Desaster für den Norden – kein Geld für neue Autobahnen
Hamburg und Schleswig-Holstein droht beim Bau neuer Straßen-Verkehrswege ein massiver Rückschlag. Für etliche Bedarfsplanprojekte in beiden Bundesländern, für die bereits bestandskräftige Baugenehmigungen vorliegen oder die bis 2029 erwartet werden, können auf Basis der aktuellen Finanzplanung des Bundes keine Baufreigaben erteilt werden, teilte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß am Mittwoch mit. Der Verkehrspolitiker ist derzeit auch maritimer Koordinator der Bundesregierung.
Betroffen von den Sparplänen sind zahlreiche Projekte von Bundesstraßen und Autobahnen. „Es ist dem Norden nicht zu vermitteln, dass so wichtige Neubauprojekte wie A20, A26 und A39 gestrichen werden sollen, obwohl diese teilweise sogar Baureife haben. Das Versprechen beim Beschluss der Sondervermögen war, dass die Finanzmittel zusätzlich in die Infrastruktur fließen werden“, sagte Ploß. „Ich fühle mich als Bundestagsabgeordneter diesem Versprechen aus voller Überzeugung verpflichtet. Die aktuelle Planung kann ich daher nicht akzeptieren – sie muss dringend parlamentarisch korrigiert werden.“
Wer an der Infrastruktur spare, der lege „die Axt an das wirtschaftliche Fundament unseres Landes“, sagte Ploß. „Wir brauchen endlich eine echte Beschleunigung beim Planen und Bauen sowie eine konsequente Umsetzung von wichtigen Infrastrukturvorhaben wie neuen Autobahn- oder Schienenprojekten. Dafür sollten jetzt alle Hamburger Politiker parteiübergreifend gegenüber dem Bundesfinanzminister Lars Klingbeil eintreten.“
Die A26 soll südlich des Hamburger Hafens die Autobahnen A1 und A7 miteinander verbinden, eine solche „Querspange“ wurde erstmals bereits in den 1940er-Jahren geplant. Die Umweltverbände BUND und Nabu kämpfen gegen das Projekt, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will am 30. September über die Klagen der Verbände verhandeln.
Bei der A20 geht es vor allem auch um eine Verlängerung der bestehenden „Küstenautobahn“ von der Ostsee unter Elbe hindurch nach Niedersachsen. Die A1 und die A39 wiederum sollen ausgebaut und erneuert werden, um die Metropolregion Hamburg im südöstlichen Raum zu entlasten.
Philipp Heißner, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Diese Planungen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sind ein Schlag in die Magengrube für ganz Norddeutschland. Es ist zu befürchten, dass jahrelang geplante, essenzielle Infrastrukturvorhaben, die teilweise sogar schon Baureife haben, damit vor dem endgültigen Aus stehen. Der SPD-Minister riskiert damit die Grundlage eines ganzen Wirtschaftsstandortes. Für Hamburg ist dies eine sozialdemokratische Hiobsbotschaft.“
Der Bau der A26-Ost und der Ausbau der A1 in Hamburg sei für die Hamburger Wirtschaft ebenso wie für Hunderttausende Pendler „unentbehrlich. Der Bundestag muss als Haushaltsgesetzgeber jetzt unbedingt aktiv werden und dieses Desaster für die norddeutsche Verkehrsinfrastruktur verhindern. Das Versprechen, dass die Mittel aus den Sondervermögen zusätzlich in die Infrastruktur fließen und nicht zulasten der Infrastruktur-Ausgaben im Kernhaushalt gehen, muss eingehalten werden.“
Für den Norden wiegt der absehbare Stopp vieler Straßenbauprojekte besonders schwer, da auch strategisch wichtige Schienenprojekte nicht vorankommen. Der von der Deutschen Bahn geforderte Bau einer zweiten Schnell- und Hochleistungstrasse von Hamburg entlang der Lüneburger Heide nach Hannover wird speziell von SPD-Politikern in Niedersachsen und auch im Bund abgelehnt – auch von Klingbeil selbst, durch dessen Wahlkreis eine solche Strecke verlaufen würde. Die Inlandsanbindung des Fehmarnbelttunnels auf der Schiene wiederum verzögert sich über das bislang geplante Jahr 2029 hinaus voraussichtlich um drei bis vier Jahre, weil die Deutsche Bahn den ursprünglichen Termin nicht halten kann. Der Fehmarnbelttunnel soll Deutschland und Skandinavien unter der Ostsee hindurch zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland enger verbinden.
Völlig unklar ist, welche Auswirkungen ein Stopp der für den Norden wichtigen Straßen- und Schienenprojekte für die militärische Beweglichkeit hätte. In Hamburg übt die Bundeswehr kommende Woche in enger Abstimmung mit Behörden und Rettungsdiensten beim Manöver „Red Storm Bravo“ die Verlegung von Truppen von der Hansestadt in Richtung Osteuropa. Deutschland gilt als zentrales Auf- und Durchmarschgebiet für Nato-Truppen bei einer militärischen Konfrontation mit Russland. Seehäfen wie Bremerhaven, Hamburg und Rostock sind dabei die logistischen Knotenpunkte. Grundlage für derartige Planungen ist der „Operationsplan Deutschland“.
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit mehr als 30 Jahren auch über Großprojekte der Verkehrs-Infrastruktur.
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