Erwartungsfrohe Wall Street
Mit Zins-Zuversicht erwarten die US-Anleger die morgigen Arbeitsmarktdaten. Die US-Aktienindizes legten allesamt zu - genau wie zuvor der DAX, der schlechten Fundamentaldaten trotzte.
Wie schon zuvor die Märkte in Europa, hat heute auch an der Wall Street viel Zinszuversicht für steigende Kurse gesorgt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte, der zunächst zögerlich in den Tag gestartet war, schloss am Ende bei 45.621 Punkten um 0,77 Prozent höher. Der breiter gefasste S&P 500 notierte ähnlich hoch um 0,83 Prozent höher bei 6.502 Punkten. Beide Indizes stehen damit nahe ihrer Rekordstände.
Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann deutlicher 0,98 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte um 0,93 Prozent vor. Die Finanzmärkte stellen sich darauf ein, dass die Zentralbank Federal Reserve (Fed) am 17. September die Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt senken wird.
"Der Markt rechnet damit, dass sich am Arbeitsmarkt erste Risse zeigen", sagte Eric Teal, Chefanleger beim Vermögensverwalter Comerica. Dabei handele es sich um "keine völlige Erosion, sondern nur eine gewisse Abschwächung, die das Argument für eine geldpolitische Lockerung der US-Notenbank untermauern würde."
Arbeitsmarktdaten im Fokus
Neue US-Konjunkturdaten fielen heute gemischt aus. Thema des Tages waren die schwächer als erwartet ausgefallenen wöchentlichen Daten vom Arbeitsmarkt, denn sie stützten Zinsfantasien.
Konkret stellten in der vergangenen Woche 237.000 US-Amerikaner einen Antrag auf staatliche Unterstützung und damit 8.000 mehr als in der Vorwoche. Befragte Ökonomen hatten mit 230.000 Anträgen gerechnet. Die Daten sind ein weiteres Anzeichen für eine Abschwächung des Arbeitsmarktes und könnten auf zunehmende Entlassungen hindeuten.
Die Verbraucherstimmung bleibt aber gut
Die Stimmung im Dienstleistungssektor der USA hat sich im August allerdings stärker als erwartet aufgehellt. Der Einkaufsmanagerindex des Instituts for Supply Management (ISM) stieg im Vergleich zum Vormonat um 1,9 Punkte auf 52,0 Punkte, wie das Institut heute mitteilte. Volkswirte hatten lediglich mit einem Anstieg auf 51,0 Punkte gerechnet.
"Das Niveau ist aber mäßig, und das Pendant im Verarbeitenden Gewerbe liegt trotz des Anstiegs noch im Kontraktionsbereich", kommentierte Ralf Umlauf, Volkswirt bei der Helaba. "Per saldo lassen die Stimmungsbarometer auf eine nur bescheidene Konjunkturdynamik schließen, sodass die Erwartungen einer Fed-Zinssenkung zur Mitte des Monats und in den Monaten danach nicht wesentlich gedämpft werden dürften."
Trotz Zöllen: US-Handelsbilanzdefizit weitet sich aus
Die Zollpolitik von Präsident Donald Trump erzeugt derweil weiter Unsicherheit: Anders als von Trump beabsichtigt weitete sich das Außenhandelsdefizit im Juli stark aus. Wie das Handelsministerium heute in Washington mitteilte, überstieg der Wert der US-Importe den der Exporte um 78,3 Milliarden Dollar (gut 67 Milliarden Euro). Das war fast ein Drittel mehr als im Juni. Experten hatten weniger erwartet.
Trump will mit den US-Importzöllen die Einfuhren bremsen und die US-Wirtschaft anzukurbeln. In Erwartung noch höherer Aufschläge im August füllten aber offenbar viele US-Händler im Juli ihre Lager auf.
Salesforce schwächer - American Eagle hebt ab
Bei den Einzelwerten rutschten die Aktien des SAP-Rivalen Salesforce um 4,85 Prozent ab. Der kalifornische Softwareanbieter hatte die Anleger mit einem pessimistischen Ausblick auf das laufende Quartal verschreckt. Als Grund nannte Salesforce die Zurückhaltung von Kunden, die wegen der unsicheren Konjunkturlage bei den Ausgaben für Cloud-Produkte den Gürtel enger schnallen.
