Große Hoffnungen auf Evelyn Palla
Wenn Evelyn Palla als erste Frau an die Konzernspitze der Bahn tritt, warten gewaltige Aufgaben auf sie. Doch die erfahrene Managerin kann auf breite Unterstützung bauen.
Die Fotos, die Evelyn Palla in der Führerkabine zeigen, sind nicht gänzlich gestellt: Tatsächlich verfügt die designierte Bahnchefin als einziges Vorstandsmitglied über einen Triebfahrzeugführerschein. Diesen hatte die bald 52-Jährige im vergangenen Jahr als Chefin der DB Regio erworben.
Eine wichtige Geste für die angestrebte Nähe zum Personal, die auch in den kommenden Jahren der Sanierung auf die Probe gestellt werden dürfte. Daneben bringt Palla eine reiche Berufserfahrung von außerhalb des staatseigenen Konzerns mit.
Ihre berufliche Laufbahn startete die Südtirolerin 1997 bei Siemens in Großbritannien. 1999 lagerte Siemens sein Halbleitergeschäft aus, Palla wechselte zu dem daraus entstandenen Chiphersteller Infineon nach München, wo sie bis 2001 im Produkt-Controlling arbeitete. Ab 2003 war sie bei E.ON in München, Köln und Mailand tätig.
2011 wechselte sie zu den Österreichischen Bundesbahnen nach Wien. Dort war sie ab 2015 im Vorstand für den Regionalverkehr zuständig. Seit 2019 ist Palla bei der Deutschen Bahn. Sie begann als Finanzvorständin bei DB Fernverkehr, im Juli 2022 übernahm sie dann den Chefsessel bei der für den Regionalverkehr zuständigen Konzerntochter DB Regio.
Breite Unterstützung trotz Kritik
Jetzt dürfte sie als erste Frau Vorstandsvorsitzende des gesamten Konzerns werden. Zwar kündigte die Bahngewerkschaft EVG Widerstand gegen ihre Ernennung an. Die EVG-Vertreter im Aufsichtsrat würden am Dienstag nicht für den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) stimmen, kündigte Gewerkschaftschef Martin Burkert an. Die Kritik richte sich aber nicht gegen Palla, sondern gegen den Kandidaten für den Vorsitz der Infrastruktur-Sparte DB InfraGo, Dirk Rompf. Über Palla könne er "nichts Negatives sagen", so Burkert. Sie habe "Teamplayer-Eigenschaften, sie hat DB Regio nach vorne gebracht, das muss man ihr attestieren".
Auch wenn sich der Aufsichtsrat nicht sofort für Palla entscheiden kann, scheint diese Personalie doch kaum umstritten und dürfte nach einem Vermittlungsprozess durchgewunken werden.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält Palla jedenfalls für eine "sehr gute Wahl". Der Kanzler sei überzeugt, dass sie mit ihrer Erfahrung als erfolgreiche Managerin bei der DB Regio und ihrer großen fachlichen Expertise die Bahn wieder zurück in die Erfolgsspur bringen könne, sagte Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille. Mit Palla komme ein starke Persönlichkeit an die Spitze der Bahn, die für Erfahrung und Neuanfang stehe.
Auch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßten die Nominierung. Eine breite Unterstützung ist in dieser Position bitter nötig, gilt doch der Job des Bahnchefs als einer der schwierigsten im Land.

Reaktionen auf neue Bahn-Strategie von Verkehsminister Schnieder
Griet von Petersdorff, RBB, tagesschau, 22.09.2025 16:00 Uhr"Wir räumen auf"
Allerdings scheint der Zeitpunkt für die neue Führung günstig, denn angesichts der laut Schnieder dramatischen Lage der Bahn und der bereits beschlossenen Sanierungsschritte könnten die schlimmsten Jahre vielleicht bereits hinter dem Konzern liegen.
Palla zeigte sich jedenfalls bei ihrer Vorstellung in Berlin selbstbewusst: "Wir nehmen heute den Taktstock für eine neue Ära in die Hand", erklärte sie. "Eine Ära, in der wir uns wieder auf das konzentrieren, was uns im innersten Kern ausmacht: das Eisenbahngeschäft." Damit sprach sie das Ziel an, den Zugbetrieb im Vergleich zu anderen Beteiligungen des Konzerns wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen. "Wir räumen auf", so Palla.
Die Bahn müsse sich von Grund auf erneuern und zum verlässlichen und lösungsorientierten Partner von Bund, Ländern und Kommunen werden. Bürokratie, Doppelstrukturen und "unnötige Beteiligungen" sollen abgebaut werden. Die Bahn müsse mutiger, klarer und schneller werden.
Gewaltige Aufgaben
Dabei wird die marode Infrastruktur, das Grundübel, aus dem ein Großteil der Verspätungen, Ausfälle und Unannehmlichkeiten erwächst, auch Pallas Zeit als Bahnchefin auf Jahre hin begleiten. "Nichts wird schnell gehen", räumte Palla mit Blick darauf ein. "Das ist kein Sprint. Die Sanierung der Eisenbahn-Infrastruktur ist ein Marathon."
Nach neuester Planung wird die Generalsanierung der Korridore, in denen die meistbefahrenen Strecken komplett gesperrt und umfahren werden müssen, noch bis mindestens 2036 dauern.
Aber nicht nur die Konzern- und Infrastruktur, auch Fragen der Betriebsstabilität, der anhaltende Personalmangel und streitbare Gewerkschaften machen Pallas neue Aufgabe zu einer echten Herausforderung. Und hinter allem steht das Dauerproblem der Finanzierung, um die sich eine neue Debatte zwischen Finanz- und Verkehrsministerium anbahnt. "Ohne Geld kann auch Frau Palla nicht viel gestalten", fasste Noah Wand von Pro Bahn Hessen das Finanzierungsproblem zusammen.
Was die betriebswirtschaftliche Seite des Staatskonzerns angeht, scheint die neue Personalie vorsichtige Hoffnungen zu rechtfertigen. Im ersten Halbjahr schaffte DB Regio unter Palla einen Trendwechsel und verbuchte ein operatives Ergebnis von 103 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2024 hatte an dieser Stelle noch ein dickes Minus gestanden.
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