpause erwies sich als erstklassige Mannschaftsleistung mit einer Botschaft, die gerade weil sie so realistisch eingearbeitet wurde, umso mehr verfing.

Vielschichtiger Stoff mit lässiger Selbstverständlichkeit

Ein Umstand, den das Autoren-Gespann natürlich auch seinem überzeugend agierenden Fußballer-Trio zu verdanken hatte, und das auf und neben dem Platz. Franz Ferdinand Krause als verbissener Kicker Kevin, für den es immer weitergehen muss, Len Blankenberg als Marco, der seine Mutter verliert, und Lauri Kröck in der Rolle des Robert, der Angst vor dem Outing hat - die Casting-Abteilung hat hier erstklassige Arbeit geleistet, die jungen Schauspieler schulterten diesen vielschichtigen Stoff mit lässiger Selbstverständlichkeit.

Das alles hätte wohl nicht diese Wirkung entfaltet, wären die Autoren in die zuweilen überambitionierten Routinen zwischen Erklärdialogen und vordergründiger "Political Correctness" verfallen. Die hochtragische Story sprach für sich, das Geschehen rund um den Verein, im Fokus auch Trainer Hannes (Hanno Koffler), der um die Schwierigkeiten weiß und doch hilflos ist, bot Grasnarben-Realismus, der emotional ansprach, ohne vollends ausformuliert zu werden.

Dass das ausgerechnet im "Pride Month" passiert, als Ausrufezeichen vor der Sommerpause, hat Charme. Dass es eben nicht mit grobem Pinsel auf- und vorgetragen wurde, umso mehr, gerade in diesen Tagen: Die Rechten versuchen, den Gedenkmonat zu kapern und formulieren ihn zum rechtsgerichteten "Stolzmonat" um. Bundestagspräsidentin Klöckner verbietet zum Christopher-Street-Day die Regenbogen-Flagge über dem Reichstagsgebäude und untersagt den Beamten der Bundesverwaltung die Teilnahme am CSD. Neutralitätsprinzip? Da wäre sicher auch dem guten Schimmi die Halsschlagader geschwollen.

So verabschieden sich die Sonntagskrimis im Ersten, "Tatort" und "Polizeiruf 110", so stimmungsvoll wie ambitioniert in die Sommerpause. Bei den Fußballfans dürfte die Vorfreude steigen, am 2. Juli startet in der Schweiz die Fußball-Europameisterschaft der Frauen. Zwei Tage später greift die deutsche Nationalmannschaft ins Geschehen ein, der Gegner im ersten Gruppenspiel heißt Polen. Kriminell geht es am 14. September weiter, mit dem Franken-"Tatort: Ich sehe dich".

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