Gespanntes Warten auf die Fed
Die Wall Street hat sich vor dem morgigen Zinsentscheid der Notenbank wenig bewegt. Es herrschte gespannte Ruhe. Der DAX war zuvor nach unten durchgefallen.
Knappe neue Höchststände erreichten zum Handelsstart Nasdaq und S&P 500, ehe sich die Anleger vom Markt zurückzogen. Die großen Indizes dümpelten im Gefolge meist um ihre rekordhohen Schlussstände vom Montag und bewegten sich vor dem morgigen Zinsentscheid der Notenbank Federal Reserve (Fed) letztlich nur wenig.
Der Leitindex Dow Jones verlor am Ende moderat 0,27 Prozent auf 45.757 Punkte. Die Nasdaq mit minus 0,1 Prozent und der S&P 500 mit minus 0,13 Prozent bewegten sich nach dem kurzen Höhenflug zur Eröffnung kaum und bleiben damit in Schlagweite ihrer Rekordstände. Insgesamt waren die Schwankungen damit heute gering.
Auf das "Wie" kommt es an
Ansonsten hieß es Warten auf den Zinsentscheid der Fed. Eine Zinssenkung von 25 Basispunkten ist schon längst ausgemachte Sache. Besonders an der Nasdaq sorgte die Hoffnung auf sinkende Zinsen zuletzt für große Euphorie. Denn wenn die Zinsen sinken, steigt der heutige Wert der erhofften hohen Erträge der Technologieunternehmen in der Zukunft.
"Es wird wichtig sein, wie die Fed ihre Botschaft über ihre künftige Geldpolitik gestaltet", sagte Anthony Saglimbene, Chefmarktstratege bei Ameriprise. Die Märkte würden vor einer der wichtigsten Fed-Sitzungen des Jahres eine abwartende Haltung einnehmen.
"Die Notenbank bringt den Ball ins Rollen - doch wie schnell er an Fahrt gewinnt, entscheiden Inflation und Konjunktur", bemerkte Marktanalyst Maximilian Wienke von eToro. Entscheidend sei aber nicht die Entscheidung am Mittwoch, sondern die Signale für die Zeit danach. Auf Notenbankchef Jerome Powell laste ein enormer Druck, auch wegen eines Machtkampfs mit US-Präsident Donald Trump.
US-Verbraucher kaufen kräftig ein
Vor der US-Zinsentscheidung richteten die Anleger ihren Fokus auf frische Konjunkturdaten. Diese dämpften allerdings die Erwartung einer stärkeren Zinssenkung oder gar einer ganzen Serie von solchen Senkungen. Nachdem der Konsum in den USA merklich zurückgegangen war, sei der Einzelhandelsumsatz von großem Interesse bei den Investoren, kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Im August stiegen die Erlöse nun stärker als erwartet.
Konkret legten die Umsätze der Einzelhändler im Vergleich zum Vormonat um 0,6 Prozent zu, wie das Handelsministerium heute in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt einen Anstieg um 0,2 Prozent erwartet. Ohne die volatilen Umsätze mit Fahrzeugverkäufen stiegen die Einzelhandelserlöse im August um 0,7 Prozent. Hier war ein Anstieg um 0,4 Prozent erwartet worden. Auch die Importpreise stiegen im Monatsvergleich im August um 0,3 Prozent, erwartet worden war ein Rückgang um 0,2 Prozent.
"Der Konsument ist somit weiterhin eine tragende Säule der Wirtschaft der Vereinigten Staaten", kommentiert Nord/LB-Analyst Tobias Basse. Mit diesen Zahlen ist eine kräftige Senkung der US-Leitzinsen noch unwahrscheinlicher geworden.
Nvidia bleibt unter Druck
Nvidia-Aktien verloren 1,64 Prozent. Der neue KI-Prozessor für den chinesischen Markt stößt Insidern zufolge bei den dortigen Kunden auf geringes Interesse. Der Chip RTX6000D sei gemessen an seiner Leistung zu teuer, sagten zwei Insider.
Nvidia steht zudem unter verschärfter Beobachtung von Chinas Behörden. Sie verdächtigen den US-Konzern, "Hintertüren" in seine Produkte einzubauen. Diese sollen einen Fernzugriff oder eine Fernsteuerung ermöglichen. Nvidia hat dies zurückgewiesen.
DAX rauscht nach unten durch
Weltweit gibt es an den Börsen derzeit nur ein Thema: Wie geht es nach der morgen fest erwarteten Zinssenkung durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im Zinssenkungszyklus weiter? Während an der Wall Street zuletzt eine regelrechte Zinseuphorie mit immer neuen Allzeithochs herrschte, sind die heimischen Anleger weit weniger wagemutig.
Unter 23.500 Punkten
Zwar könnte eine US-Zinssenkung für Rückenwind sorgen. Ohne die US-spezifische KI-Fantasie der Nasdaq sowie in einem weiter sehr schwierigen Marktumfeld für die deutsche Exportindustrie meiden die Anleger hierzulande aber das Risiko. Im Ergebnis bröckelte sich der DAX im Stil eines "Salami-Crashs" in den letzten Handelstagen bereits sukzessive nach unten durch, um heute seine Verluste deutlich auszuweiten.
Bei einem Schlussstand von 23.329 Punkten stand ein kräftiges Minus von 1,77 Prozent auf der Anzeigetafel der Frankfurter Börse, nahe des Tagestiefs bei 23.318 Punkten. Am Morgen stand der Index am Tageshoch noch bei 23.717 Zählern gut 400 Punkte höher und es war nicht abzusehen, dass später so hohe Verluste entstehen würden.
Damit steht der Leitindex schon über 1.000 Punkte unter seinem Allzeithoch aus dem Juli bei 24.639 Punkten. Mit dem Fall der Marke von 23.500 Punkten ist auch ein charttechnische Unterstützung verletzt worden, womit nun die runde Marke von 23.000 Punkten, dem Zwischentief aus dem Juni, in den Blick rückt. Auch der MDAX fiel am Nachmittag stärker zurück und schloss 1,21 Prozent schwächer bei 30.100 Punkten.
"Die Fed wird sich aller Voraussicht nach morgen den Spekulationen und den zuletzt schwachen Arbeitsmarktdaten beugen und den Leitzins um 25 Basispunkte senken", so Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Spannend sei nun vor allem der Zinspfad, also ob die US-Notenbank auf einen kontinuierlichen Zinssenkungszyklus einschwenke oder nicht. Viele der jüngst von den Anlegern aufgebauten spekulativen Positionen seien nur dann gewinnbringend, wenn die Fed nicht allzu restriktiv klinge.
Schwergewichte drücken den Index
Vor allem die Schwäche der Schwergewichte SAP, Allianz und Telekom lastete überproportional auf dem deutschen Leitindex und stand alleine für rund ein Drittel der rund 420 Minuspunkte im DAX.
Auch Finanzwerte wie Deutsche Bank, Münchener Rück oder Commerzbank tendierten deutlich schwächer. Sie zollten damit den veränderten Zinsperspektiven Tribut: Für gewöhnlich gehen Anleger davon aus, dass niedrigere Zinsen die Attraktivität von Kredit- und Zinsgeschäften verschlechtern können. Dem hatten Porsche AG und Sartorius, die den Index an Montag ohnehin verlassen müssen, nicht viel entgegenzusetzen. Tagessieger waren FMC, auch die Aktie der Muttergesellschaft Fresenius stieg gegen den Markt leicht.
Maschinenbau schlägt Alarm
Der Maschinenbau ist neben der Auto- und Chemiebranche eine weitere Schlüsselbranche in Deutschland mit einer Million Beschäftigten - und steckt in einer Krise. Eine lange Phase der Konjunkturschwäche, hohe US-Zölle und strukturelle Probleme in Deutschland belasten die Unternehmen. "Die Lage ist ernst", sagte der Präsident des Branchenverbands VDMA, Bertram Kawlath, beim Maschinenbau-Gipfel in Berlin. Seine Botschaft an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): Die Bundesregierung müsse liefern, um Firmen zu entlasten
Der Maschinen- und Anlagenbau ist mittelständisch geprägt, das Exportgeschäft spielt eine herausragende Rolle (was durch den derzeit starken Euro zusätzlich belastet wird). Die wirtschaftliche Lage der Branche ist angespannt. Der Branchenverband VDMA korrigierte deswegen seine Prognose für das laufende Jahr nach unten. "Bisher gingen wir von einem Minus von 2 Prozent aus, nun rechnen wir mit minus 5 Prozent für 2025", sagte Kawlath.
Kaufinteresse für das Stahlgeschäft von Thyssenkrupp
Auch die Stahlbauer haben es hierzulande bekanntlich nicht leicht. Die Meldung, dass der indische Stahlkonzern Jindal ein unverbindliches Angebot zum Kauf der Thyssenkrupp-Stahltochter Steel Europe abgegeben hat, sorgte aber an der Börse für Fantasie. Aus einem Minus von bis zu sechs Prozent wurde für die Thyssenkrupp-Aktie im MDAX ein Plus von über vier Prozent. Der Kurs lag im Tageshoch bei 11,82 Euro und somit über dem Juli-Hoch von 11,62 Euro.
Mitte August hatte der Kurs des Stahlkonzerns seinen zuletzt guten Lauf eingeleitet. Kurz davor hatte zwar noch ein gesenkter Ausblick auf den Aktien gelastet, doch seither hat der Kurs nun etwa 40 Prozent zugelegt - auch wegen Rüstungsfantasie, die vor Monaten schon wegen der Marinetochter TKMS geweckt wurde. Getrieben davon sind die Aktien in diesem Jahr schon um fast das Dreifache gestiegen. Zum Jahreswechsel waren sie noch bei der Marke von vier Euro gehandelt worden
Euro steigt immer weiter
Derweil schwächelt der Dollar immer weiter. Zuletzt wurden im US-Handel 1,1866 Dollar bezahlt, etwa ein Cent mehr als gestern und auch mehr als im späten Handel am Montag. Der Euro steht damit so hoch wie seit vier Jahren nicht mehr.
Der Euro profitierte unter anderem von besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten aus Deutschland. So sind die Konjunkturerwartungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im September unerwartet gestiegen. Die Beurteilung der aktuellen Lage trübe sich allerdings ein.
Die Aussicht auf fallende US-Zinsen drückt den Greenback schon eine geraume Zeit. Auch die Kryptowährung Bitcoin profitierte von der Aussicht auf niedrigere Zinsen für den Dollar.
Gold mit 40 Prozent Plus seit Jahresbeginn
Ganz anders Gold: Das gelbe Edelmetall befindet sich seit Wochen schon auf einem Höhenflug und hat das nächste Rekordhoch markiert. In der Spitze zahlen Anlegerinnen und Anleger heute knapp 3.699 Dollar für eine Feinunze Gold. Was unter anderem auch mit dem fallenden Dollarkurs zu tun hast, denn für Dollar-Ausländer wird das gelbe Edelmetall dadurch billiger.
"Die Stimmung ist sehr optimistisch", sagt Capital.com-Analyst Kyle Rodda. "Die Aussichten für Gold bleiben kurz- bis mittelfristig gut." Gold hat in diesem Jahr rund 40 Prozent zugelegt, nach einem Anstieg von 27 Prozent im vergangenen Jahr.
Hinzu kommen anhaltende geopolitische Spannungen: Gold kann in diesem Kontext von seinem Image als sicherer Hafen profitieren. Experten wie Marktanalyst Ricardo Evangelista vom Broker ActivTrades sehen vor diesem Hintergrund Spielraum für weitere Kursgewinne.
Rheinmetall mit nächstem Rekordhoch
Im DAX setzte der Rüstungskonzern Rheinmetall zunächst seine Rekordjagd fort - und näherte sich der Marke von 2.000 Euro weiter an. In der Spitze zahlten Anlegerinnen und Anleger 1.983 Euro für Papiere des deutschen Rüstungskonzerns. Zuletzt fiel die Aktie mit dem Markt aber wieder zurück.
Sowohl die Deutsche Bank als auch das Bankhaus Metzler haben derweil ihre Kaufempfehlungen für Rheinmetall bestätigt. Mit der Übernahme der Marinesparte der Werftengruppe Lürssen bekomme der Rüstungskonzern Zugang zu einem Bereich, der langfristig wachsen sollte und die Umsätze diversifiziere, so die Deutsche Bank.
Conti-Abspaltung Aumovio für einen Tag im DAX
Der DAX wird am Donnerstag ausnahmsweise aus 41 statt aus 40 Werten bestehen. Der Frankfurter Autozulieferer Aumovio, der vom Reifenkonzern Continental abgespalten wird, wird dann für einen Tag in den DAX aufgenommen. Das ist bei Abspaltungen von DAX-Unternehmen üblich, unter anderem um Index-Investoren die Chance zu geben, die ins Depot gebuchten Aktien wieder geregelt zu verkaufen.
Neuer Chefaufseher bei der Lufthansa
Die Lufthansa hat einen neuen Vorsitzenden für ihren Aufsichtsrat gefunden: Der langjährige Chef des Energiekonzerns Eon, Johannes Teyssen, soll künftig das Kontrollgremium leiten, wie die Airline in Frankfurt mitteilt. Der Manager solle bei der Lufthansa-Hauptversammlung am 12. Mai 2026 zur Wahl in den Aufsichtsrat vorschlagen werden und dann an die Spitze des Kontrollgremiums gewählt werden. Teyssen soll die Nachfolge von Karl-Ludwig Kley antreten, der seit 2017 Chefkontrolleur von Europas größtem Airline-Konzern ist.
Kley, der früher Lufthansa-Finanzchef und Vorstandschef des Darmstädter Merck-Konzerns war, werde dann 2026 mit dem regulären Ablauf seines Mandats nach 13 Jahren - davon acht Jahre als Vorsitzender - aus dem Aufsichtsrat der Lufthansa ausscheiden. Kley war bis 2023 Aufsichtsratschef bei Eon und kennt Teyssen daher aus früheren Zeiten bei dem Energiekonzern.
Ford streicht bis zu 1.000 Stellen in Köln
Wegen schwacher Nachfrage nach Elektrofahrzeugen streicht der US-Autobauer Ford in seiner Kölner Produktion bis zu 1.000 Stellen. Man stelle Anfang 2026 vom bisherigen Zwei-Schicht-Betrieb auf Ein-Schicht-Betrieb um, teilte das Unternehmen mit. Ford will in diesem Zusammenhang freiwillige Abfindungspakete anbieten.
Google plant Milliarden-Investitionen in Großbritannien
Im Vorfeld des Staatsbesuchs von US-Präsident Trump in Großbritannien hat Google angekündigt, fünf Milliarden Pfund im Vereinigten Königreich zu investieren. Unter anderem solle ein Rechenzentrum in der Nähe von London entstehen, um die wachsende Nachfrage nach KI-Diensten wie Google Cloud zu bedienen, teilte der US-Technologiekonzern mit.
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