Mitfahrt im neuen Porsche Cayenne Turbo - bitte gut anschnallen
Während die Wirtschaftsmedien verkünden, dass Porsche wieder länger und mehr Verbrenner baut, präsentiert die Marke fröhlich ihr nächstes E-Auto: den Cayenne. ntv.de konnte sich bereits von der Dynamik der noch getarnten Turbo-Version überzeugen.
Wie ist das eigentlich nun mit Porsche und der Elektromobilität? Strategiewechsel angeordnet aus der Chefetage, klarer Fall. Mehr Verbrenner für Kunden, die es möchten - das ist gleich aus mehreren Gründen sympathisch. Denn ein sehnsuchtsvoll bollernder Achtzylinder ist eben nicht zu ersetzen - aus der Perspektive des Enthusiasten jedenfalls. Ein elektrischer Antrieb als Ergänzung ist aber auch nicht schlecht, zumindest mittelfristig. Wie die Sache zwei Jahrzehnte später aussehen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Jetzt heißt es für den V8-Fahrer: Komm, setz dich doch mal in den neuen Cayenne Turbo (elektrisch) und lass dich überraschen. In diesem Fall sitze ich auf dem Beifahrersitz im noch leicht getarnten Entwickler. Etwas Theorieunterricht habe ich schon bekommen und ich weiß ungefähr, was auf mich zukommt. Analog zum Macan steht auch der Cayenne auf der sogenannten PPE-Plattform - dennoch können die Komponenten in der weiterentwickelten Ausbaustufe alles besser.
Mit über 1000 PS soll das SUV - man muss beinahe sagen - den Asphalt umpflügen. Fast noch irrwitziger: Bis zu 1500 Newtonmeter Drehmoment produzieren die beiden Triebwerke, um den Tourer nach vorn zu reißen. Die Höchstgeschwindigkeit beziffert Porsche vor der offiziellen Premiere mit "über 250 km/h" (Insider behaupten 270 km/h), aber der Weg dorthin dürfte noch viel eindrucksvoller sein. Binnen weniger als drei Sekunden soll Landstraßentempo stehen, für 200 Sachen soll die Topausführung rund acht Sekunden benötigen. So viel zur Theorie. Darf es ein bisschen Praxis sein?
Cayenne Turbo beschleunigt brachial
Ich sehe den Instruktor schon mit dem linken Fuß die Bremse halten, während er gleichzeitig das Fahrpedal bis zum Anschlag durchdrückt. Man spürt, wie sich der gesamte Antriebsstrang förmlich windet, die Energie muss raus. Dann löst er die Bremse, und der sicherlich kaum unter zweieinhalb Tonnen wiegende Koloss schnalzt nach vorn. Ein paar Sekunden lang fehlt mir die gedankliche Orientierung. Eine heftige Initialbeschleunigung im Sportwagen kann sich wie freier Fall anfühlen.
Das hier mutet noch einen Zacken mächtiger an, geradezu durchschlagend, als werde man im Fall zusätzlich mit etwas Überdimensionalem heruntergewuchtet. Kein Wunder, hier liegt schließlich mehr Drehmoment an, als der bisherige Elektro-König Taycan Turbo GT (1240 Newtonmeter) aufbringt. Und das ist definitiv wild. Eine spezielle, direkte Ölkühlung der Aggregate soll sicherstellen, dass diese Hardcore-Beschleunigung auch reproduzierbar ist und der Strang unter Belastung nicht an Leistung verliert.
Außerdem geht es mit dem Prototypen noch auf einen kleinen Geländeparcours, der auf dem großen Areal des Porsche Experience Centers Leipzig ebenso Platz findet. Die Steigungsstrecke mit 80 Prozent nimmt der Cayenne erwartungsgemäß spielerisch. An der Hinterachse werkelt eine elektronisch geregelte Differenzialsperre, sodass es selbst dann noch weitergeht, wenn die Traktionsverhältnisse mau sind. Serienmäßig rollt der Cayenne luftgefedert durch die Gegend, optional gibt es blitzschnellen Nick- und Wankausgleich mit "Active Ride". In diesem Fall besteht das Ziel darin, den Aufbau unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit in der Waage zu halten. Eine Höhenverstellung des Chassis stärkt wiederum die Geländefertigkeiten. Optionale Features wie Hinterachslenkung oder Keramikbremse treiben das fahrdynamische Können auf die Spitze.
Innenraum ist fancy-futuristisch
Nach den dynamischen Kapriolen geht es entspannt wieder zum Ausgangspunkt zurück. Das neue Interieur kann ich auch noch im zweiten Exponat auf mich wirken lassen. Es steht nämlich im Studio für Sitzproben bereit. Viel, sehr viel Display strahlt die Passagiere in der ersten Reihe an. Wie intuitiv das Menü ausfällt, muss sich noch zu einem späteren Zeitpunkt erweisen. Was man aber schon mal sagen kann, ist, dass die Entwickler mehr Wert auf technoid-ausgefallene Lösungsformen als auf praktische Funktionsweise legen. Denn Lüftungsdüsen per Touchscreen zu steuern, indem ein elektrischer Aktuator bemüht wird, ist und bleibt einfach Overkill - so witzig das im ersten Moment wirkt.
Andererseits bietet das elektrische SUV einige praktische Fähigkeiten, die beim batterieelektrischen Auto bisher ungewöhnlich waren - zumindest in Europa. Dazu zählt beispielsweise eine Anhängelast von 3,5 Tonnen. Als schweres Gespann unterwegs allerdings dürfte der Strom im 113 kWh (brutto) großen strukturintegrierten Akku schnell zur Neige gehen. Doch kein Ding, nachgeladen wird mit 400 kW - in 15 Minuten soll das 80-Prozent-Level wiederhergestellt sein. Getoppt wird diese Ladeleistung nur noch von der Rekuperationsleistung - die beträgt nämlich 600 kW, so etwas gibt es sonst nur im elektrischen Rennsport.
Allerdings geht es weniger bloß um die reine Ladeleistung, sondern vielmehr um die Ladekurve. Und damit die nicht abschmiert, hat Porsche am Thermomanagement der Batterie gearbeitet. So soll beidseitige Aufheizung oder Kühlung des Stromspeichers für eine gute Temperaturverteilung sorgen.
Laden jetzt auch induktiv
Neu ist darüber hinaus, dass der Hersteller eine induktive Ladefunktion anbietet. Diese kommt in Form einer kleinen Platte, die man einfach auf den Garagenboden legen kann. Sie braucht allerdings einen Starkstromanschluss, um ihrerseits elf kW abzugeben.
Damit das Fahrzeug auch richtig über der Platte positioniert werden kann, erscheint im Display eine Grafik, um sicherzustellen, dass man richtig steht - und das sieht man wiederum, wenn das Licht angeht. Somit wäre die Ladeaktivität bestätigt. Sollten sich Tiere oder metallische Gegenstände auf die Platte verirren, schaltet eine Sicherheitsvorkehrung den Ladevorgang automatisch ab.
Mit dem elektrischen Cayenne möchte Porsche versuchen, Petrolheads mit extremer Performance abzuholen. Und da man auf Wunsch auch noch einen Achtzylinder-Sound auflegen kann, vergisst man im Alltag womöglich, dass unter dem Blech zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren arbeiten. Ob sich die sogenannten Gusseisernen durch ein batterieelektrisches Fahrzeug lediglich mit einem Plus an Fahrleistung überzeugen lassen, bleibt hingegen abzuwarten. Marktstart für den elektrischen Cayenne ist nächstes Jahr. Und es wird freilich auch eine weniger extreme Ausführung geben.
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