Wo sich Zugfahren lohnt - und wo Fliegen
Greenpeace hat Ticketpreise für europäische Reiserouten verglichen. Auf mehr als der Hälfte der untersuchten grenzüberschreitenden Strecken ist demnach Fliegen billiger als der Zug - was die Umweltorganisation kritisiert.
Die private Umweltschutz-Organisation Greenpeace hat in 31 europäischen Ländern die Ticketpreise fürs Fliegen und Bahnfahren verglichen. Untersucht wurden 142 Routen zu neun unterschiedlichen Buchungszeitpunkten. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass auf einem Großteil der verglichenen Strecken Fliegen billiger sei als Zugfahren.
"Zugfahren ist nur auf 46 Prozent der Strecken günstiger als das klimaschädliche Fliegen", heißt es in der Auswertung. In absoluten Zahlen gilt das auf 66 von 142 Strecken, auf denen Greenpeace die Ticketpreise von Flug- und Bahnreisen verglichen hat. Vor allem bei grenzüberschreitenden Routen schneidet der Zug demnach schlechter ab.
Extremer Wettbewerb drückt Flugticket-Preise
Im Umkehrschluss heißt das: Will man innerhalb Europas in ein anderes Land reisen, ist nach Greenpeace-Recherchen in mehr als der Hälfte der getesteten Strecken das Flugzeug die billigere Wahl. Die Umweltschutz-Organisation hat die zehn Routen mit den größten Preisunterschieden zwischen Flug- und Zugreise aufgelistet. Demnach war eine Zug-Fahrkarte von Barcelona nach London in der Greenpeace-Stichprobe 26 Mal so teuer wie ein Flugticket.
Ebenso werden die Routen London-Bratislava, Paris-Kopenhagen, oder Köln-Manchester als besonders billig für Flieger genannt. Das seien alles Routen, auf denen ein extrem hoher Wettbewerb durch sogenannte Billig-Airlines herrsche, sagt die Luftverkehrsexpertin Yvonne Ziegler von der Frankfurt University of Applied Sciences.
"So ist es nicht verwunderlich, dass der Preis für ein Flugticket auf diesen Strecken so niedrig ist", so Ziegler gegenüber tagesschau.de. Beim Fliegen mit den sogenannten Low-Cost-Carriern kämen häufig jedoch verdeckte Kosten hinzu, etwa für die Gepäckaufgabe oder die Anreise zum Flughafen. Dies wurde in der Berechnung der Ticketpreise nicht berücksichtigt, wie Greenpeace auf Nachfrage bestätigt.
Wo sich grenzüberschreitend eher der Zug lohnt
Die stichprobenartige Untersuchung von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass nur bei 39 Prozent der untersuchten grenzüberschreitenden Verbindungen der Zug die günstigere Option gewesen sei, sprich auf 43 von 109 Strecken. Vor allem Zugreisen von oder nach Frankreich seien deutlich teurer als Fliegen gewesen - gefolgt von Spanien, dem Vereinigten Königreich und Italien.
Auf internationalen Routen von und nach Deutschland hänge der Preis stark vom Zielland ab. Meist günstiger als das Flugzeug sind laut Greenpeace Züge bei Verbindungen nach Österreich, Schweiz, Benelux, Polen, Tschechien und Slowenien. Nach Schweden und Dänemark gewinne mal der Zug und mal der Flug, je nach Buchungszeitpunkt.
Klar im Preisvorteil ist die Bahn, wenn Reisende aus dem Inland nicht über eine Grenze müssen. "Innerhalb Deutschlands ist Bahn fahren fast immer günstiger als fliegen", so Greenpeace-Studienautor Herwig Schuster gegenüber tagesschau.de. Der Studie zufolge kostete die Bahn auf den zwei untersuchten innerdeutschen Routen im Schnitt höchstens ein Drittel vom Flugticket. Nach Angaben der Deutschen Bahn zeigten Auswertungen des Statistischen Bundesamts zudem, dass Fahrten im Fernverkehr im Juli 2025 etwa so teuer wie im Jahr 2020 waren.
Was Teil der Kalkulation sein sollte
Insgesamt gebe es im Vergleich zur Studie von 2023 eine leicht positive Entwicklung, heißt es in der Studie. So sei die Zahl der Strecken gestiegen, auf denen Zugfahren gegenüber Fliegen günstiger geworden sei. Was laut Greenpeace aber auch daran liegt, dass die Flugticketpreise gestiegen seien, während die Bahnpreise auf vielen Routen konstant geblieben seien - trotz Inflation.
Der Fahrgastverband Pro Bahn weist auf Anfrage von tagesschau.de darauf hin, dass Reisende durch die Sparpreise bei Zugtickets stark profitieren können - vor allem wenn man flexibel sei, was die Reisetage angehe. Zudem führen Kinder bis 14 Jahren in Begleitung Erwachsener kostenlos mit der Deutschen Bahn, Gepäckstücke seien kostenlos, und es gebe Seniorenrabatte. All das gelte es zu berücksichtigen, wenn man die Preise für Flug- und Zugtickets vergleiche, so Detlef Neuss von Pro Bahn.
Bahnreisen innerhalb Europas zu kompliziert?
In einem Punkt gibt Neuss den Forderungen der Umweltorganisation recht: Zugreisen innerhalb Europas müssten unkomplizierter zu buchen sein. "Was wir auf alle Fälle brauchen sind durchgehende Tickets und durchgehende Fahrgastrechte", so Bahn-Experte Neuss. Derzeit müsse man häufig in jedem Land, bei jedem Bahnbetreiber ein Extraticket buchen.
Um beispielsweise von einem deutschen Bahnhof nach Barcelona mit dem Zug zu kommen, könne es sein, dass man vier verschiedene Tickets brauche. "Wenn Sie dann in Paris den Anschlusszug nach Lyon verpassen, weil sich der vorherige Zug verspätet hat, dann haben Sie kein Recht auf Ersatz, sondern müssen sich ein neues Ticket kaufen," so Neuss. Hier müsse die Politik ran.
Die Deutsche Bahn arbeitet nach eigenen Angaben bereits an einer "Wachstumsstrategie für den internationalen Fernverkehr". Dazu gehörten Investitionen in neue Fahrzeuge, die Umsetzung eines europäischen Ticketing-Standards und das Angebot von neuen Verbindungen im internationalen Fernverkehr.
Muss Fliegen teuer werden?
Greenpeace fordert, "dass Zugfahren in Europa auf allen Strecken günstiger sein sollte als Fliegen". Entsprechend müsse Bahnfahren günstiger gemacht werden durch eine Senkung der Steuern und der Schienenmaut, so die Organisation. Dem stimmt auch der Fahrgastverband Pro Bahn zu. So sei die Schienenmaut in Deutschland eine der höchsten.
Die Umweltaktivisten fordern zudem, Fliegen höher zu besteuern. So würden Flugreisen in Deutschland und Europa durch steuerliche Sonderregeln und andere Vergünstigungen gefördert. Hier widerspricht Luftfahrtexpertin Ziegler. Der Luftverkehr sei bereits mit umfangreichen Abgaben und Steuern belegt. Zudem finanziere der Luftverkehr die von ihm genutzte Infrastruktur in Deutschland selbst - anders als die anderen Verkehrsträger Pkw und Bahn.
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