Gazprom verkündet Bau neuer Mega-Pipeline nach China
Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine bricht Gazprom das wertvolle Europa-Geschäft weg. Nach jahrelangen Verhandlungen scheint endlich ein Ersatz gefunden: Gazprom darf eine neue Pipeline nach China bauen. Doch die wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet.
Der russische Gaskonzern Gazprom darf nach mehreren Jahren des Hinhaltens offenbar doch eine neue Gaspipeline nach China bauen. Man habe ein rechtsverbindliches Memorandum über den Bau der Pipeline "Power of Siberia 2" nach China und der Transitpipeline "Sojus Wostok" durch die Mongolei unterzeichnet, teilte Gazprom-Chef Alexei Miller laut russischen Nachrichtenagenturen mit. Weiterhin soll sich Gazprom bereit erklären, die Gaslieferungen nach China über zwei bestehende Routen auszuweiten. Der Einigung sollen Gespräche zwischen den Staats- und Regierungschefs der drei Länder in Peking vorausgegangen sein.
Den Berichten zufolge wird Gazprom China 30 Jahre lang bis zu 50 Milliarden Kubikmeter Gas über die "Power of Siberia 2" liefern. Die Kapazität entspricht in etwa den Nord-Stream-Röhren in der Ostsee: Diese hätten jeweils 55 Milliarden Kubikmeter Gas nach Deutschland transportieren können.
Wann der Bau und die Belieferung über die neue Pipeline beginnen sollen, wird in den russischen Berichten nicht erwähnt. Auch der Preis, den China für das Erdgas zahlen wird, ist offen. Laut Gazprom-Chef Miller wird das Unternehmen China weniger berechnen als den verbliebenen europäischen Abnehmern.
China hat die Einigung bisher nicht bestätigt. Chinesische Staatsmedien berichten lediglich, dass die beiden Länder mehr als 20 Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet haben, darunter im Bereich Energie.
China hat Durst
Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin wäre die Einigung ein politischer Erfolg, denn damit könnte die wirtschaftliche Wiederbelebung von Gazprom verbunden sein: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine brachen die Gasexporte des Konzerns nach Europa ein. 2023 schrieb Gazprom erstmals seit 1999 wieder rote Zahlen und förderte so wenig Gas wie zuletzt 1978.
Mit der "Power of Siberia 2" könnte Gazprom an bessere Zeiten anknüpfen: Mit der neuen Pipeline würden sich die Lieferkapazitäten nach China auf einen Schlag mehr als verdoppeln. Durch die bestehende Pipeline "Power of Siberia" kann Gazprom derzeit 38 Milliarden Kubikmeter Gas nach China leiten. Den Berichten zufolge wurde in Peking vereinbart, die Lieferungen auf 44 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen.
Bereits im Bau befindet sich zudem die Gasroute "Fernost": Diese Röhre wird aus den reichen Gasvorkommen der Sachalin-Insel an der russischen Ostküste gespeist, führt durch das Japanische Meer und landet bei Wladiwostok im äußersten Nordosten von China an. Ab 2027 soll die Pipeline zwölf Milliarden Kubikmeter pro Jahr nach China liefern. Ursprünglich sollte sie ab 2026 zehn Milliarden Kubikmeter bereitstellen.
Wer trägt die Kosten?
Unklar ist, ob der politische Erfolg auch ein wirtschaftlicher sein wird, denn Russland und Gazprom haben sehr viel stärker auf die "Power of Siberia 2" gedrängt als China. Unter Berufung auf Wladimir Putin verkündeten russische Medien fälschlicherweise bereits im Frühjahr 2023 eine Einigung über den Bau. Im Frühjahr 2024 erklärte die Führung in Moskau erneut: Die Vertragsunterzeichnung stehe kurz bevor - ehe wenig später berichtet wurde, dass die Verhandlungen gescheitert seien, weil Peking "unzumutbare Forderungen" gestellt habe.
Diese Forderungen sahen damals folgendermaßen aus: Von den 50 Milliarden Kubikmetern Erdgas, die die "Power of Siberia 2" jedes Jahr nach China liefern könnte, wollte China nur einen kleinen Teil garantiert abnehmen. Für das gelieferte Erdgas wollte China außerdem nur den Preis bezahlen, den Gazprom in Russland von heimischen Kunden verlangt. Diese erhalten den Brennstoff deutlich günstiger als das Ausland, weil er stark subventioniert wird.
Streit gab es zudem um die Baukosten: Die "Power of Siberia 2" wird laut Planungen knapp 2600 Kilometer lang und soll umgerechnet knapp 100 Milliarden Euro kosten. Gazprom-Chef Miller sprach vom "größten, umfangreichsten und kapitalintensivsten Gasprojekt der Welt". Wie es heißt, soll China in früheren Verhandlungsrunden darauf gedrängt haben, dass Russland das Projekt alleine finanziert.
Ob China diese Forderungen umsetzen konnte, ist unklar. Die Volksrepublik dürfte in den Verhandlungen jedoch die besseren Karten gehabt haben. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, war das chinesische Interesse an dem Projekt bereits erloschen. China habe die Gespräche erst wieder aufgenommen, als Israel im Frühjahr den Iran angegriffen habe und die zuverlässige Lieferung von Öl und Gas aus dem Nahen Osten in die Volksrepublik nicht mehr garantiert werden konnte.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke