Tausende VW-Beschäftigte kehren der IG Metall den Rücken
Aus Frust über den jüngsten Tarifabschluss sollen einem Medienbericht zufolge seit Jahresbeginn mehr als 2000 Mitarbeiter am Stammsitz Wolfsburg aus der Gewerkschaft ausgetreten sein, Tendenz steigend. Der mächtigen Arbeitnehmervertretung droht eine Zerreißprobe.
Bei Volkswagen, Deutschlands größtem Industriekonzern, brodelt es: Nach Informationen der "Wirtschaftswoche" haben allein am Stammsitz Wolfsburg seit Jahresbeginn mehr als 2000 Beschäftigte die IG Metall verlassen. Insidern zufolge könnte diese Zahl in den kommenden Wochen auf 3000 steigen – trotz Neueintritten. Der massive Mitgliederschwund trifft die größte deutsche Gewerkschaft zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn in wenigen Monaten stehen bei VW Betriebsratswahlen an, die den Machtkampf innerhalb der Arbeitnehmervertretung weiter anheizen könnten.
Die Austrittswelle wird vor allem auf die Unzufriedenheit vieler Beschäftigter mit den Ergebnissen der jüngsten Tarifverhandlungen zurückgeführt. Zwar konnte die IG Metall eine Beschäftigungsgarantie bis 2030 und den Erhalt aller deutschen Werke aushandeln, doch der Preis dafür war hoch: Der Abbau von 35.000 Stellen, Einschnitte bei Entgeltstrukturen und die Verlagerung der Golfproduktion nach Mexiko sorgen für Unmut unter den Mitarbeitern. Hochrangige Gewerkschafter warnen, dass die Austritte erst der Anfang sein könnten. "Die Frustration ist groß, und die Stimmung kippt", heißt es aus Gewerkschaftskreisen.
Laut der "Wirtschaftswoche" wollte weder die Gewerkschaft noch der Betriebsrat die aktuellen Zahlen offiziell kommentieren. Der Organisationsgrad bei Volkswagen liege aber weiterhin über 90 Prozent, werden Konzernkreise zitiert. Dennoch sind die internen Spannungen unübersehbar – und sie könnten die Arbeitnehmervertretung künftig nachhaltig schwächen. Hochrangige Gewerkschafter warnen angeblich bereits, dass die Austrittswelle noch deutlich größer werden könnte.
Machtkampf zwischen Cavallo und Patta
Für die IG Metall und Betriebsratschefin Daniela Cavallo kommt das zur denkbar ungünstigsten Zeit: In acht Monaten stehen bei Volkswagen Betriebsratswahlen an. Cavallo, die als Verhandlungsführerin der Arbeitnehmerseite maßgeblich für den umstrittenen Tarifabschluss verantwortlich gemacht wird, steht dabei vor einer großen Herausforderung. Ihr schärfster Konkurrent ist Frank Patta, ein ehemaliges IG-Metall-Mitglied, der die Ergebnisse der Verhandlungen scharf kritisiert.
Patta wirft der aktuellen Betriebsratsführung vor, zu viele Zugeständnisse an den Konzern gemacht zu haben, insbesondere bei der Verlagerung der Golfproduktion und den Eingriffen in Entgelt- und Arbeitsstrukturen. Insidern zufolge haben Cavallo und Patta ein schwieriges Verhältnis – was den bevorstehenden Wahlkampf anheizen dürfte. Für die IG Metall steht viel auf dem Spiel: Ein geschwächter Betriebsrat könnte die Verhandlungsposition der Arbeitnehmerseite bei künftigen Tarifrunden erheblich beeinträchtigen.
Auch für Volkswagen steht viel auf dem Spiel. Der Konzern befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Umbruchs. Besonders das Stammwerk in Wolfsburg steht vor großen Veränderungen: Die Produktion des Verbrenner-Golfs endet 2027, künftig sollen dort Elektrofahrzeuge wie der ID.3 gefertigt werden. Auch andere Standorte wie Osnabrück und Dresden sind von Unsicherheiten betroffen. Zwar konnten betriebsbedingte Kündigungen bis 2030 ausgeschlossen werden, doch der massive Stellenabbau und die Einschnitte bei Gehalt und Arbeitszeitmodellen hinterlassen tiefe Spuren in der Belegschaft. Viele Beschäftigte fühlen sich von der Gewerkschaft und dem Betriebsrat im Stich gelassen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke