Online-Medikamente sind bequem, aber teilweise auch riskant. Mit wenigen Klicks landet die Arznei im Briefkasten. Doch wer an dubiose Shops gerät, riskiert statt einem harmlosen Einkauf eine lebensgefährliche Falle.

Flughafen Frankfurt, internationales Postzentrum. Ein zentraler Umschlagplatz für Pakete und Briefe - und damit auch Brennpunkt für den Schmuggel gefälschter Medikamente. Der Zollbeamte Hallvard Larsson (Name geändert) schiebt einen großen Sack durch sein Röntgengerät.

Darin befinden sich Briefumschläge aus Asien. Sofort springt ihm eine Sendung ins Auge. Zu sehen sind orangefarbene Kügelchen, für ihn ein typischen Bild. Beim Öffnen des Kuverts bestätigt sich sein Verdacht: ein paar Blister mit Tabletten. "Das ist ein ganz klassischer Fund. Eine Privatperson bestellt sich was im Internet aus Indien, wir finden die Blisterverpackung einzeln, ohne Beipackzettel. Das wird der Verbraucher definitiv nicht bekommen", so Larsson.

Fälschungen werden immer schwieriger zu erkennen

Rund zwei Millionen Pillen und Ampullen kommen jährlich ohne Einfuhrerlaubnis an. Es gibt kaum ein Medikament, das die Beamtinnen und Beamten noch nicht gefunden haben. Christine Straß vom Hauptzollamt in Frankfurt am Main zählt auf: "Wir finden hier wirklich quer durch den Arzneimittelschrank wirklich jeden Tag eine bunte Palette. Es gibt Schlafmittel, Schmerzmittel, Antibabypille, sogar Krebsmedikamente, Medikamenten gegen Depressionen, die dann völlig ohne ärztliche Konsultation bestellt worden sind", erklärt der Zollbeamte.

Ein Klassiker: Potenzmittel. Viele Männer scheuen den Gang zum Arzt. Im Internet versprechen diverse Shops Abhilfe, eine Bestellung ohne Rezept, anonym und günstig. Am Frankfurter Flughafen ziehen die Beamten eine solche Bestellung aus dem Verkehr. Die Blister tragen den Markennamen "Cialis".

Der Geschäftsführer des Herstellers Lilly Deutschland, Alexander Horn, sieht gleich, dass es sich um eine Fälschung handelt. Falscher Lilly-Schriftzug, falsche Dosierungsstärke, die Anzahl der Tabletten im Blister und die Farbe entsprechen nicht dem Original. "Das ist ein Beispiel, wo man das relativ schnell erkennt. Aber man muss dazu sagen, dass die kriminellen Machenschaften immer genauer werden und man muss dann schon mit einem geschulten Auge hinsehen, um dann diese Fälschungen auch richtig schnell und zuverlässig identifizieren zu können" sagt Horn. 

Pharmazeuten warnen vor Gefahren

Beim Landesuntersuchungsamt in Mainz analysieren Pharmazeuten seit Jahren die Inhaltsstoffe beschlagnahmter Medikamente. In manchen Präparaten, wie etwa in Abnehmmitteln, wurden schon krebserregende Substanzen gefunden. Andere enthielten gar keinen Wirkstoff oder Überdosierungen. Julian Budzinski warnt ausdrücklich: "Wenn Sie sich gefälschte Arznei aus dubiosen Quellen beschaffen, spielen sie 'Russisch Roulette' mit ihrer Gesundheit." Teilweise sei die drei- bis vierfache Dosis der Tagesdosis in den Wirkstoffen enthalten.."Damit wissen Sie nicht, was Sie sich für Nebenwirkungen aussetzen. Das kann im schlimmsten Fall zum Herzstillstand oder zum Tod führen", erklärt Budzinski.

Carina Orth vom Zollfahndungsamt in Frankfurt am Main und Kirstin Jübner vom Zollkriminalamt in Köln schauen sich zusammen einen großen Fund an. Vor ihnen auf dem Tisch liegen Tausende von Pillen, darunter Potenz- und Schmerzmittel. Ein illegaler Handel mit nicht in Deutschland zugelassenen Medikamenten. "Die Produkte haben wir bei einer Durchsuchung eines Privathauses oben auf dem Dachboden versteckt gefunden und es sind rund 52.000 Tabletten, die für Endverbraucher in Deutschland, aber auch in der ganzen Europäischen Union gedacht sind", sagt Orth.

Dabei gehe es in erster Linie um den Profit. "Es gibt in unserer globalisierten Welt viele Dinge, mit denen man sehr sehr viel Geld verdienen kann - so auch mit illegalen Arzneimitteln", sagt Jübner. Die Gewinnmargen lägen, vom Einkauf in China oder Indien bis zum Verkauf über Webseiten oder im Darknet, zum Teil bei mehreren Hundert Prozent.

Woran erkennt man seriöse Onlineapotheken?

An der Universität in Osnabrück ist Arndt Sinn Professor für Strafrecht. Er beschäftigt sich mit der Arzneimittel-Kriminalität. Er erklärt, mit welchen dreisten Methoden die Betrüger arbeiten: "Die Verbraucher sollen fühlen, dass sie beim richtigen Händler kaufen. Da werden also Fantasielogos entwickelt, die sagen Trusted, vertrau mir, TÜV geprüft, DIN geprüft oder sonst etwas. Alles frei erfunden." Alles gehe aber darauf hinaus, Vertrauen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern zu erwecken.

Auf solchen unseriösen Seiten fehlt auch das wichtige EU-Sicherheitslogo. Ein weißes Kreuz auf grünen Hintergrund. Das müsse eigentlich durch einen Mausklick weiter auf ein seriöses Versandhandelsregister führen. Nur ein Foto auf der Homepage des Shops reiche nicht aus. In Deutschland findet man dieses Register auch direkt auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. In Sachen Sicherheiten gelten neben Deutschland auch niederländische Versand-Apotheken als seriös, sofern sie ein entsprechendes anklickbares EU-Sicherheitslogo führen.

Verbraucher riskieren Strafen

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher bestellen Medikamente aus China, Indien, den USA oder der Türkei. Davor warnt Sinn. "Außerhalb des EU-Raums ist es nicht erlaubt, Arzneimittel nach Deutschland einzuführen oder zu bestellen. Unabhängig davon, ob sie rezeptpflichtig oder rezeptfrei sind, muss der Bürger damit rechnen, sanktioniert zu werden - als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat."

Die internationale Vernetzung ist der Schlüssel zur Aufklärung von Organisierter Kriminalität, diese gilt es aber weiter auszubauen. "Der Wunsch wäre, dass die Politik wirklich Rahmenbedingungen schafft, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, über die Landesgrenzen hinweg schneller und pragmatischer zusammenzuarbeiten, um diesen kriminellen Gruppen entsprechend das Handwerk zu legen", sagt Geschäftsführer Horn von Lilli Deutschland.

Beim Kauf über den Versandhandel heißt auf jeden Fall: genau hinschauen. Wenn möglich, sollte man bei offenen Fragen lieber eine Apotheke vor Ort aufsuchen. Dort gibt es immer noch die größtmögliche Sicherheit bei der Medikamentenversorgung.

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