Vom Hörsaal ins Jobcenter: Immer mehr Akademiker arbeitslos
- Die Agentur für Arbeit meldet immer mehr arbeitslose Akademiker.
- Viele Unternehmen können es sich wegen der Wirtschaftskrise momentan nicht leisten, Nachwuchs einzustellen.
- Junge Absolventen fordern, mehr Stellen speziell für Berufseinsteiger anzubieten.
Fay Uhlmann aus Dresden hat sich die Zeit nach ihrem Bachelorabschluss in Medieninformatik anders vorgestellt. Sie ist mittlerweile vier Monate arbeitslos: "Tatsächlich hat es mich echt überrascht. Ich bin in mein Studium reingegangen und hab gedacht: 'Ok, du studierst was im Informatik-Bereich, da findet man relativ sicher einen Job.' Das war auch letztlich einer der Entscheidungsgründe. Tatsächlich ist es schwerer als gedacht."
Viele Bewerber für wenige Stellen
Nach mehr als 30 Bewerbungen und vier Vorstellungsgesprächen wartet sie immer noch auf eine Gelegenheit, in einem Unternehmen Berufserfahrung sammeln zu können. Bei bis zu 80 Mitbewerberinnen und Mitbewerbern und ohne einschlägige Erfahrungen stehen die Chancen bisher noch nicht besonders gut für Uhlmann.
Wie ihr geht es vielen anderen Absolventinnen und Absolventen, auch aus anderen Fachrichtungen. Und auch die Studierenden der kommenden Abschlussklassen machen sich schon jetzt große Sorgen, weiß Uhlmann.
Agentur für Arbeit meldet immer mehr arbeitslose Akademiker
Die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Leipzig, Tina Marie Reuter, kann das Gefühl der Dresdner Medieninformatikerin mit Zahlen untermauern: "In den letzten drei Jahren ist die Zahl der Arbeitslosen mit akademischer Ausbildung Jahr für Jahr gestiegen. Wir beobachten zum Vorjahresvergleich im November 2024 rund 25 Prozent mehr arbeitslose Akademikerinnen und Akademiker, die bei uns in der Agentur für Arbeit gemeldet sind."
34 Prozent der Kundschaft in der Leipziger Arbeitsagentur seien arbeitslos gemeldete Akademikerinnen und Akademiker. Allerdings seien Menschen mit akademischen Abschluss immer noch deutlich seltener arbeitslos als Menschen mit anderen Abschlüssen. Deutlich zunehmen würde die Dauer ihrer Arbeitslosigkeit. Noch vor einem Jahr sei oft binnen weniger Monate eine neue Stelle gefunden worden, sagt Reuter. Seitdem verlängere sich die durchschnittliche Zeit bis zum Widereinstieg in eine Anstellung stetig.
Junge Menschen in Wirtschaftskrisen oft die ersten Verlierer
Das sei ein übliches Symptom einer Wirtschaftskrise, weiß Simon Jansen vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. "In einer wirtschaftlichen Krise ist es immer so, dass die Arbeitslosigkeit steigt – oftmals auch bei den Jungen zuerst. Denn die haben ja oft noch keinen Job und wir haben beispielsweise in Deutschland Kündigungsschutz. Das heißt, dass Unternehmen ihre Arbeitsnachfrage nur über die Einstellung oder die Frühverrentung anpassen können", erklärt Jansen.
Nur bei einer betriebsbedingten Kündigung sei das etwas anderes. Unter den Akademikerinnen und Akademikern ohne Arbeit seien besonders Personen aus den Naturwissenschaften, IT, Architektur und Marketing und Mediengestaltung. Das hänge damit zusammen, dass Projektmittel wegbrechen oder große Bauvorhaben auf Eis gelegt werden, so Jansen.
Unis passen Studiengänge teilweise an Bedürfnisse der Wirtschaft an
Der Arbeitsmarkt ist im Wandel, das beobachtet auch Kristina Wopat. Sie leitet das Career Center an der Bergakademie in Freiberg. Als kleine Universität könne man besonders schnell auf Arbeitsmarktentwicklungen reagieren, zum Beispiel durch Überarbeitung der Studienausrichtung, erklärt sie. "Wir werden jetzt ab Herbst Studierende im Bachelor ausbilden, die Transformationskompetenz bekommen, quasi als Querschnittskompetenz. Viele Betriebe haben genau mit diesen Transformationsprozessen zu tun und dafür wurde noch niemand in der Vergangenheit als Fachkraft ausgebildet", sagt Wopat.
Außerdem versuche man die Studierenden schon früh mit interessanten Arbeitgebern bei einer hausinternen Unternehmermesse in Verbindung zu bringen. Und es gebe neuerdings auch ein Programm, für Studierende, die sich für den Lehrberuf an Schulen interessieren.
Forderung: Mehr Stellen für Berufseinsteiger
Für Absolventin Fay Uhlmann wäre eine rasche Reaktion der Unternehmen jetzt notwendig: "Es sind so viele Stellen ausgeschrieben wie noch nie, aber es sind meistens Seniorstellen", sagt sie. "Das heißt, es fehlt letztendlich an Fachkräften, das wird auch immer propagiert. Ich glaube, es braucht bessere Angebote für diesen Übergang und mehr Stellen, die auch auf Absolventinnen ausgerichtet sind. Das ist das, was mir auf meiner Suche gerade fehlt."
Uhlmann plant, eine weitere Qualifikation über die Arbeitsagentur in Cybersicherheit zu machen. Sie hofft, damit so bald wie möglich bei einem Unternehmen im Berufsleben ankommen zu können.
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