Um fast 38 Prozent nach oben ging es hingegen bei American Eagle Outfitters. Der Erfolg von Werbekampagnen mit der Schauspielerin Sydney Sweeney aus der TV-Serie "The White Lotus" und der Bekleidungsmarke des Football-Stars Travis Kelce hatte das Modeunternehmen dazu veranlasst, seine Quartalsprognose anzuheben.
DAX im Aufwind
Wieder einmal hat sich heute gezeigt, dass die Aussicht auf sinkende Zinsen an der Börse alles andere in den Schatten stellt. Konkret wird derzeit an den globalen Finanzmärkten erwartet, dass die morgigen US-Arbeitsmarktdaten alle diesbezüglichen Zweifel endgültig wegwischen werden. Diese Hoffnung hat mit den neuen wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt am Nachmittag neue Nahrung erhalten und auch den DAX beflügelt.
Der deutsche Leitindex zog nach Bekanntgabe der Daten am Nachmittag an und blieb auf erhöhtem Niveau. Am Ende schloss der Index bei 23.770 Punkten um 0,74 Prozent höher. Er blieb damit bis zum Schluss am oberen Ende seiner heutigen Handelsspanne zwischen 23.610 und 23.800 Punkten. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte legte um 0,2 Prozent zu.
Die leichte Beruhigung sei nur der Hoffnung zu verdanken, dass der US-Arbeitsmarktbericht so schwach ausfalle, dass die Federal Reserve (Fed) nicht umhinkomme, die Zinsen zu senken, so Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets.
"Aktuell preist der Markt dafür eine Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent ein. Einmal mehr rufen Anleger nach der geldpolitischen Feuerwehr, die die Risiken aus der steigenden Staatsverschuldung mit niedrigeren Leitzinsen zumindest etwas reduzieren könnte."
Wirtschaftsinstitute warnen
Die US-Zinshoffnungen ließen derweil schwache heimische Fundamentaldaten in den Hintergrund treten. Denn aktuelle Prognosen deuten weiterhin nicht auf eine baldige kraftvolle Erholung der Wirtschaft hin. Im Gegenteil, drei führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben heute ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in diesem und im kommenden Jahr gesenkt.
Wie steht es um Frankreich?
Kritisch stellt sich für die Investoren auch die Situation in Frankreich dar. Das Thema Staatsverschuldung rücke auch heute wieder in den Mittelpunkt des Interesses, die politischen Verhältnisse in Frankreich seien nach der Ankündigung der Vertrauensfrage am kommenden Montag alles andere als stabil, heißt es von den Marktbeobachtern der Helaba.
Telekom gefragt
Im DAX gehörte die T-Aktie mit einem Plus von 2,35 Prozent nach einem positiven Analystenkommentar von JPMorgan zu den Gewinnern. Analyst Akhil Dattani bestätige sein "Overweight"-Votum mit einem Kursziel von 43,50 Euro. Mit der abgeschlossenen Übernahme von US Cellular durch die Tochter T-Mobile US könnte diese 8,7 Milliarden US-Dollar zusätzlichen Wert schaffen, so der Experte.
Voraussetzung hierfür sei ein stabiles Bewertungsniveau von T-Mobile US nach Abschluss des Deals. Auf die Deutsche Telekom entfielen 3,9 Milliarden US-Dollar an zusätzlichem Wert.
T-Mobile rechnet nach der Übernahme des Rivalen UScellular mit höheren Einnahmen. Bereits im laufenden Quartal soll es einen zusätzlichen Service-Umsatz von rund 400 Millionen Dollar geben, teilte T-Mobile US heute mit. Zudem dürften in diesem Jahr durch Synergien rund 1,2 Milliarden Dollar an Kosten eingespart werden. Bislang hatte T-Mobile eine Milliarde Dollar angepeilt.
Porsche und Sartorius verlassen den DAX
Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche AG muss den deutschen Leitindex DAX knapp drei Jahre nach seinem Börsengang verlassen. Das teilte die Deutsche-Börse-Tochter ISS Stoxx am Mittwochabend mit. Daneben scheidet auch der Laborausrüster Sartorius mit seinen Vorzugsaktien aus dem Index der 40 wichtigsten Börsenwerte aus, dem er seit vier Jahren angehört.
Für die beiden Werte rücken der Anlagenbauer GEA und der Betreiber des Immobilienportals Immoscout24, Scout24, nach. Für beide ist es der erste DAX-Aufstieg überhaupt. Wirksam werden die Änderungen zum 22. September.
Unicredit hat "einen Plan" für die Commerzbank
Unicredit-Chef Andrea Orcel erläuterte fast auf den Tag ein Jahr nach dem Einstieg der italienischen Großbank bei Deutschlands zweitgrößtem börsennotierten Geldhaus seinen Plan für die Coba.
"Wir haben einen Plan", sagt Orcel beim "Handelsblatt-Banken-Gipfel". Zunächst werde die Unicredit ihren Aktienanteil an der Commerzbank von derzeit gut 26 Prozent weiter steigern: "Wir werden gegen Ende des Jahres bei etwa 30 Prozent sein." Wird die 30-Prozent-Marke überschritten, wäre die Unicredit verpflichtet, den übrigen Commerzbank-Aktionären ein Übernahmeangebot vorzulegen.
Orcel trat Befürchtungen entgegen, es werde einen Kahlschlag bei der Commerzbank geben, zudem will er das Filialnetz nicht antasten. Pikant dabei: Der Unicredit-Chef äußerte sich gerade einmal 24 Stunden, nachdem Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp auf derselben Bühne die Eigenständigkeit ihres Hauses verteidigt hatte. Commerzbank-Aktien, die zuletzt unter Gewinnmitnahmen litten, erholen sich am Nachmittag etwas.
Die US-Großbank Morgan Stanley hat derweil ihren Anteil an der Commerzbank fast verdoppelt. Morgan Stanley halte nun 5,19 Prozent an Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Bank, wie aus einer Pflichtmitteilung der Commerzbank von heute hervorgeht.
Heidelberg Materials legen zu
Im DAX gehörten Heidelberg Materials zusammen mit Siemens Energy zu den größten Gewinnern. Dies nach einem positiven Analystenkommentar der US-Investmentbank Goldman Sachs. Analyst Ben Rada Martin startet seine Bewertung mit einem Kursziel von 240 Euro und begründet dies unter anderem mit der Erwartung steigenden Margen.
Airbus mit plus 0,5 Prozent und MTU Aero mit minus 2,8 Prozent reagierten unterdessen auf einen Favoritenwechsel der Schweizer Bank UBS.
Permira steigt bei Teamviewer aus - Aktie fällt
Der Ausstieg von Großaktionär Permira bei Teamviewer hat die Aktien des Softwareanbieters am Donnerstag schwer belastet. Der Finanzinvestor teilte am Morgen mit, dass die restlichen knapp 12,5 Millionen Anteile für 9,20 Euro das Stück an institutionelle Investoren verkauft worden seien.
Im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs tags zuvor bei 9,74 Euro nahm Permira einen 5,6-prozentigen Abschlag in Kauf. Die Teamviewer-Aktien brachen daraufhin letztlich 7,6 Prozent auf 9,00 Euro ein und waren Schlusslicht im MDAX der mittelgroßen Unternehmen.
Das platzierte Aktienvolumen entspricht rund sieben Prozent des Teamviewer-Grundkapitals. Permira hält nun nach eigenen Angaben keinerlei Aktien mehr. Ein Händler sagte, der bei dem Deal berücksichtigte Abschlag sei "in Ordnung" und ein Aktienüberhang, der nach wie vor die Aktien begleitete, verschwinde damit. So bezeichnen Börsianer Positionen, die früher oder später mit hoher Wahrscheinlichkeit verkauft werden.
Berlusconi-Firma hält Mehrheit bei ProSiebenSat.1
Die italienische MFE-Holding hält eine deutliche Mehrheit an ProSiebenSat.1 und kann den geplanten Umbau des deutschen TV-Konzerns bald angehen. Nach Ende des Übernahme-Angebots an die Aktionäre samt Nachfrist kommt MFE-MediaForEurope (MFE) auf einen Anteil von 75,61 Prozent an der bayerischen Senderkette, wie das Unternehmen mitteilte. Vor Beginn der Offerte waren es noch rund 30 Prozent gewesen. ProSieben-Aktien steigen im SDAX rund sieben Prozent.
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