• Infolge eines Urteils kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Banken Konten kündigen, weil Kunden geänderten AGBs nicht zugestimmt haben.
  • Verbraucherschützer bemängeln, dass die Banken ihre rechtlichen Spielräume nicht nutzen, die Banken fordern ihrerseits Klarheit vom Gesetzgeber.
  • Eine Gesetzesinitiative scheiterte.

Die Saalesparkasse kündigt derzeit hunderte Konten. Die Kontoinhaberinnen und -inhaber hatten nicht rechtzeitig Änderungen der AGB zugestimmt. Im Wesentlichen geht es um Preiserhöhungen, zu denen sich die Kundinnen und Kunden nicht positioniert hatten. Doch eine Zustimmung zu solchen AGB-Änderungen durch die Kunden ist seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2021 rechtlich notwendig (XI ZR 26/20). Infolge des Urteils kommt es nun häufiger zu Kündigungen durch Banken und Sparkassen.

Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden, Kapitalanleger und Versicherungsnehmer in München schreibt auf Anfrage von MDR AKTUELL: "Ja, es handelt sich um ein Massenphänomen." Kündigungswellen etwa bei der Postbank oder anderen Sparkassen zeigten, dass es "kein Nischenthema" sei.

Rechtlich ist das Vorgehen der Geldhäuser zulässig. Kontoinhaberinnen und -inhaber müssen akzeptieren, dass Ihnen bei fehlender Zustimmung zu AGB-Änderungen gekündigt wird. Allerdings blieben nach Ansicht der Schutzgemeinschaft nach dem BGH-Urteil Detailfragen offen. So gäbe es eine "Grauzone", in der es theoretisch möglich wäre, das Schweigen eines Kunden weiterhin als Zustimmung zu AGB-Änderungen zu werten. Juristen sprechen von einer "Zustimmungsfiktion". Doch den Banken sei es zu riskant, die rechtlichen Grenzen auszuloten.

Wann ist eine aktive Zustimmung zu AGB-Änderungen nötig?

Juristisch umstritten ist, ob die aktive Zustimmung der Bankkunden stets eingeholt werden muss oder nur bei wesentlichen Änderungen, die grundlegende Vertragsinhalte betreffen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband ist letzterer Ansicht. "Eine Zustimmungsfiktion kann weiterhin wirksam zur AGB-Änderung eingesetzt werden. Es wurde lediglich eine klare inhaltliche Grenze für die Änderung gezogen: Änderungen am Preis-/Leistungsverhältnis erfordern nunmehr eine aktive Zustimmung", schrieb der Verband bereits 2023 in einer Stellungnahme. Es gehe in dem Urteil um "unangemessene Benachteiligungen" durch AGB-Änderungen.

Nach dieser Lesart könnten die Banken etwa bei rechtlich vorteilhaften Änderungen oder gesetzlich erzwungenen Anpassungen der Geschäftsbedingungen weiter mit der Zustimmungsfiktion arbeiten – und so womöglich ungewollte Kontoschließungen eindämmen. Doch auf Seiten der Banken bestehen Zweifel in Hinblick auf die Spielräume. Der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV), zu dem Sachsen und Sachsen-Anhalt gehören, schreibt auf Anfrage: "Es ist leider so, dass alle AGB-Änderungen und Änderungen der Preise von Dienstleistungen durch Kundinnen und Kunden explizit schriftlich anerkannt werden müssen." Dies sei eine "sehr nachteilige Rechtslage."

Banken möchten Klarstellung durch Gesetzgeber

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken teilt mit, es gäbe kein einheitliches Vorgehen. Jede Regionalbank entscheide eigenverantwortlich über das Vorgehen. Jedoch setze man sich dafür ein, "dass der Gesetzgeber eine für alle Seiten praktikable Regelung herbeiführt."

Der Gesetzgeber sieht sich aktuell jedoch nicht berufen, etwas zu ändern. Erst im Oktober antwortete die Regierung auf eine entsprechende parlamentarische Frage: "Der Koalitionsvertrag erhält hierzu keinen Auftrag, sodass derzeit kein Regelungsvorschlag erarbeitet wird."

Dabei legten CDU und CSU 2023 aus der Opposition heraus einen Gesetzentwurf vor. Die Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch – besser bekannt als BGB – wollte die Union so ändern, dass die Zustimmungsfiktion wieder genutzt werden kann, wenn es sich "nicht um wesentliche Änderungen des Zahlungsdiensterahmenvertrages handelt", die den "Vertragscharakter grundlegend verändern würden". Sprich: Bei Preiserhöhungen sollte die aktive Zustimmung weiter eingeholt werden müssen, sonst nicht.

Insbesondere die SPD bemängelte, dass durch eine solche Regelung die Rechtsunsicherheit nicht beseitigt würde, was eine wesentliche und was eine unwesentliche Änderung sei. Die seinerzeit regierende Ampel-Koalition lehnte die Änderung mit ihrer Mehrheit im Bundestag ab.

Kündigungen als letztes Mittel bei schweigenden Kunden

Das Problem blieb bestehen. Nach wie vor werden offenbar Konten von Kunden geschlossen, die das gar nicht gewollt haben. Unklar ist indes, warum diese Kunden nicht auf die Aufforderungen der Banken reagieren. Der BGH nannte in seinem Urteil als mögliche Gründe: "Lethargie, Desinteresse, intellektuelle Überforderung, Unbeholfenheit, Krankheit oder tatsächliches Einverständnis".

Die Banken betonen, dass sie sich alle Mühe geben, die Kunden zu einer Reaktion zu bringen. Der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken schreibt: "Kündigungen sind nach mehrstufigen und aufwändigen Nachfassaktionen für die AGB-Zustimmungen eine Ultima Ratio." Der Ostdeutsche Sparkassenverband spricht ebenfalls von mehreren Versuchen, die Kunden zur Zustimmung zu bewegen.

Entgegen den Meldungen von zahlreichen Kündigungen durch Banken in den Medien, zum Beispiel hier oder hier, versichert der OSV, dass es um "extrem wenige Fälle" gehe. Im konkreten Fall der Saalesparkasse betreffe es "circa 500 potentielle Kündigungen von 250.000 Konten." Wenn die Kundinnen und Kunden die AGB doch noch anerkennen, würde die Saalesparkasse die Kündigungen sofort zurückziehen.

Der Bundesverband Deutscher Banken, dem rund 180 Privatbanken angehören, äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem Problem.

Kundinnen und Kunden mit unterschiedlichen AGB-Ständen, und mithin verschiedenen Preisen für ihre Dienstleistungen, können oder wollen viele Banken gleichwohl auf Dauer nicht akzeptieren.

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