Finanzamt in Kassel macht die Steuererklärung selbst
Für viele Arbeitnehmer ist die jährliche Steuererklärung eine lästige Papierarbeit. In Kassel testet das Finanzamt nun ein neues Verfahren. Dabei müssen die Bürger theoretisch nichts tun, außer zuzustimmen.
Für eine ausgewählte Gruppe von hessischen Steuerpflichtigen übernimmt testweise das Finanzamt die Einkommenssteuererklärung. Mit dem Pilotprojekt in Kassel sollen die Bürgerinnen und Bürger entlastet und die Verwaltung effizienter werden, wie Hessens Finanzminister Alexander Lorz in Wiesbaden erläuterte. Ist der Testlauf für die Einkommenssteuer 2024 erfolgreich, dann wolle das Land das Programm ausweiten.
Das Finanzamt schickt den Steuerpflichtigen, deren Steuerdaten der Behörde wohl bereits vorliegen, einen Vorschlag für die Festsetzung der Einkommenssteuer. Dadurch kann die Abgabe einer Steuererklärung überflüssig werden. Der Steuerverwaltung liegen aufgrund von gesetzlich verankerten Meldepflichten bereits zahlreiche Informationen vor - etwa über Lohn, Rente und Versicherungen.
Die Bürgerinnen und Bürger müssten den Vorschlag nur noch prüfen, erläuterte das Ministerium. "Sind sie einverstanden, müssen sie nichts weiter unternehmen." Das Finanzamt wird nach Ablauf einer Frist von vier Wochen einen Einkommensteuerbescheid ohne weiteres Zutun der Bürgerinnen und Bürger erlassen.
Und wenn jemand nicht einverstanden ist?
Sofern den Bürgerinnen und Bürgern weitere Aufwendungen entstanden sind, können sie diese innerhalb der Frist geltend machen. Das sei unkompliziert über die Elster-Software möglich, eine gesonderte Steuererklärung müsse man dazu nicht anfertigen, erläuterte das Ministerium. Natürlich können die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin eine selbst erstellte Steuererklärung abgeben. Sollte der Vorschlag nicht alle Einnahmen enthalten, dann muss dies geschehen.
Die ersten Vorschläge gehen an rund 6.000 Steuerpflichtige in der Stadt und im Landkreis Kassel, die nicht steuerlich beraten werden und die die Frist zur Abgabe der Einkommenssteuererklärung 2024 bereits versäumt haben. Nach dem bisherigen Verfahren würde diesen Bürgerinnen und Bürgern nun ein Erinnerungsschreiben oder danach eine Mahnung ins Haus flattern, sagte Minister Lorz. "Alles keine schönen Sachen." Mit dem Vorschlag für die Steuererklärung stimme die Finanzverwaltung "eine neue Tonlage" an und schicke ein Angebot.
Steuerzahlerbund begrüßt Methode
"Das hessische Pilotprojekt kann ein Schritt in die richtige Richtung sein", teilte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hessen, Joachim Papendick, mit. "Dass so etwas aber jetzt erst im kleinen Maßstab ausprobiert wird, zeigt, wie sehr Deutschland hinterherhinkt." Bislang sei die Steuererklärung hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern deutlich komplexer und zeitaufwendiger. "Wir müssen das Ganze vereinfachen und mehr digitalisieren", forderte Papendick.
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte das Pilotprojekt als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer modernen, bürgerfreundlichen Steuerverwaltung. "Wir freuen uns sehr, dass der hessische Finanzminister Mut beweist und den Weg in Richtung einer vollständig digitalisierten und automatisierten Erstellung einfacher Steuererklärungen einschlägt", erklärte der Bundesvorsitzende Florian Köbler. "Während unsere Kolleginnen und Kollegen heute noch viel Zeit mit der manuellen Bearbeitung von Standardfällen verbringen, könnten sie sich bei einer vollständigen Digitalisierung auf die wirklich komplexen und wichtigen Fälle konzentrieren."
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke