Das nächste Bosch-Beben —Autozulieferer streicht weitere 13.000 Stellen in Deutschland
Es ist ein Schock mit Ansage. Vergangene Woche bereits kündigten Markus Heyn, Chef der Mobilitätssparte von Bosch, und Arbeitsdirektor Stefan Grosch an, dass man die jährlichen Kosten beim Autozulieferer bis 2030 um weitere 2,5 Milliarden Euro senken wolle. Am Donnerstag folgte dann der Paukenschlag: Man rechne mit einem „weiteren Abbaubedarf von etwa 13.000 Stellen“ an deutschen Standorten. Das ist fast jeder Fünfte der gut 70.000 Mitarbeiter, die Bosch Mobility eigenen Angaben zufolge in Deutschland beschäftigt.
Der verschärfte Sparkurs übertrifft damit die schon im vergangenen Jahr angekündigten 9000 Stellenstreichungen in der Mobilitätssparte noch einmal deutlich, von denen laut Bosch aktuell bereits die Hälfte vollzogen ist. Das bisherige „hohe Beschäftigungsniveau“ sei hierzulande nicht zu halten, teilte das Unternehmen mit. Man sei bei der Planung von der aktuellen Marktlage und Regulatorik ausgegangen. Sollten sich diese drastisch verschlechtern, schloss Stefan Grosch in einer Pressekonferenz auch weitere Stellenstreichungen nicht aus.
Frank Sell, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Bosch Mobility, kündigte ob des Stellenabbaus dieser „historischen Größenordnung“ Widerstand an. „Wir können und werden den Personalabbau in dieser Höhe nicht akzeptieren“, erklärte Sell. „Es ist klar, dass das jetzt ein extrem heißer Herbst für uns wird, weil wir natürlich kämpfen werden wie die Löwen.“
Einige Standorte sind Bosch zufolge besonders betroffen. In Waiblingen etwa soll die Produktion für Verbindungstechnik bis 2028 auslaufen. Hier beschäftigt das Unternehmen im Mobilitätsbereich aktuell rund 560 Mitarbeitende. Weitere 3500 Stellen werden bis 2030 am Standort Feuerbach wegfallen, davon rund 1500 im Werk für Antriebskomponenten. In Schwieberdingen sind es 1750 Stellen in den Bereichen Power Solutions, Electrified Motion und Mobility Electronics. Etwas geringer fallen die Kürzungen in Bühl und Homburg aus, wo 1550 beziehungsweise 1250 Stellen betroffen sind – ebenfalls bis 2030. Vor Journalisten betonte das Unternehmen, man werde sich weiterhin an die Beschäftigungssicherung bis 2027 halten.
Als Begründung für den neuen Sparbedarf hatte Grosch schon im Vorfeld die Renditeziele genannt. 2024 habe Rendite nur bei 3,8 Prozent gelegen – deutlich unter den angestrebten 7 Prozent. Die brauche man aber, um als Stiftungsunternehmen langfristig finanziell unabhängig zu bleiben. „Wir müssen dringend an der Wettbewerbsfähigkeit im Mobility-Bereich arbeiten und unsere Kosten weiter dauerhaft senken“, erklärte Grosch. „Bedauerlicherweise kommen wir dabei auch nicht um einen weiteren Stellenabbau über das bereits kommunizierte Maß herum.“
Bosch erwartet für 2025 nur leichtes Wachstum
Die Umstände spielen Bosch aktuell nicht in die Hände. Der Wandel zur Elektromobilität läuft deutlich langsamer als zunächst prognostiziert, der globale Automarkt stagniert und zugleich wächst auch im Zuliefererbereich bei Schlüsseltechnologien die Konkurrenz aus China. Der dort tobende Preiskampf macht es Heyn zufolge auch schwerer, Preiserhöhungen durchzusetzen und so die Renditen zu steigern. Das schlägt sich auch im Umsatz des Gesamtkonzerns nieder, der 2024 leicht geschrumpft war. In diesem Jahr erwartet Bosch immerhin wieder ein leichtes Wachstum von knapp zwei Prozent.
Schon 2024 hatte Bosch daher weltweit gut 11.500 Stellen gestrichen – rund 4500 in Deutschland. Erst im Juli hatte das Unternehmen außerdem angekündigt, die Steuergerätefertigung in Reutlingen schrumpfen zu wollen. Bis zu 1100 Stellen könnten dadurch bis ins Jahr 2029 wegfallen. Unternehmensangaben zufolge beschäftigt Bosch in Deutschland aber noch immer 129.600 Mitarbeiter und gehört damit zu den größten Arbeitgebern des Landes. Grosch betonte trotz des aktuellen Stellenabbaus: „Wir stehen zum Standort und auch zu Europa.“ Man habe im vergangenen Jahr 30 Prozent der Investitionen an deutschen Standorten getätigt. Es sei aber wichtig, dass sich die Standortbedingungen verbessern.
Auf der IAA hatte sich Bosch zuletzt bemüht, Zukunftswege für seine Mobility-Sparte aufzuzeigen, die immer noch für etwa zwei Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich ist. Mit sogenannten By-wire-Technologien für Bremse und Lenkungen rechnet Bosch bis 2023 mit einem kumulierten Umsatzwachstum von über 7 Milliarden Euro. Hydraulische oder mechanische Steuerverbindungen werden dabei durch elektronische Signale ersetzt. Über die Software, die Bosch unter dem Namen „Vehicle Motion Management“ ebenfalls liefert, lässt sich anschließend beispielsweise das Fahrverhalten des Autos zentral steuern – vom Antrieb bis zu Lenkung und Bremse. By-wire-Lösungen gelten daher Schlüsseltechnologie des softwaredefinierten Fahrzeugs und des autonomen Fahrens.
„Bosch Mobility kann sich im stark umkämpften globalen Wettbewerb durchsetzen – davon bin ich überzeugt“, erklärte Markus Hayn bei der Vorstellung des neuen Sparprogramms kämpferisch. „Doch wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen und aus eigener Kraft unsere Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Die Zeit drängt.“
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Steffen Bosse ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie und der Beratungsbranche.
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