Volkswagen findet Alternative für Nexperia-Chips
- Krise um Nexperia-Chips: Volkswagen hat Alternative
- Zuvor hatte VW dementiert: Keine Kurzarbeit in Zwickau
- Hintergrund: Niederlande und China streiten um Kontrolle.
- China will jetzt angeblich seine Währung durchsetzen.
Nach der Automobil-, der Elektro- und Digitalindustrie hat nun auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vor Engpässen bei Nexperia-Chips gewarnt. VDMA-Fachverbandschef Thilo Brückner sagte dem "Handelsblatt", das betreffe alle Maschinen mit Verbrennungsmotoren, etwa auch Stromgeneratoren, Baumaschinen oder landwirtschaftliches Gerät.
Konkrete Meldungen aus den Unternehmen über aktuell schon drohende Produktionstopps lagen dem VDMA laut Brückner aber nicht vor. Da der Chip-Bedarf für Maschinen doch eher gering sei, könnten die Unternehmen die Situation zumindest kurzfristig über Lagerbestände abfedern.
Volkswagen berichtet von Alternative
Der niederländische Chip-Hersteller Nexperia liefert bereits seit einigen Tagen keine oder weniger Halbleiter aus als sonst. Die Auto- und andere Branchen in Deutschland befürchten deshalb Probleme für ihre Produktion.
Volkswagen allerdings will jetzt mit einem neuen Zulieferer die Probleme abwenden. "Wir haben einen alternativen Lieferanten, der den Lieferausfall der Nexperia-Halbleiter ausgleichen könnte", sagte VW-Markenvorstand Christian Vollmer dem "Handelsblatt". Es werde gerade mit einem Unternehmen verhandelt, das er jedoch noch nicht nennen wolle.
Zuvor hatte VW erklärte, seine Produktion sei momentan nicht betroffen. "Nexperia ist kein direkter Lieferant des Volkswagen-Konzerns", sagte ein Sprecher. Weil aber "einige Nexperia-Bauteile" von Zulieferern verwendet werden, seien Auswirkungen "kurzfristig nicht ausgeschlossen".
Dementi: Keine Kurzarbeit in Zwickau
Die "Bild"-Zeitung berichtete, dass VW am Mittwoch kommender Woche im Stammwerk Wolfsburg die Bänder des Modells "Golf" stoppen wolle und das VW-Werk Zwickau in Kurzarbeit gehe. Für Zwickau dementierte das jedoch ein Sprecher auf Anfrage von MDR AKTUELL: Die Darstellung sei "falsch".
Auch das sächsische Wirtschaftsministerium konnte den Bericht nicht bestätigen. Wie es auf Anfrage des MDR hieß, stehe man aber im Austausch mit dem Unternehmen. Wirtschaftsminister Dirk Panter sagte: "Die aktuelle Situation bedaure ich sehr." Die aktuelle Chipkrise und Auswirkungen auf die Autobranche sind für den SPD-Politiker allerdings wieder "ein alarmierendes Signal", wie abhängig Europa bei Zukunftstechnologien noch sei.
Warum es jetzt zu dieser Krise kam
Hintergrund ist ein Konflikt um Nexperia. Das Unternehmen in den Niederlanden gehört dem chinesischen Wingtech-Konzern. Im September hatte jedoch die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen und auf Sicherheitsinteressen verwiesen. China belegte Nexperia daraufhin Anfang dieses Monats mit einem Exportverbot für bestimmte Bauteile. Automobil-Hersteller und -Zulieferer erhielten dann bald auch eine Mitteilung des Unternehmens, wonach es die Belieferung mit Chips "nicht mehr in Gänze gewährleisten" könne.
Der niederländische Regierungschef Dick SchoofBildrechte: picture alliance/dpa/AP | Phil NijhuisDer niederländische Regierungschef Dick Schoof verteidigte beim EU-Gipfel in Brüssel jetzt das Vorgehen bei Nexperia als einen ganz "vernünftigen Schritt", gegen "Missmanagement durch einen Konzernchef" bei Nexperia.
Das richte sich nicht gegen China, betonte er: "Wir arbeiten hart an einer Lösung", also daran, "dass gute Unternehmensführung eingesetzt wird". Seine Regierung sei in Verhandlungen mit dem chinesischen Handelsministerium und im Kontakt auch mit der deutschen Regierung. Was genau dem bisherigen Management vorgeworfen wird, blieb dabei jedoch weiter offen.
Bundesregierung reagiert alarmiert
Die Bundesregierung zeigte sich am Mittwoch alarmiert: Mit dem Wirtschaftsministerium hatte es am Abend ein Gespräch mit Verbänden und Unternehmen der Auto- und Elektroindustrie gegeben.
"Wir suchen nach Lösungen", hatte kurz zuvor ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums gesagt. Der Wirtschaftsjournalist Philipp Mattheis meinte bei MDR AKTUELL, man hätte durchaus wissen können, dass sich China das Vorgehen der Niederlande so nicht gefallen lasse.
Nexperia beliefert viele Auto-Hersteller und ihre Zulieferer, die Chips in Steuergeräten verbauen. Nach einem Bericht vom "Handelsblatt" könnten die Probleme aber auch andere deutsche und europäische Industrien treffen. Eine Auswertung zeige, dass alle europäischen Konzerne in Luftfahrt und Verteidigung Nexperia-Chips nutzen. Im Maschinenbau seien es 95 Prozent, in der Medizintechnik 86 und in der Autobranche immerhin 49 Prozent.
China will angeblich Yuan durchsetzen
Die chinesische Tochter des Chipherstellers darf nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters ihre Lieferungen an chinesische Kunden wieder aufnehmen. Bedingung sei jedoch, die Geschäfte künftig in Yuan statt in US-Dollar abzuwickeln, sagten laut Reuters zwei "Insider". So solle der China-Ableger wohl unabhängiger vom niederländischen Mutterkonzern werden. Nexperia selbst wollte sich dazu nicht äußern, warnte dabei allerdings vor möglichen Qualitätsproblemen in dem chinesischen Werk.
Das Thema dürfte kommende Woche auch beim Treffen zwischen EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao in Brüssel zur Sprache kommen. Dabei sollte es aber vor allem um neue chinesische Export-Beschränkungen für seltene Erden gehen.
Reuters/AFP/dpa/MDR (ksc)
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