Zinsen von eingefrorenen russischen Milliarden – so viel überweist die EU Kiew wirklich
Die EU hat der Ukraine in der ersten Hälfte dieses Jahres 10,1 Milliarden Euro an Erlösen aus eingefrorenen Geldern der russischen Zentralbank überwiesen. Das zeigen Zahlen der EU-Kommission, die WELT AM SONNTAG vorliegen. Brüssel unterstützt mit dem Geld militärische und zivile Projekte in dem Land.
Im März, Mai, Juni und Juli erhielt die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj den Zahlen zufolge jeweils eine Milliarde Euro an Zinserträgen, im Januar waren es drei Milliarden, im April 3,1 Milliarden. Das russische Vermögen selbst liegt bei dem belgischen Unternehmen Euroclear, das Wertpapiere verwahrt und Aktiengeschäfte abwickelt. Im Jahr 2022 hatte die EU insgesamt 210 Milliarden Euro aus Russland festgesetzt.
Manche Politiker wollen Kiew die gesamten Mittel zur Verfügung stellen – und nicht nur die Zinsen daraus. „Es wird höchste Zeit, die russischen Gelder direkt zu nutzen“, sagte die EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) WELT AM SONNTAG. „Sei es, um die Ukraine wirtschaftlich zu unterstützen oder um Waffensysteme zu finanzieren.“
Ökonomen hingegen warnen vor verheerenden Folgen für das Finanzsystem. „Das ganze Thema ist ziemlich emotional“, sagt Nicolas Véron, ein französischer Ökonom, der für die Brüsseler Denkfabrik Bruegel und das Washingtoner Peterson Institute for International Economics arbeitet.
„Viele Menschen halten es verständlicherweise für moralisch richtig, das eingefrorene Geld der Ukraine zu geben.“ Aber so einfach, erklärt Véron, sei es eben nicht. „Zentralbanken müssen darauf vertrauen können, dass ihre Reserven im Ausland sicher sind.“ Es handele sich dabei um ein zentrales Element der globalen Währungsordnung.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Stefan Beutelsbacher ist Korrespondent in Brüssel. Er berichtet über die Wirtschafts-, Handels- und Klimapolitik der EU. Zuvor war er US-Korrespondent in New York.
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