Sie hat es mit der chinesischen Mafia aufgenommen. Sie ist entkommen. Sie wird als Mörderin gesucht. Aber Yoko hat es sich in einem kleinen griechischen Bergdorf gemütlich gemacht - als "John". Doch dann taucht eine deutsche Polizistin auf und macht ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann.

"Ich hatte Assad und mich bereits am Strand sitzen und Wein trinken sehen. Zu schön wäre es gewesen. Das wundersame Ende eines Märchens: Das Böse besiegt, die Guten entkommen. Doch so einfach war es nicht." Einfach wäre auch nicht Yokos Ding. Sie wird wegen einer Mordserie gesucht, die eine chinesische Triade fast ausgelöscht hätte. Dabei wollte sie doch nur Glückskekse verkaufen. Der Rest ist Geschichte, brillanter Thrillerstoff von Bernhard Aichner.

Aus Yoko ist mittlerweile "John" geworden: Schwarzer Oversized-Hoody, Cargohose, Cap. Aus Deutschland vor der Polizei und der chinesischen Mafia geflohen, ist sie mittlerweile auf einer griechischen Insel, in einem schnuckelig-kleinen Bergdorf, sesshaft geworden. Sie arbeitet als Bedienung in einer kleinen Taverne, geht nachts im Meer schwimmen und genießt das Leben, das ihr geblieben ist. Keiner kennt sie, niemand weiß etwas von ihrer mörderischen Vergangenheit.

Doch dann holt ihre Vergangenheit sie ein, das Schicksal schlägt wieder einmal erbarmungslos zu, verhöhnt sie. Eine Frau spricht sie in der Taverne an, sagt, Yoko solle ihr eine Flasche Wein bringen und sich dann an ihren Tisch setzen. Die Frau ist kein normaler Gast, es ist eine Polizistin aus Deutschland. Yokos Story ist in Deutschland wieder ein Thema, eine TV-Sendung hat dafür gesorgt. Die Polizistin will nun Yokos Geschichte hören. Die ganze - denn in den vergangenen Jahren sind weitere Menschen wie vom Erdboden verschwunden. Yoko scheint ihre Finger dabei mit im Spiel gehabt zu haben. Und Yoko fängt an zu erzählen. Ihre Geschichte. Ihre letzten Jahre.

Vom Regen in die Traufe

Sie erzählt von Ingrid, deren Haus und Garten sie in Griechenland gehütet hat, bis die True-Crime-Besessene Wind von Yokos mörderischer Vergangenheit bekam. Ingrid schwor, nichts davon zu verraten, wenn Yoko ihr bei einer Sache hilft: Ingrids Mann soll sterben. Er muss. Er sei ein Schläger, habe sie psychisch und physisch misshandelt. Lässt Yoko ihn nicht über die Klinge springen, sei sie selbst dran, warnt Ingrid eindringlich.

Was Yoko erst zu spät herausfindet: Ingrid hat selbst Gefallen am Morden gefunden. Ihr Mann soll nicht das einzige Opfer bleiben. Hausmeister Zlatko müsse nun dran glauben - oder eben Yoko. Doch die weiß sich zu helfen und nachdem ihre Fleischer-Skills zum Einsatz gekommen sind, ist von Ingrid nichts mehr übrig. Dumm nur, dass da plötzlich Ingrids Sohn Pierre auf der Matte steht.

Pierre, als Kind von Ingrid misshandelt und mittlerweile Polizist, hat auch etwas mit Yoko vor. Sie soll die Lieferung von 60 Kilo Koks absichern. Aber auch er hintergeht Yoko, benutzt sie: Erst schläft er mit ihr, dann bedroht er sie. Yoko lernt Frank kennen, Besitzer mehrerer Dönerläden und ein Psychopath vor dem Herrn.

Kurze Zeit später sind die beiden Männer verschwunden und Yoko sitzt auf mindestens 30 Kilogramm Gold. Gemeinsam mit Assad, ihrem einstigen Angestellten in Deutschland. Sie hatte dem Jungen einst geholfen, er sich revanchiert. Nun ist er wieder da und holt mit seiner Ex-Chefin die Kohlen aus dem Feuer. Für ihn ist es Liebe, für Yoko nicht. Aber wehtun will sie ihm auch nicht, eher beschützen.

Ein sympathischer Blutrausch

Und da kommt die deutsche Polizistin am Tisch auf der Terrasse der Taverne in dem kleinen idyllischen griechischen Bergdorf ins Spiel: Will auch sie Yoko nur benutzen? Weiß sie etwas von dem Gold? Will sie Yoko verhaften? Oder ist sie einzig und allein an Yokos Geschichte interessiert? Eine, die auf das Konto von Bestsellerautor Bernhard Aichner geht, der bereits mit "Yoko", dem Vorgänger von "John", eindrucksvoll gezeigt hat, wie man perfekt morden könnte: Wer schon aus tausenden Rindern, Schweinen und Schafen jedwede Art von Wurst gemacht hat, ist dabei klar im Vorteil. Man braucht nur einen ordentlichen Fleischwolf und die richtigen Messer.

So blutig wie sich das anhört, so gelassen und routiniert geht Yoko vor. Sie tötet nicht aus Lust, es ist eher Verzweiflung. Irgendwie scheint sie das Böse anzuziehen - und muss sich dessen dann entledigen. Mit oder ohne Hilfe. Dabei ist die Figur der Yoko absolut sympathisch. Sie trägt den Plot der beiden bei Rowohlt und DAV erschienenen Werke. Mit ihr fiebert man mit. Ihr hört man gern zu. Vera Telz gibt ihr die Stimme, die nicht mehr aus dem Kopf gehen will.

Das Besondere bei "John" ist aber, dass jede der anderen auftauchenden Figuren ebenfalls einen eigenen Interpreten erhalten haben: Simon Jäger und Tim Gössler mischen ebenso mit wie beispielsweise Tanja Geke oder Sandrine Mittelstädt. Das verleiht Aichners "John" noch mehr Tiefe. Einfach kann jeder, aber einfach wäre langweilig. Und das ist nicht Yokos Sache. Grandios!

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke