Bahnverbände zerpflücken Schnieders Agenda als "Fehlstart"
Verkehrsminister Schnieder stellt seine Pläne für die Deutsche Bahn vor und erntet sofort Kritik. Wettbewerber bemängeln fehlende Ziele, die Allianz pro Schiene sieht einen "Fehlstart". Weiter geht FDP-Politiker Dürr: Er nennt das Programm eine "Agenda für verlorenes Geld der Steuerzahler".
Die Wettbewerber der Deutschen Bahn und Eisenbahnverbände kritisieren die neue Bahnstrategie von Verkehrsminister Patrick Schnieder als unzureichend. Die am Vormittag vorgestellte "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene" werde keinen Turnaround beim Staatsbetrieb DB herbeiführen, teilten die Verbände mofair und Die Güterbahnen in einer gemeinsamen Erklärung mit. Zwar sei ein Problembewusstsein beim Minister vorhanden, die Strategie sei jedoch in dieser Form zu einfach gestrickt.
"Schnieders Anspruch, über die DB - beziehungsweise den Schienenverkehr grundsätzlich - in fünf bis zehn Jahren Auskunft zu geben, erfüllt die Agenda nicht", heißt es weiter. "Sie enthält keine konkreten verkehrlichen Ziele und kaum messbare Zahlen." Zudem seien die vom Bund gewährten Rahmenbedingungen vage und die Änderungen am Steuerungskonzept deutlich zu schwach. Auch die geforderte maximale Transparenz bei der Mittelverwendung der Infrastrukturtochter DB InfraGo werde durch die vorgestellten Maßnahmen zur Entflechtung nicht erreicht.
Positiv bewerteten die Verbände jedoch, dass mit der Abschaffung des Infrastrukturressorts im Konzernvorstand eine ihrer zentralen Anforderungen erfüllt werde. Als "Warnsignal" sehen sie es jedoch an, dass sich die Strategie einseitig am Personenverkehr abarbeite und dem Güterverkehr auf der Schiene praktisch keine Bedeutung beimesse. Dies zeige, dass man sich auf populäre Themen konzentriere, "ohne den gesamten Eisenbahnverkehr in den Blick zu nehmen". Der Verband mofair vertritt Wettbewerber im Personenverkehr, Die Güterbahnen die Konkurrenten im Frachtgeschäft.
Verband sieht "Fehlstart"
Auch der Verband Allianz pro Schiene sieht Schwachstellen bei Schnieders Eckpunkten. Geschäftsführer Dirk Flege sagte, es sei noch keine Bahnstrategie. Angesichts der Ablehnung der designierten neuen Konzernchefin Evelyn Palla durch die Gewerkschaft EVG sagte er weiter, wenn "Vertrauen" in den Eckpunkten als strategisches Ziel genannt werde, dann sei das beim Vertrauen ein "Fehlstart".
Flege betonte: "Wenn die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat im Vorfeld nicht so eingebunden worden ist, dass das vom Minister präsentierte Personal auf Zustimmung stößt, hat man hier offenbar in der Vorfeldkommunikation etwas falsch gemacht." Es habe bereits Orientierungslosigkeit durch die Ankündigung im Vorfeld der Präsentation der Strategie gegeben, dass der bisherige Bahnchef Richard Lutz gehen müsse. "Jetzt droht das so weiterzugehen. Das ist für den Eisenbahnverkehr in Deutschland keine gute Nachricht."
Wie auch der Verband der Bahnindustrie und der Bundesverband Schienennahverkehr begrüßte Flege im Grundsatz Schnieders Eckpunkte. Die Arbeit aber sei mitnichten getan. Flege nannte etwa die Frage, wie genau das "Gemeinwohl" bei der Infrastruktursparte InfraGO aussehe. Es gebe weitere Schwachstellen. Flege kritisierte, das Ministerium wolle sich bei der Umsetzung zentraler Vorhaben bis 2027 Zeit lassen.
Der Fahrgastverband Pro Bahn in Hessen zeigte sich optimistischer, aber dennoch skeptisch: "Vom Grundsatz her hört sich das erst mal gut an. Die Frage ist aber, was davon umgesetzt wird", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands, Klaus Zecher.
Grüne Mobilitätsministerin: "Ambitionslose" Pläne
Sarah Stark, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Bahnindustrie, sagte, notwendig sei eine langfristige Finanzierungssicherheit über Legislaturperioden hinweg, damit die Industrie Planungssicherheit hat.
Strenger äußerte sich die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder von den Grünen. Die Ankündigungen Schnieders zur Deutschen Bahn seien "ambitionslos", sagte sie. Das Ziel einer 70-prozentigen Pünktlichkeit im Fernverkehr bis 2029 sei "enttäuschend niedrig" und habe eigentlich schon 2026 erreicht werden sollen. "Auch in den nächsten Jahren bleibt fast jeder dritte Zug unpünktlich."
Auch der Vorsitzende der FDP, Christian Dürr, kritisierte die vorgelegten Eckpunkte für eine Reform der Bahn und forderte zugleich eine Zerschlagung. "Wir brauchen eine echte Trennung von Netz und Betrieb, damit die Kunden von echtem Wettbewerb auf der Schiene durch besseren Service und Qualität profitieren", sagte Dürr den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die vom Verkehrsminister vorgestellte 'Agenda für zufriedene Kunden' wird ohne diese radikalen Strukturreformen eine Agenda für verlorenes Geld der Steuerzahler bleiben."
Flickschusterei reiche nicht, sagte Dürr. Es räche sich, dass Bahnreformen nie konsequent zu Ende geführt worden seien. "Ohne eine echte, tiefgreifende Strukturreform wird der Bahnkonzern weiter ein riesiges schwarzes Loch bleiben, in dem die Milliarden versickern", sagte der FDP-Chef.
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