Wie die Reimanns den Welt-Kaffeemarkt eroberten
Mit einer Milliardenübernahme wird der globale Kaffeemarkt neu geordnet. Treibende Kraft dahinter ist eine öffentlichkeitsscheue Familie aus Deutschland. Mit ihrer aggressiven Investitionsstrategie stiegen die Reimanns zur zeitweise reichsten Familie des Landes auf.
Seit mehr als einem Jahrzehnt treibt eine in der Heimat kaum bekannte, öffentlichkeitsscheue Familie die Neuordnung der globalen Kaffee-Industrie voran und wurde dabei zwischenzeitlich zur reichsten Familie Deutschlands. Mit der geplanten Übernahme des niederländischen Konzerns JDE Peet's durch das US-amerikanische Getränke-Konglomerat Keurig Dr Pepper wächst das Vermögen der Reimanns weiter, während ein neuer Kaffee-Gigant entstehen wird.
Ursprünglich stammt das Vermögen der Familie Reimann aus dem im 19. Jahrhundert in Ludwigsburg gegründeten Chemie-Unternehmen Benckiser mit bekannten Marken wie Calgon oder Clearasil, das später zum Konzern Reckitt Benckiser fusionierte. Die heutige Familienholding JAB ist außerdem unter anderem investiert in die Kosmetikbranche, Versicherung, Tierkliniken, Systemgastronomie und ein ganzes Imperium aus Kaffeemarken.
Berichten zufolge erfuhren die aktuellen Mehrheitseigentümer von JAB, die Kinder des Familienpatriarchen Albert Reimann junior, erst bei der Testamentseröffnung nach dessen Tod 1984, dass ihr Vater Unternehmenseigentümer und sie selbst Millionenerben waren. Angeblich enthielt das Testament auch strikte Anweisungen, dass sich alle Familienmitglieder aus der operativen Unternehmensleitung herauszuhalten hätten und auch nicht in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten dürften. Tatsächlich zeigen sich die Reimann-Erben bis heute nicht öffentlich und geben keine Interviews, Fotos von ihnen sind nicht bekannt. Von den neun Kindern Albert Reimanns sind noch vier Geschwister sowie deren Nachkommen an der Familienholding JAB beteiligt. Die anderen hatten sich bereits in den 90er Jahren auszahlen lassen. Ihr Geld wird teils von ihrer eigenen Firma Reimann Investors verwaltet.
Das Vermögen der an JAB beteiligten Geschwister Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann, Matthias Reimann-Andersen und Stefan Reimann-Andersen und ihrer Familien schätzte das "Manager Magazin" 2019 auf 35 Milliarden Euro und damit auf das größte in Deutschland. Auf der letzten Reichen-Liste aus dem vergangenen Jahr lagen sie mit geschätzten 31,3 Milliarden Euro auf Platz vier. Fraglich ist allerdings, ob die Reimanns noch auf diese Liste gehören. Berichten zufolge leben die vier Geschwister seit Jahren in Österreich und haben auch die dortige Staatsangehörigkeit angenommen. Ihr Unternehmen ist längst von Ludwigshafen nach Luxemburg umgezogen.
Ein Indexfonds hätte sich wohl besser entwickelt
2012 startete JAB seine globale Expansion mit der Übernahme der kalifornischen Kaffeehauskette Peet's Coffee & Tea für rund eine Milliarde US-Dollar. Ein Jahr später übernahm ein von JAB geführtes Konsortium den niederländischen Kaffee- und Teeproduktehersteller D.E Master Blenders 1753 - bekannt für Marken wie Douwe Egberts und Pickwick. 2014 folgte die Fusion mit dem riesigen Kaffeesegment von Mondelez: Marken wie Jacobs, Tassimo und Gevalia wurden mit Senseo, Douwe Egberts und L'OR unter dem Dach von Jacobs Douwe Egberts (JDE) zu einem der größten Kaffeeanbieter weltweit.
Ende 2015 vollzog JAB den nächsten Schritt, ohne den die kommende Fusion nicht möglich wäre: JAB kaufte - zusammen mit Partnern - für knapp 14 Milliarden US-Dollar den US-Kaffee- und Kapselmaschinenhersteller Keurig Green Mountain. Damit wurde der riesige US-Markt anvisiert und das lukrative Segment des Kapsel- und Portionskaffees. Keurig wurde später mit dem US-Getränke-Konzern Dr Pepper fusioniert, wodurch Keurig Dr Pepper (KDP) entstand - das Unternehmen, das nun Reimanns Kaffeeriesen JDE kaufen will.
Wenn der Deal abgeschlossen ist, soll das neue Unternehmen in einen Getränkekonzern unter anderem mit den bekannten Marken 7up und Dr Pepper sowie einen Kaffeekonzern mit dem Namen Global Coffee Co. aufgespalten werden. Die Reimanns werden dann an diesem komplexen Firmenhandel mehrfach verdient haben: In den vergangenen Jahren hatte JAB bereits einen großen Teil seiner Anteile an KDP verkauft. Jetzt zahlt KDP 18 Milliarden Dollar für JDE, ein Aufschlag von etwa 20 Prozent auf den Schlusskurs der Aktie vom vergangenen Freitag, wovon der Großteil an den Mehrheitsaktionär JAB gehen wird.
Mit dem Kaufen, Fusionieren, Verkaufen und mit Börsengängen von Firmen hat JAB über die vergangenen Jahrzehnte das Vermögen der Reimann-Erben vervielfacht. Diese Strategie ähnelt dem Vorgehen aggressiver Investmentgesellschaften. Ob sie sich lohnt, ist fraglich - auch im Fall der Reimanns. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg hatte im vergangenen Jahr nachgerechnet, dass ihr Reichtum stärker gewachsen wäre, wenn sie es vor Jahren in einen günstigen ETF investiert hätten, der einfach die Entwicklung des Aktienmarktes nachbildet.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke