Peking verschärft seine Exportkontrollen für seltene Erden immer weiter und eskaliert so den Zollkrieg mit den USA. Außerdem hortet die Volksrepublik bereits ein weiteres sehr seltenes Metall. Das könnte sogar Deutschlands Aufrüstungspläne gefährden.

China geht bei der Versorgung seiner Wirtschaft mit Rohstoffen strategisch vor. Dass die Volksrepublik ihr faktisches Monopol auf den Abbau und die Produktion sogenannter seltener Erden als Waffe im Handelskrieg mit den USA einsetzt, ist inzwischen ein offenes Geheimnis. Erst Ende vergangener Woche hat Peking weitere Ausfuhrgenehmigungen auch für Technologien und Maschinen zur Produktion der 17 unersetzlichen Mineralien in Kraft gesetzt, ohne die in weiten Teilen der Hightechindustrie nichts läuft, nachdem im April Kontrollen für den Export der kritischen Metalle eingeführt worden waren.

Aus Sorge, dass China die Lieferungen erneut massiv drosseln und die Versorgung der US-Tech-Industrie mit Hochleistungsmagneten wieder gefährden könnte, hat US-Präsident Donald Trump sofort drakonische Vergeltungszölle von 100 Prozent auf alle chinesischen Waren angedroht. Doch dieser offene Schlagabtausch um seltene Erden ist nur die sichtbarste Seite von Chinas seit Monaten eskalierendem Rohstoffkrieg mit dem Westen. Er verstellt den Blick darauf, dass Peking längst weitere Schlachtfelder aufgemacht hat. Es dreht Deutschland auch den Germanium-Hahn zu. Und eine weitere, bereits laufende Attacke hat nicht nur das Potenzial, weite Teile der deutschen Industrie lahmzulegen wie bei seltenen Erden. Sie könnte auch Deutschlands militärische Wiederaufrüstung gefährden.

Treibstoff für Chinas Flugzeug-Offensive

Dabei geht es um Rhenium, ein extrem seltenes, kritisches Metall für die Flugzeugindustrie, von dem die meisten Menschen wohl noch nie etwas gehört haben dürften. Seit Anfang des Jahres hat der Preis laut dem Spezialmetallhändler Tradium von gut 2000 Dollar pro Kilo auf mehr als 4000 Dollar pro Kilo zugelegt. Wie bei den seltenen Erden und bei Germanium steckt auch hier dahinter ein strategischer Wandel in Chinas Rohstoffpolitik. Im Zuge des Zollkriegs ist der Flugzeugbau ebenfalls zum Zankapfel zwischen Washington und Peking geworden. China ist weitgehend von Boeing-Jets aus den USA abhängig. Trump hat deshalb ein Exportverbot von Boeing-Ersatzteilen in die Volksrepublik ins Spiel gebracht.

Peking reagiert darauf mit dem Versuch, seine eigene Flugzeugindustrie zu pushen. Mit dem Comac C919 hat China auch längst ein Passagierflugzeug, das vollständig im Reich der Mitte entwickelt und von dem Staatskonzern gebaut wird. Der Flieger ist Chinas Antwort auf den Airbus A320 und die Boeing 737 aus dem Westen. Obwohl Peking seine staatlichen Airlines längst verpflichtet hat, die Maschinen zu kaufen, schreibt er immer noch rote Zahlen.

Das liegt daran, dass viele Teile wie etwa die Triebwerke für die C919 aus dem Ausland kommen. Seit Trump seinen weltweiten Handelskrieg vom Zaun gebrochen hat, drückt China deutlich auf die Tube, um die Produktion hochzufahren und unabhängig vom Westen zu werden. Und dabei kommt Rhenium ins Spiel: Das Metall ist essenziell als Zutat für nickelbasierte Superlegierungen, aus denen die Turbinenschaufeln moderner Jet-Triebwerke gegossen werden.

Peking kauft den Markt leer

Sie drehen sich mit bis zu 20.000 Umdrehungen pro Minute und müssen Temperaturen von bis zu 2000 Grad Celsius standhalten. Rhenium ist eines der härtesten und dichtesten Metalle der Welt mit einem der höchsten Schmelzpunkte, das noch dazu bei Kontakt mit Sauerstoff kaum oxidiert. Im Periodensystem steht es direkt neben Wolfram, das für panzerbrechende Munition verwendet wird. Daher macht Rhenium Turbinenblätter extrem bruchfest und hitzebeständig. Ohne Rhenium hebt heute kein moderner Jet mehr ab.

Um seine Flugzeugproduktion anzukurbeln, hat China schon 2024 begonnen, sich einen strategischen Rhenium-Vorrat anzulegen und dafür den Markt systematisch leerzukaufen. Das ist nicht besonders schwer: Rhenium ist eines der seltensten Elemente in der Erdkruste. Gerade mal 62 Tonnen des Metalls wurden laut der US-Behörde USGS im vergangenen Jahr weltweit produziert.

Die USA wollen Rhenium daher in diesem Jahr wieder auf ihre Liste kritischer Metalle setzen - genau wie seltene Erden. "Es ist zu erwarten, dass China seine Luftfahrtindustrie langfristig stärkt und wie bei den seltenen Erden ebenso bei Rhenium eine strategische Agenda verfolgt", sagt Tradium-Experte Frank Meier. Ein Nachfragerückgang sei daher unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Perspektivisch werde der Bedarf für die chinesische Luftfahrtindustrie weiter steigen.

Weiterer Rohstoff-Hebel

Für den Rest der Welt ist das ein Riesenproblem. Denn der Bedarf an Flugzeugen - und damit auch an Rhenium - wird in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen. Sowohl Airbus als auch Boeing rechnen damit, dass in den kommenden 20 Jahren über 40.000 neue Passagier- und Frachtflieger gebraucht werden, weil in die Jahre gekommene und ineffizientere Flotten schrittweise ausgetauscht werden.

Hinzu kommt der militärische Bedarf: Um Europas Armeen wiederaufzurüsten und Russlands territoriale Ambitionen abzuschrecken, sind in den kommenden zehn Jahren Hunderte neue Kampfjets nötig. Und ein echter Ersatz für Rhenium ist nicht in Sicht: "Es bestehen keine realen Chancen auf Substituierungsmöglichkeiten in Legierungen, die in Turbinenschaufeln und -gehäusen eingesetzt werden. Dort auf Rhenium zu verzichten, würde einen erheblichen Rückschritt bei der Qualität bedeuten", sagt Meier.

Einziger Lichtblick: Anders als bei seltenen Erden kontrolliert China die Produktion von Rhenium nicht. Etwa die Hälfte der globalen Rhenium-Produktion kommt aus Chile, der Rest aus Polen, den USA und zunehmend auch aus dem Reich der Mitte. Doch mit seiner Nachfragemacht kann Peking den Markt und die Preise dominieren: Schon 2023 hat China die USA als größten Käufer von Rhenium in Chile abgelöst und faktisch die gesamte Jahresproduktion des Metalls abgesaugt. Einen Börsenhandel gibt es nicht, der Markt ist von langjährigen Lieferverträgen geprägt.

Und den Rhenium-Abbau kurzfristig zu erhöhen, ist kaum möglich. Das Metall ist so selten, dass es nicht einmal eigene Mineralien ausbildet, sondern nur als Nebenprodukt eines Nebenprodukts anfällt: beim Abbau von Molybdän, das wiederum bei der Kupfergewinnung entsteht. Rhenium kann überhaupt nur gewonnen werden, indem beim Rösten von Gestein winzige Mengen rheniumhaltiger Gase aufgefangen, in Säure umgewandelt, chemisch gereinigt und verfestigt werden. Ein extrem aufwändiges und teures Verfahren. China hat im Handelskrieg mit den USA auf absehbare Zukunft einen weiteren Rohstoff-Hebel gefunden.

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