Ende Juli hatte US-Präsident Trump eine Einigung mit der EU beim Thema Zölle verkündet. Gilt der Deal jetzt also? So einfach ist es nicht, denn es fehlt noch ein entscheidendes Dokument - und das birgt Streitpotenzial.

Am Montagabend ging es im Weißen Haus um die Sicherheit der Ukraine. US-Präsident Donald Trump stellt einen europäischen Anführer nach dem anderen vor. Sein Blick wandert durch den Saal und bleibt bei Europas höchster Beamtin stehen: "Ursula von der Leyen. Das ist jemand, mit dem wir gerade einen großen Deal abgeschlossen haben", sagte Trump.

Einen Deal, den viele Europaabgeordnete als herbe Niederlage für die Europäische Union werten. Für die meisten Produkte aus der EU, die in die USA exportiert werden, gelten 15 Prozent Zoll. Für Aluminium, Stahl und Kupfer sogar 50 Prozent. Viele US-Produkte kommen dagegen zollfrei auf den europäischen Markt.

Hinzu kommt, dass die EU Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten zugesagt hat. Für weitere 750 Milliarden Dollar bis zum Ende von Trumps Amtszeit wolle man Energie aus den USA kaufen. Ob diese Summen jemals fließen werden, steht auf einem anderen Blatt.

Trump mit von der Leyen und anderen europäischen Spitzenpolitikern am Montag im Weißen Haus. Die EU-Kommissionspräsidentin nannte er "jemanden, mit dem wir einen großen Deal abgeschlossen haben".

Gemeinsame Erklärung fehlt noch

Das, was der Deal eigentlich erreichen sollte, bleibe er aber noch schuldig, sagt die französische Abgeordnete der liberalen Renew-Fraktion Marie-Pierre Vedrenne: "Noch immer bleiben die Dinge unklar. Der US-Präsident hat das Dekret erlassen und der Basiszollsatz von 15 Prozent ist in Kraft getreten. Doch noch immer bleibt die Unsicherheit, die mit diesem Deal eigentlich hätte aus der Welt geschafft werden sollen", so Vedrenne.

Denn eigentlich sollten EU und USA in einer gemeinsamen politischen Willenserklärung den sogenannten Deal fix machen. Diese Erklärung sollte schon vor Wochen stehen, ist aber noch immer nicht da.

"Es ist unerträglich", sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange. Die US-Seite hatte etwa zugesagt, dass auch auf Autos 15 Prozent Zoll gelten solle. Doch solange keine gemeinsame Erklärung vorliegt, gelten noch 27,5 Prozent. Seit Freitag gelten sogar auf Golfwagen, Fitnessgeräte und Angelzubehör 50 Prozent, weil diese sogenannte Derivate von Aluminium, Stahl und Kupfer seien, sagt das amerikanische Handelsministerium zur Begründung.

Wochenlang hatte die europäische Seite auf einen Entwurf aus den USA gewartet. Der traf nun am vergangenen Donnerstag in Brüssel ein. Nur waren darin Punkte enthalten, die vorher nicht abgesprochen waren.

Ein strittiger Punkt: Die Financial Times hatte berichtet, dass die US-Seite zur Bedingung gemacht habe, eine gemeinsame Erklärung nur unterzeichnen zu wollen, wenn große Tech-Unternehmen wie Meta oder X Sonderkonditionen erhalten. Für sie sollte zum Beispiel der Digital Services Act (DSA) gelockert werden.

EU will bei Digitalgesetzen hart bleiben

Olof Gill, Sprecher der EU-Kommission, dementiert: "Die Hoheit der EU über regulatorische Fragen steht nicht zur Diskussion und war es auch nie in unseren Verhandlungen mit den USA. Das gilt für alles Digitale, aber auch für Ernährung, Gesundheit und Sicherheit. Wir werden nicht von dieser roten Linie weichen."

Gesetze wie der DSA oder sein Schwestergesetz, der Digital Markets Act (DMA), der für faireren Wettbewerb sorgen soll, seien die schärfsten Schwerter der EU-Regulierungsbehörden, sagt die Co-Vorsitzende des auf digitale Transformation spezialisierten Vereins D64, Magro: "Das ist aus meiner Sicht ein absolut illegitimes Eingreifen in die Durchsetzung europäischer Gesetze und ein Vorstoß, dem die EU-Kommission auf keinen Fall nachgeben darf. Wir dürfen uns die Umsetzung europäischer Gesetze und Rechte niemals von den Interessen der amerikanischen Industrie diktieren lassen."

Die EU-Kommission hat inzwischen auf den amerikanischen Entwurf geantwortet. Der Ball liege nun wieder bei den USA. Schon vor Wochen hieß es, man sei zu 95 Prozent fertig. Nur die letzten fünf seien immer die schwersten.

Doch noch niedrigere Zölle - etwa für Wein?

Das Prozedere erinnert an ein Pingpong-Spiel. Nur begreife Trump dieses Spiel als einen Kampf, sagt SPD-Politiker Lange. Letztendlich müsse das ja auch noch durch das Europäische Parlament. "Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Mehrheit für so eine einseitige, die US-Produkte bevorzugende Regelung geben wird. Hier brauchen wir auch wirklich klare Kante, um die europäischen Interessen zu verteidigen."

Vor allem werden auch nach Vorstellung einer gemeinsamen Erklärung viele Punkte noch zu verhandeln sein. Ob es nicht doch niedrigere Sätze als die 15 Prozent für einzelne Produkte geben könnte - für Wein und Spirituosen etwa.

Der Export leidet jetzt schon. Das Geschäft am Hamburger Hafen ist mittlerweile um fast ein Fünftel zurückgegangen. Das liegt allerdings nicht nur an den Zöllen, sondern auch am starken Euro.

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