Das klare Bekenntnis zum Verbrenner zeigt, wie es um die Autoindustrie bestellt ist
In überraschender Einigkeit standen sie beim Autogipfel vor den Kameras – Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD). Ginge es allein nach dem Willen der Bundesregierung, so muss man jetzt schließen, dann wird das umgangssprachliche Verbrenner-Aus 2035 in seiner jetzigen Form zumindest aufgeweicht. Merz hatte sich schon im Vorfeld des Gipfels – offiziell Autodialog – klar dazu bekannt, nun drehte er noch einmal auf: „Einen harten Schnitt 2035 darf es nicht geben.“ Und später: „Einen solchen harten Schnitt im Jahr 2035 wird es, wenn es nach mir geht, ... nicht geben“. Und er werde alles tun, um das zu erreichen.
Dass Merz hier fast in Manier seines Parteikollegen, des Europa-Politikers Manfred Weber, sein politisches Schicksal an den Verbrenner hängt – mit Einschränkungen im Kleingedruckten –, ist aber nicht das eigentlich überraschende. Sondern vielmehr die recht deutliche Zustimmung seines Koalitionspartners in Gestalt von Lars Klingbeil, der nach der nächtlichen Sitzung des Koalitionsausschusses doch etwas zermürbt wirkte.
Die SPD also öffnet sich für eine Flexibilisierung des Verbrenner-Verbots bei der Frage von Plug-in-Hybriden, Range-Extendern und Beimischungen. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hatte wenige Tage vor dem Autogipfel noch an der Vorgabe festgehalten.
Dass sich sowohl die oft zerstrittenen Koalitionspartner als auch Arbeitgeber-Verband und Gewerkschaft nun in ungeahnter Einigkeit um den Verbrenner scharen, unterstreicht, wie schlimm es um die deutsche Autoindustrie bestellt ist. Zumal sogar die SPD hier explizit Forderungen von Industrieverbänden übernimmt.
Die waren nämlich schon zuvor mit diesen juristischen Kniffen um die Ecke gekommen. Im entsprechenden Gesetzestext zum sogenannten Verbrenner-Aus ist nämlich von einem Verbot des Verbrennungsmotors gar keine Rede. Er schreibt lediglich vor, dass neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 kein Kohlendioxid mehr ausstoßen dürfen. Das schließt den Verbrenner nur indirekt aus.
Sagt man nun, die Emissionen müssten nur um 90 Prozent gesenkt werden, ließe das etwa Raum für Technologien wie Plug-in-Hybride und Range Extender. Der feine Kniff: Von politischer Seite kann man der Industrie entgegenkommen, ohne die eigene Regulierung komplett über den Haufen zu werfen. So ist es wohl zu verstehen, wenn auch Klingbeil jetzt Töne anschlägt wie, dass man „nicht mit dem Kopf durch die Wand“ wolle.
Dass nebenbei noch eine Verlängerung der Kfz-Steuer-Befreiung für Elektroautos und eine neue E-Auto-Prämie versprochen wurde, wirkte neben dem grundlegenden Bekenntnis und dem demonstrativen Miteinander – von der gelegentlichen kleinen Spitze abgesehen – fast wie eine aktionistische Deko. Zumal die Details erst noch ausgearbeitet werden müssen.
Viel interessanter allerdings ist die Frage, wie man das neue „Aus vom Aus“ in Brüssel politisch durchsetzen will. Und ob Merz‘ persönliches Versprechen letztlich in den Brüsseler Mühlen zerrieben wird.
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