Wie Uber, Bolt & Co. ihr Geschäft aufziehen
Die Stadt Heidelberg sieht bei Uber, Bolt und Co. Dumping am Werk - und hat Mindesttarife eingeführt. Wie verdienen die Taxi-Konkurrenten ihr Geld?
In der Stadt Heidelberg gibt es seit 1. August Mindesttarife für Mietwagen. Die Kosten für Taxikonkurrenten wie Uber, Bolt und Co. dürfen damit maximal 7,5 Prozent unter den für den Taxenverkehr geltenden Entgelten liegen. Damit sollen "Dumpingpreise im Mietwagenverkehr unterbunden und das Taxigewerbe als Teil des ÖPNV geschützt" werden, heißt es seitens der Stadt.
Doch wer sind die Mietwagenanbieter? Und wie verdienen sie ihr Geld? Ein Überblick.
Was ist der Unterschied zwischen einem Taxi und Mietwagenfirmen?
Die großen Player der Branche in Deutschland, Uber oder auch Konkurrent Bolt, operieren überwiegend als Mietwagenunternehmen, nicht als Taxen, auch wenn sie inzwischen mit herkömmlichen Taxiunternehmen kooperieren.
Ein zentraler Unterschied ist, dass Mietwagen nach einer Fahrt zurück zur Betriebsstätte fahren müssen. Nur wenn sie während der Fahrt einen neuen Auftrag bekommen, entfällt diese sogenannte Rückkehrpflicht. Für Taxen gilt das nicht. Zudem sind die Mietwagenabieter in ihrer Preisgestaltung frei, wenn es nicht entsprechende Mindesttarife wie in Heidelberg gibt.
Die Tarife der Taxen werden dagegen von den Kommunen und Landkreisen für ihr Pflichtfahrgebiet festgelegt. Allerdings gibt es inzwischen erste Kommunen wie die Stadt Frankfurt, die zusätzlich zum Taxameter auch Vorabpreise erlauben, die je nach Nachfragelage höher oder niedriger ausfallen dürfen.
Wer ist in Deutschland Marktführer?
Hierzulande sind aktuell insbesondere der US-Konzern Uber und der estnische Konzern Bolt die bekanntesten Vertreter im App-basierten Mietwagengeschäft. Beide bieten selbst keine Fahrten an, sondern arbeiten mit Subunternehmern zusammen; die die Flotte betreiben und Fahrer anmelden.
Genaue Angaben zum Marktanteil oder Umsatz sind schwierig, da beide Unternehmen für Deutschland keine separaten Zahlen ausweisen. Uber dürfte allerdings der größere Player sein: Auf der eigenen Webseite listet Uber für Deutschland aber inzwischen mehr als 650 Orte auf, in denen der Konzern seine Fahrdienste anbietet. Konkurrent Bolt hingegen kommt auf gerade mal etwas mehr als 50 Orte.
Auch auf Konzernebene ist Uber größer - laut Jahresbericht 2024 verbuchte das Unternehmen einen globalen Umsatz von rund 43 Milliarden US-Dollar. Bolt kommt dagegen auf gerade einmal 1,9 Milliarden Euro.
Neue Konkurrenz hierzulande ist aber in Sicht: Das US-Unternehmen Lyft hat Ende Juli das Unternehmen FreeNow übernommen und will mit dessen Flotte nun den europäischen Markt erobern.
Wie stark ist die Konkurrenz für Taxen?
Insgesamt schätzt Statista in ihren Market Insights, dass der Umsatz im sogenannten "Ridehailing-Markt" hierzulande bisher noch halb so groß ist wie der im Taxigewerbe. Für 2025 erwartet das Datenportal einen Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro für die Mietwagenbranche, für den Taximarkt etwa 3,2 Milliarden Euro.
Allerdings versuchen die neuen Unternehmen, die Taxis vom Thron zu stoßen. Im Vergleich zu 2019 hat sich der Umsatz der Ridehailing-Branche beinahe verdoppelt. Umgekehrt schrumpft der Umsatz mit Taxis. Laut Statista fuhren Taxen 2019 noch mehr als 4,4 Milliarden Euro Umsatz ein - rund 1,2 Milliarden Euro mehr als aktuell. Die Analysten gehen davon aus, dass sich die neueren Ridehailinganbieter noch weiter durchsetzen werden.
Wie verdienen Uber und Co. ihr Geld?
Der US-Konzern Uber ist seit 2023 profitabel. Seitdem schreibt das Unternehmen auf Jahressicht Gewinne - ein Hauptgrund dafür ist die Mobilitätssparte, so der Jahresbericht. Bolt dagegen macht noch Verluste.
Ein zentraler Einnahmefaktor sind laut Branchenexperten die Provisionen, die die Unternehmen pro Fahrt erheben. Bolt veröffentlicht die Höhe zumindest zum Teil auf der eigenen Webseite. In Berlin, Frankfurt, München, Köln und Düsseldorf fließen demnach 25 Prozent des Preises an Bolt, in Nürnberg 29 Prozent. Uber Deutschland macht dazu keine Angaben auf der Webseite.
Für das Vereinigte Königreich berechneten Forscher der Universität Oxford aber, dass die mittleren Provisionen an Uber zwischen 2016 und 2024 von rund 25 Prozent auf 29 Prozent gestiegen seien. In einigen Fällen behalte Uber mehr als die Hälfte des Fahrpreises ein. Forscher der Columbia Business School kamen für die USA unlängst zum Schluss, dass Uber seine sogenannte Take Rate gar "auf über 42 Prozent bis Ende 2024 deutlich steigern" konnte.
Ein Uber-Sprecher sagte gegenüber tagesschau.de, die Studien seien ungenau und beriefen sich auf zu kleine Stichproben. Die durchschnittliche Vermittlungsprovision liege nicht, wie oft behauptet, bei 30 Prozent, "sondern durchschnittlich im niedrigen zweistelligen Bereich".
Worauf basieren die Vorwürfe gegen die Fahrdienstleister?
Gerade die Taxibranche beschuldigt die Fahrdienstleister, mit massiven Subventionen den Markt kaputt zu machen. Denn: Die Preise für eine Fahrt mit Bolt oder Uber sind oft erheblich niedriger als die der Taxikonkurrenz. Die Branchenexperten der Beraterfirma Linne + Krause etwa attestieren im Gutachten für die Stadt Heidelberg, dass Uberfahrten zwischen 35 und 39 Prozent günstiger seien als Taxifahrten. Dafür hatten sie mehr als 30.000 Taxitouren in Heidelberg und deren Preise mit rund 40.000 Fahrten des wichtigsten Heidelberger Uber-Subunternehmen verglichen.
Diese günstigen Verbraucherpreise basierten "auf einem System von Abzügen und Zuschüssen durch die Plattform, das im Endeffekt auf einen Verdrängungswettbewerb hinausläuft", konstatiert das Gutachten weiter.
Die Mietwagenfirmen verweisen dagegen auf die höhere Auslastung durch die effiziente technologiebasierte Vermittlung. Uber-Partner bekämen so deutlich mehr Fahrten und könnten höhere Umsätze erzielen, die wiederum niedrigere Preisen erlaubten, heißt es von dem Unternehmen. Das Mietwagengeschäft sei zudem sehr rentabel, das habe zuletzt auch eine Studie des Institut der deutschen Wirtschaft gezeigt. Auch Bolt sagte auf tagesschau.de-Anfrage: "Die Preisgestaltung bei Bolt basiert auf Effizienz durch Technologie."
Tatsächlich räumt Uber ganz allgemein die Subventionspraxis durchaus ein. Im US-amerikanischen Jahresbericht 2024, im sogenannten Formular 10-K, heißt es etwa: "Um in bestimmten Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben, haben wir in der Vergangenheit die Tarife oder Servicegebühren gesenkt und werden dies möglicherweise auch weiterhin tun."
Warum die Kritik an den Arbeitsbedingungen?
In Deutschland arbeiten sowohl Bolt als auch Uber mit eigenständigen Subunternehmern zusammen; über diese sind die Fahrer angestellt. Allerdings gibt es immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Branche.
