«Ein Atomreaktor auf dem Mond wäre schon praktisch»
Die US-Weltraumbehörde Nasa plant, für eine bemannte Station auf dem Mond dort auch ein Atomkraftwerk zu bauen. Bis 2030 soll es so weit sein. Wie realistisch die Pläne sind, weiss der Raumfahrtexperte Karl Urban.
SRF News: Wie muss man sich ein AKW auf dem Mond vorstellen?
Karl Urban: Das Grundprinzip ist ähnlich wie auf der Erde. Aus der Kernspaltung wird Wärme gewonnen, damit wird Wasserdampf erzeugt – auf dem Mond würde wohl eher Natrium verwendet als Wasser – das wiederum Turbinen antreibt, die Strom produzieren.
Man könnte die zweiwöchigen Mondnächte energietechnisch überbrücken.
Auf dem Mond ist ein solches geschlossenes System sicher sinnvoll, weil permanent Strom erzeugt würde für die Mondstation. So können energietechnisch auch die zweiwöchigen Mondnächte überbrückt werden. Die Nasa sagt, ein solcher Reaktor würde zehn Jahre lang laufen – vollkommen autonom. Er würde stetig Wärme und Strom liefern. Das wäre schon sehr praktisch.
Welche Schritte stehen jetzt an?
Seit etwa 15 Jahren interessieren sich wieder mehr Staaten für den Mond. Neben den USA sind das etwa Russland, China oder Indien. An den Artemis-Plänen der Nasa sind auch die Europäer beteiligt. In der Diskussion war da zunächst eine Raumstation, die um den Mond kreisen würde. Mittlerweile gehen die Pläne eher in Richtung bemannter Stationen auf dem Mond.
Es ist ein logischer Schritt, über Kernreaktoren auf dem Mond nachzudenken.
Wenn man dauerhaft dort bleiben will, braucht man auch stetige Energie, aber auch Wasser. Dieses könnte man aus Wassereis gewinnen, das man auf dem Mond mit ziemlicher Sicherheit gefunden hat. Vielleicht wird man sogar Raketentreibstoff herstellen, oder die Mondbasis vor Strahlung schützen wollen. Dafür könnte man auf dem Mond etwa Ziegel herstellen. Das alles aber braucht Energie – und zwar nicht wenig. Deshalb ist es ein logischer Schritt, über Kernreaktoren auf dem Mond nachzudenken.

Welche Risiken gehen von einem AKW auf dem Mond aus?
Zunächst muss der Reaktor überhaupt auf den Mond gebracht werden – an Bord einer Rakete. Dort ist dann auch das radioaktive Spaltmaterial drin. Und bei einem Raketenstart kann immer eine Panne passieren. Wenn die Zuverlässigkeit 99 Prozent ist, geht immer noch jeder 100. Start schief – mit den entsprechenden Risiken, falls die Rakete mit dem Reaktor und dem radioaktiven Material auf die Erde abstürzt. Manche Wissenschaftler halten das für kritisch.
Die Sicherheitsdiskussion ist dieselbe wie auf der Erde.
Und auf dem Mond müssen die Menschen in der Station vor der Strahlung geschützt werden und auch bei Störfällen des AKWs sollten sie unversehrt bleiben. Es ist also letzten Endes dieselbe Diskussion wie bei AKWs auf der Erde. Und so gehen auch die Meinungen darüber auseinander, ob man einen absolut sicheren Atomreaktor überhaupt bauen kann.
Wie sieht es rechtlich aus auf dem Mond? Kann die Nasa ein AKW überall hin bauen, wo sie will?
Meiner Meinung nach nicht. Denn rechtlich gehört auch dieser Teil des Mondes dann trotzdem nicht den USA. Es gibt den Weltraumvertrag, den die meisten weltraumfahrenden Staaten unterzeichnet haben. Demnach darf kein Land Teile eines Himmelskörpers für sich annektieren. Aber faktisch wäre das Terrain der US-Mondbasis mit dem AKW dann wohl zumindest vorübergehend in einer Art Besitz der USA.
Um die besten Plätze auf dem Mond könnte ein Gerangel entstehen.
Allerdings ist jene Fläche auf dem Mond, die zurzeit als mögliches Gebiet für bemannte Basen angesehen wird, relativ klein. Deshalb könnte um die besten Plätze womöglich schon ein Gerangel entstehen. Dann wird sich zeigen, ob dieser Mondvertrag noch Bestand hat, oder ob die faktische Mondexploration dem Abkommen nicht einen Strich durch die Rechnung macht.
Das Gespräch führte Dominik Brand.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke