So will Hamburg Europas Vorzeigehafen werden
Am übernächsten Wochenende, vom 12. bis zum 14. September, präsentiert sich Hamburg einmal mehr als ein Zentrum des internationalen Kreuzfahrtgeschäftes. Acht Kreuzfahrtschiffe werden zu den diesjährigen „Hamburg Cruise Days“ im größten deutschen Seehafen erwartet, zudem Flusskreuzfahrtschiffe und mehrere Hunderttausend Besucher.
Seit dem Ende der Pandemie ist das globale Kreuzfahrtgeschäft wieder – wie schon zuvor – rapide gewachsen. Aus bescheidenen Anfängen zu Beginn der Nullerjahre erarbeitete sich Hamburg im zurückliegenden Vierteljahrhundert die Position des weitaus führenden deutschen Kreuzfahrthafens. Im vergangenen Jahr zählte man bei 266 Schiffsanläufen in der Hansestadt insgesamt rund 1,3 Millionen Passagiere. Rund 85 Prozent aller Passagiere beginnen oder beenden ihre Kreuzfahrt in Hamburg. Sie schaffen damit vor Ort zumeist noch zusätzliche Einnahmen für Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel.
Für dieses Jahr kalkuliert der Hamburger Hafen derzeit mit 294 Anläufen großer Kreuzfahrtschiffe und einer weiter steigenden Zahl von Passagieren. Ein Treiber des Wachstums ist das neu gebaute Cruise Center HafenCity, das Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu Beginn der Hamburg Cruise Days am 12. September offiziell eröffnet. „Damit wird die Kreuzfahrt-Destination Hamburg noch einmal einen großen Sprung machen“, sagte Lutz Birke, Leiter des Amtes für Hafen und Innovation in der Hamburger Wirtschaftsbehörde, am Donnerstag bei der Hafenkonferenz der Deutschen Verkehrswirtschaftlichen Gesellschaft, die in diesem Jahr an Bord des Kreuzfahrtschiffes „AIDAprima“ am Terminal Steinwerder stattfand.
„Mit nun insgesamt drei Kreuzfahrtterminals in der HafenCity, in Altona und auf Steinwerder sind wir für alle Schiffsgrößen ganzjährig angebotsfähig“, sagte Birke. Am neuen Cruise Terminal HafenCity am Westfield-Center erwarte man für dieses Jahr 45 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen und für das kommende Jahr bereits „mehr als 100“. Damit würde Hamburg 2026 erstmals mehr als 300 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen zählen.
Verbunden ist der wachsende Kreuzfahrtmarkt, vor allem in den Metropolen, die dabei angelaufen werden, immer auch mit Debatten um die Umweltverträglichkeit der Vergnügungsschiffe. Zwar verweist die Wirtschaftsbehörde darauf, dass die Kreuzschifffahrt „nur“ für rund sieben Prozent aller Emissionen an Kohlendioxid (CO2) aus der gesamten Schifffahrt im Hamburger Hafen stehe – sowie für jeweils fünf Prozent bei den Emissionen an Schwefeldioxiden (SOx) und Stickoxiden (NOx). Doch vor allem Anwohner, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen wie der Nabu haben die Emissionen der Branche genau im Blick. „In den vergangenen Jahren ist viel Positives passiert, sei es beim Landstrom oder bei den Bordaggregaten der Kreuzfahrtschiffe“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu-Hamburg. „Aber eine maritime Großveranstaltung wie die Hamburg Cruise Days müsste viel stärker noch als Leistungsschau für moderne Technologien genutzt werden, anstatt vor allem zum Geldverdienen und zur Bespaßung des Publikums.“
Hamburg hält sich allerdings zugute, einer von international nur 33 Kreuzfahrthäfen zu sein, die überhaupt eine Versorgung mit Landstrom anbieten – von weltweit insgesamt 2000 Kreuzfahrthäfen. Vom kommenden Jahr an sollen alle drei Hamburger Kreuzfahrterminals Landstrom anbieten – gespeist mit Ökostrom. Von 2027 an sollen alle Kreuzfahrtschiffe, die dafür ausgerüstet sind, in Hamburg zur Abnahme von Landstrom verpflichtet werden – drei Jahre früher als in der Europäischen Union insgesamt. Auch für Containerschiffe baut der Hamburger Hafen die Versorgung mit Landstrom auf und aus.
Im vergangenen Jahr hätten Kreuzfahrtschiffe bei 129 Anläufen in Hamburg Landstrom bezogen, bei 137 Anläufen sei diese nicht der Fall gewesen, sagte Jens Meier, Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA). „Bei insgesamt 181 Anläufen hätten Kreuzfahrtschiffe 2024 mit Landstrom versorgt werden können, da ist also noch Luft nach oben.“ Allerdings sei Hamburg seit mehr als zehn Jahren einer der Vorreiter bei der Versorgung mit Landstrom, allen Problemen zum Trotz, sagte Meier, der derzeit auch Präsident der Welthafenorganisation IAPH ist.
Dirk Inger pflichtete Meier bei. Bei AIDA Cruises ist Inger als Senior Vice President unter anderem für das Thema der umweltgerechten Schiffsbetriebs zuständig. Die gesamte Flotte der elf AIDA-Kreuzfahrtschiffe sei mittlerweile für den Bezug von Landstrom ausgestattet, sagte er. Ganz anders sehe es bei den Häfen aus: Insgesamt 14 Häfen in sieben europäischen Ländern böten mittlerweile eine Versorgung mit Landstrom an, darunter allerdings nur ein einziger in Südeuropa, La Valletta auf Malta. „In Nordeuropa sind inzwischen gut die Hälfte unserer Anläufe mit einer Landstrom-Versorgung verbunden“, sagte er. „Nordeuropa und insbesondere auch Hamburg sind hierbei wirklich Vorreiter.“ AIDA Cruises ist, gemessen an der Zahl der Anläufe, die für Hamburg wichtigste Kreuzfahrtreederei.
Auch bei der Versorgung der Schifffahrt und der Wirtschaft mit sogenannten „klimaneutralen“ Kraftstoffen – „grünem“ Wasserstoff und dessen Derivaten Methanol, Ammoniak und synthetischem Diesel und Methan – will Hamburg ein Zentrum von europäischem Rang werden. Doch der Weg dahin ist noch weit – trotz vieler technologischer und regulatorischer Vorbereitungen in den vergangenen Jahren gibt es bislang keinen relevanten Markt für „grünen“, mithilfe von Ökostrom erzeugten Wasserstoff. Erste Kreuzfahrt- und Containerschiffe wurden in Hamburg zwar bereits mit Methanol versorgt, doch das stammt überwiegend noch aus konventioneller Herstellung.
„Wir werden im Hamburger Hafen all diese Entwicklungen in den kommenden Jahren weiterhin mit vorantreiben“, sagte Meier. Wichtig sei dabei vor allem eines, sei es beim Landstrom wie auch bei den synthetischen Kraftstoffen der Zukunft: „Wir brauchen für all das international belastbare Standards – für die Anwendung dieser Technologien ebenso wie für die Messung, wie umweltschädlich oder wie umweltschonend ein Schiff tatsächlich unterwegs ist.“
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten über die maritime Wirtschaft, über Häfen, Schifffahrt und Werften.
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