2023 sprach Axel Osmenda, der Fachgebietsleiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt Berlin, gegenüber dem rbb von oftmals "organisierter Schwarzarbeit" bei den Berliner Mietwagenfirmen. Seitdem hagelte es zahlreiche Stilllegungen durch die Behörden bei diversen Subunternehmern.
Auch Forscher des Wissenschaftszentrums Berlin kamen zuletzt in ihrem Report "Fairwork Deutschland 2025" für den deutschen Mietwagenmarkt zu dem Schluss, "dass diese Verträge oft nicht eingehalten werden und dass die mit dem Beschäftigungsstatus zusammenhängenden Leistungen von den Subunternehmen häufig nicht gewährt werden".
Sowohl Uber als auch Bolt betonen dagegen, dass für sie die Einhaltung der Gesetze höchste Priorität habe. Man arbeite auch eng mit den Behörden zusammen. Ein Bolt-Sprecher sagte tagesschau.de: Das Unternehmen hoffe sogar auf mehr Transparenz und mache sich auf Bundesebene für die Einführung eines digitalen Registers für Mietwagen- und Taxikonzessionen stark.
Auch das Argument des unlauteren Preisdrucks zuungunsten der Mitarbeiter weisen die Unternehmen zurück. Fahrer verdienten den gesetzlichen Mindestlohn - "oftmals mehr", heißt es von Uber. Ähnlich argumentiert auch Bolt.
Wie aussichtsreich ist die Verhängung von Mindesttarifen?
Bisher hatte die Stadt Leipzig sich ebenfalls bereits an einem Mindestentgelt versucht - und war gescheitert. Ein Mietwagensubunternehmer klagte und bekam vor dem Verwaltungsgericht Leipzig in einem zentralen Punkt recht: Die festgelegte Höhe des Mindestpreises sei unverhältnismäßig. Denn: Der Preis lag über dem Tarif der Taxen.
Das will die Stadt Heidelberg nun besser machen - sie hat das Mindestentgelt unterhalb des regulären Taxipreises festgesetzt. Herwig Kollar, der Präsident des Bundesverband Taxi, sagte tagesschau.de: "Ich halte den Vorstoß für sehr aussichtsreich. Die Stadt Heidelberg hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das den Markt untersucht, und auch der Gesetzgeber ermöglicht explizit seit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes, dass es Mindestpreise geben darf."
Uber Deutschland warnt dagegen vor steigenden Preisen vor Verbraucher. Und: Die Verfügung wird wohl auch vor Gericht gehen. Zwar nicht durch Uber selbst - Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler hatte erklärt, der Konzern selbst wolle nicht klagen. Allerdings hätten mehrere der Logistik -und Chauffeursunternehmen, die in Heidelberg die von Uber vermittelten Fahren durchführen, rechtliche Schritte angekündigt, sagte er. Diese würden jetzt um ihre Existenz bangen.
Wie gehen andere Städte mit dem Phänomen um?
Auch andere Städte haben zuletzt über Mindestpreise nachgedacht, wie etwa München, dann aber doch vorläufig einen Rückzieher gemacht. Die Stadt setzt nun auf eine freiwillige Selbstvereinbarung - vorläufig.
Hamburg geht einen anderen Weg. Hier muss vor Zulassung jedes Unternehmen - egal ob Taxi- oder Mietwagenfirma - nachweisen, dass es ein tragfähiges Geschäftsmodell hat und die Firmen "eigenkapitalgedeckt dauerhaft finanziell so aufgestellt sind, dass die Fahrzeugflotten in Ordnung gehalten werden und beispielsweise die Versicherungen und Sozialabgaben gezahlt werden können", wie ein Sprecher der Hamburger Verkehrsbehörde tagesschau.de auf Anfrage mitteilte.
Die Bilanz: In Hamburg gibt es bisher keine Genehmigung. Denn, so sagte der Sprecher weiter: "All diese Nachweise wurden bei den Mietwagen-Fahrpreisen unter dem Taxentarif und den gegenüber den Taxenfahrten höheren Steueranteil (19 Prozent anstatt nur sieben Prozent) und höheren Vermittlungsgebühren der Plattformen bis dato nicht erbracht, weshalb auch keine Genehmigung erfolgen kann".
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