AUTOHAUS Servicegipfel 2025: Virtuelle Werkstatt und künstliche Intelligenz
"Würth wird oft nur als Anbieter von Produkten wie Bremsenreiniger wahrgenommen. Wir können aber noch viel mehr", sagte Andreas Grasser, Leiter der Division Auto bei der Adolf Würth GmbH, vor rund 25 Teilnehmern des AUTOHAUS Servicegipfels powered by Würth in Zweiflingen. Zur Veranstaltung im beschaulichen Schlosshotel Friedrichsruhe kamen zahlreiche Serviceleiter großer Automobilhersteller und Mitarbeiter von Würth. Das halbjährlich stattfindende Event wurde wie gewohnt moderiert von AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel und Jörg Weichsel, Leiter Key Account Management Auto bei der Adolf Würth GmbH, der mittlerweile schon zum zehnten Mal dabei war.
Rundgang in der 3D-Welt
Um zu zeigen, dass Würth weit mehr ist als nur ein Schraubenkönig und zahlreiche Lösungen für den Werkstatt- und Autohaus-Alltag parat hat, stellte Grasser das neue Projekt "Werkstatt360" vor. Dabei handelt es sich um eine virtuelle Umgebung für Rechner oder Smartphone, ähnlich einem Computerspiel, in der sich der Anwender frei bewegen kann. Grasser zeigte exemplarisch an einem virtuell nachgebauten Autohaus mit Werkstatt, welche Produkte von Würth in verschiedenen Bereichen vom Showroom bis zum Reifenhotel erhältlich sind. Produkte lassen sich betrachten und bedienen. Es lassen sich auch Erklärvideos zur Funktionsweise abspielen oder Datenblätter anzeigen. Pfiffig: Auch virtuelle Treffen in einem virtuellen Besprechungsraum des Autohauses – beispielsweise mit einem Würth-Mitarbeiter – sind mit Werkstatt360 möglich. Theoretisch wäre es auch denkbar, Schulungen virtuell abhalten zu können. Mit dem Einsatz einer Virtual-Reality-Brille wird das Ganze noch interaktiver.
Würth möchte Werkstatt360 dazu nutzen, das gesamte Produkt-, System- und Serviceangebot in einer Umgebung abbilden zu können und einen Mehrwert für Verkäufer und Kunden zu generieren. Bislang befindet sich das Projekt noch in der Pilotphase.
AUTOHAUS Servicegipfel powered by Würth (November 2025)
Gute Daten für KI entscheidend
Wie Künstliche Intelligenz (KI) im Autohaus verwendet werden kann, war Thema des Vortrags von Kevin Castor, Key Account Manager Retail bei TÜV SÜD. Castor gab zu Beginn einen Ausblick, wie der Stand der KI seiner Auffassung nach momentan in den Betrieben ist: Der erste Hype um die künstliche Intelligenz ist verflogen, und es setzt sich die Erkenntnis durch, dass KI nicht alle Probleme lösen kann. Es fehle nicht an entsprechenden Lösungen, aber die Umsetzung ist oft schwieriger als gedacht. Denn eine KI benötigt genaue und gute Daten. Ein gutes Datenmanagement in Autohäusern ist daher das A und O. Kundendaten müssen aktuell, strukturiert und fehlerfrei sein – was angesichts des Datenschutzes eine Herausforderung sein kann. Auch die Mitarbeiter des Autohauses sollten eingebunden werden.
Castor präsentierte einige Beispiele, wie KI sinnvoll in Betrieben eingesetzt werden kann. TÜV SÜD nutzt künstliche Intelligenz beispielsweise bei der Gebrauchtwagenvermarktung. Fotos der Fahrzeuge lassen sich freistellen und mit einem beliebigen Hintergrund versehen. Auch das Hinzufügen eines Glanzeffekts am Auto ist möglich. KI-Bots am Telefon oder im Chat machen zudem große Fortschritte, und Stimmen klingen mittlerweile so natürlich, dass sie sich kaum noch von Menschen unterscheiden lassen. Selbst Dialekte sind möglich.
Für Autohäuser stehen zahlreiche KI-Tools zur Verfügung, um Terminvereinbarungen zu vereinfachen, Prozesse zu automatisieren und das Werkstattpotenzial zu verbessern. Es gibt auch Tools, die den Auftrag je nach Fähigkeiten dem passenden Mitarbeiter zuordnen können. Am Beispiel des Mercedes-Benz-Händlers Kunzmann zeigte Castor zudem, wie sich mithilfe eines Fahrzeuglexikons auf der Homepage die Suchergebnisse verbessern lassen, da die Google-KI das Autohaus dann besser bewertet.
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Versteckte Potenziale heben
Philipp Posselt, Geschäftsführer des Softwareanbieters Veact, erklärte den Teilnehmern, wie sich das Verkaufspotenzial im Autohaus steigern lässt. Denn laut Posselt nutzen nur 20 Prozent der Kunden das Leistungsangebot im Autohaus vollständig aus. Ein gutes Beispiel sei der Räder- und Reifenwechsel, den nur rund 40 Prozent der Kunden im Autohaus durchführen lassen. Der Grund liegt unter anderem in der fehlenden Beratung, die viele Autohäuser aufgrund des hohen Aufwands oder mangelnder Daten nicht leisten können. Auch der Fachkräftemangel im Autohaus trägt dazu bei.
Veact möchte diesen Prozess digital vereinfachen: Beim Räderwechsel wird jedes Rad mit einem Foto dokumentiert, das der zuständige Mitarbeiter anfertigt. Eine KI-Funktion kann aus dem Foto automatisch Reifendaten wie Größe, Hersteller, Typ sowie die DOT-Nummer erkennen. Auch Kratzer und Dellen an der Felge werden registriert, und die Informationen über einen "Datahub" in das DMS-System des Autohauses zurückgespielt. Aus diesen Informationen lassen sich zusätzliche Potenziale heben und laut Posselt nachweislich 18 Prozent mehr Umsatz generieren.
Werkstatt kommt zum Kunden
Einen Einblick in die Werkstattleistungen von Ford gab Lars Burbach, Manager Ford Pro Go-To-Market. Er erklärte die Vorzüge von Ford Pro, einem Dienst für Nutzfahrzeuge und Flotten, bei dem ein mobiler Service-Van Reparaturen direkt beim Kunden durchführt. 70 Prozent der Reparaturen können laut Burbach vor Ort erledigt werden. Inzwischen seien 90 Anbieter mit mobilen Service-Vans deutschlandweit unterwegs, was vor allem die Kundenbindung stärke.
Ein weiterer interessanter Servicebaustein ist die Telematiklösung, die sich kostenlos nutzen lässt. Ford-Nutzfahrzeuge sind seit 2019 mit einem Modem ausgestattet, das die Daten des Fahrzeugs in Echtzeit übermitteln kann. So können Reparaturen oder mögliche Probleme frühzeitig erkannt und Wartungstermine in der Werkstatt besser geplant werden.
AUTOHAUS Servicegipfel powered by Würth (Mai 2025)
Allwissender Chatbot
Auch der chinesische Autohersteller BYD war auf dem Servicegipfel vertreten – mit dem neuen Aftersales Director Daglef Seeck. BYD möchte den Ausbau der Händlerstandorte in Deutschland massiv vorantreiben: Mitte 2025 waren es gerade 29 aktive Händler, inzwischen sind es über 120. 2026 will BYD seine Präsenz auf über 300 Standorte deutschlandweit erweitern.
Eine herausfordernde Aufgabe, denn die dafür nötige Vertriebs-Manpower lässt sich nicht beliebig bereitstellen. BYD hat deshalb die KI-Lösung "Chat BYD" entwickelt, mit der Händler zahlreiche Informationen über den Hersteller abrufen können. Viele Fragen wiederholen sich, sodass ein Chatbot sinnvoll ist. Chat BYD greift auf rund 500 hinterlegte Dokumente zu. Händler stellen ihre Fragen in einer Chatbox, und das System liefert die bestmögliche Antwort in übersichtlicher Form. Eine Feedback-Funktion ist integriert. Bereits innerhalb weniger Wochen wurden rund 4.000 Fragen von mehr als 400 Personen gestellt.
Winterreifen dominieren noch
Am Ende des Servicegipfels präsentierten Arno Bach, Geschäftsführer des Reifenhändlers RR Team, und Oliver Spinnler, Bereichsleiter bei RR Team, die Situation im Reifen- und Rädergeschäft. Spinnler stellte zudem die neue Funktion bei der Bestellung von Rädern und Reifen vor, die gemeinsam mit dem Softwareanbieter Locosoft und dem Autohersteller Nissan umgesetzt wurde. Der Clou: Sobald Reifen oder Räder im Webshop von RR Team bestellt werden, werden sie automatisch im DMS-System des Händlers angelegt. Das reduziert doppelte Eingaben und spart Zeit sowie Ressourcen. Der Rollout dieser Funktion soll ab 2026 bei allen Nissan-Partnern erfolgen und kann auch für weitere Marken implementiert werden.
Arno Bach gab zum Schluss einen Ausblick auf das Reifengeschäft 2025, das Ende Oktober im Sell-In (Verkauf Industrie an Handel) mit zwei Prozent im Plus liegt. Dabei liegen Winterreifen laut Bach erfreulicherweise vor Ganzjahresreifen, die zwar aufholen, aber weiterhin den größten Marktanteil haben. Zudem zeige sich der Trend, dass Händler bedarfsorientierter bestellen und weniger auf Lager vorhalten.
asp-Werkstattclub powered by TÜV SÜD in Anger
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