Woher die Skepsis bei gebrauchter Technik kommt
Gebraucht statt neu: Beim Kauf von Elektronikgeräten wäre das ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit. Doch Studien zeigen, dass die große Mehrheit immer noch lieber zur Neuware greift.
Heute muss Eva Hahnau Überzeugungsarbeit leisten. Die Umweltberaterin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen spricht an einem Stand auf dem Markt in Brühl bei Köln immer wieder Besucherinnen und Besucher an. Neben ihr steht ein großer Aufsteller, der eine Pyramide zeigt. "Es ist die Pyramide für nachhaltigen Konsum", erklärt sie.

Zunächst nutzen, was man hat - Tipps der Verbraucherzentrale NRW in der Pyramide für nachhaltigen Konsum.
"Sie soll veranschaulichen, wie wir am nachhaltigsten handeln. Also zum Beispiel ein Smartphone so lange wie möglich zu nutzen, es reparieren zu lassen, anstatt es wegzuwerfen. Und wenn das nicht mehr geht, dann lieber zu schauen, ob man sich ein Gebrauchtes kaufen kann - anstelle eines Neugeräts."
Das Problem ist offensichtlich: Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung führen zu einer immer höheren Umweltbelastung. Die Menge an Elektroschrott wächst ungebrochen. Nach Angaben des "Global E-Waste Monitor 2024" steigt sie weltweit von 62 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf voraussichtlich 82 Millionen Tonnen im Jahr 2030.
Mehrheit versucht, Geräte reparieren zu lassen
Immerhin scheint ein Teil der Deutschen beim Kauf ihres Smartphones, Tablets oder IT-Geräts auf Gebrauchtware zurückzugreifen. Das besagt eine repräsentative Umfrage des Forsa Instituts, die der TÜV-Verband in Auftrag gegeben hat. Demnach haben 35 Prozent der Deutschen in den vergangenen zwei Jahren ein Gebrauchtgerät gekauft.
Den Kundinnen und Kunden sei es dabei wichtig, dass die Geräte reparatur- und recyclingfähig seien, sagt der Präsident des TÜV-Verbands, Michael Fübi: "Damit sich der Kauf eines gebrauchten Geräts lohnt, muss die Langlebigkeit des Produkts gewährleistet sein."
Der Grund für die Neuanschaffung sei häufig gewesen, dass das Smartphone einen Defekt hatte, der Akku nicht mehr richtig funktioniert habe, das Display defekt sei oder es Probleme mit dem Ladeanschluss gebe. Viele Kundinnen und Kunden versuchen, das Gerät noch reparieren zu lassen. Laut TÜV-Befragung sind es 58 Prozent. 42 Prozent verzichteten auf eine Instandsetzung und nennen als Hauptgründe, dass sich das nicht mehr gelohnt habe oder die Kosten zu hoch gewesen seien.
Deutschland Schlusslicht beim Kauf gebrauchter Geräte
Vodafone Deutschland hat ebenfalls eine Studie in Auftrag gegeben. Hier wurden Handynutzer in Deutschland, Frankreich, Schweden, Spanien und dem Vereinigten Königreich befragt. Die Ergebnisse sind laut Michael Jungwirth, der bei Vodafone Deutschland in der Geschäftsleitung sitzt und dort unter anderem den Bereich Nachhaltigkeit leitet, ernüchternd: Zwei Drittel der internationalen Handy-Nutzenden kennen demnach die Angebote, aber nur jeder Dritte hat sie schon mal in Anspruch genommen - in Deutschland sogar nur jeder Vierte.
"Die Ergebnisse der Studie sind zugleich Weckruf wie Hoffnungsschimmer", so Jungwirth. Weckruf, weil sie zeigten, dass Umdenken nicht ausreiche. "Hoffnungsschimmer, weil jeder einzelne etwas zur Umsetzung beitragen kann: Die Industrie mit noch besseren Angeboten. Die Politik mit noch mehr Aufklärung. Doch vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher - mit der nächsten Kaufentscheidung", so der Experte.
Ein Lichtblick: Wer sich einmal für refurbished entscheidet, bleibt meist dabei. 81 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer, die schon mal ein aufbereitetes Gerät gekauft haben, planen laut Umfrage, dies wieder zu tun.
Bei Gebrauchtgeräten auf Garantiebedingungen achten
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen rät dazu, beim Kauf gebrauchter Waren einige Dinge beachten. "Prüfen Sie die Rücksende- und Garantiebedingungen: Welche Zeiträume gelten und welche Fristen müssen Sie beachten? Erkundigen Sie sich über mögliche Testzeiträume: Können Sie das gebrauchte Gerät testen und erst später zurückschicken, wenn es Ihnen nicht zusagt?" Das sind einiger der Hinweise der Verbraucherzentrale.

Eva Hahnau von der Verbraucherzentrale NRW wirbt dafür, sich häufiger für Gebrauchtes zu entscheiden.
Insbesondere beim Kauf von "Refurbished"-Produkten solle man genau die Beschreibung beachten: "Achten Sie darauf, wie Begriffe wie "Wie neu" vom Portal definiert werden. Wenn beispielsweise keine Originalteile im Gerät verbaut sind oder zwecks Reparatur ausgetauscht wurden, könnten Sie später Probleme mit der Herstellergarantie bekommen."
Umweltberaterin Hahnau weist noch darauf hin, dass man darauf achten sollte, dass Elektrogeräte später reparierbar sind: "Wichtig ist, dass man sie im Zweifelsfall aufschrauben und Teile wechseln kann."
Viele Geräte liegen ungenutzt in der Schublade
Es gibt noch viel Potenzial, ungenutzte Ressourcen zu nutzen: Mehr als die Hälfte aller alten Geräte bleiben laut Vodafone-Studie ungenutzt in der Schublade. Die Geräte enthalten wertvolle Rohstoffe wie Gold, Silber und Kupfer, die durch Recycling wiederverwendet werden könnten.
Laut den Ergebnissen der TÜV-Studie wünschen sich Verbraucherinnen und Verbraucher zwar umweltfreundliche Produkte, entscheiden beim Kauf aber meist nach anderen Kriterien: Nur für 17 Prozent sind beim Kauf Nachhaltigkeitsaspekte ausschlaggebend.
Für 59 Prozent sind Faktoren wie Preis, Funktionalität und Design wichtiger. Und für fast jeden Fünften (19 Prozent) spielt Nachhaltigkeit beim Kauf technischer Geräte gar keine Rolle.
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