Wo andere schrumpfen, wachsen wir – bei den Kunden und bei den wichtigsten Finanzkennzahlen vielfach stärker als der Markt.“ Mit diesem Satz begann Telekom-CEO Timotheus Höttges die Vorstellung der Halbjahreszahlen des Bonner Konzerns. Die wohl erfreulichste Nachricht für die Telekom: Die Jahresziele wurden zum zweiten Mal in Folge angehoben.

Der bereinigte Umsatz des Bonner Konzerns stieg im Jahresvergleich um vier Prozent auf 28,7 Milliarden Euro. Der operative Gewinn konnte um fünf Prozent zulegen und liegt nun bei rund elf Milliarden Euro. Damit liegen die Zahlen leicht über den Erwartungen der Analysten. Für das laufende Jahr rechnet die Telekom nun mit einem Betriebsergebnis von mehr als 45 Milliarden Euro. Die Aktie hingegen ist am Morgen um rund fünf Prozent abgesackt.

Warum die Telekom-Aktie trotz guter Ergebnisse einbricht

Wie kann es sein, dass die Aktie des Konzerns trotz starker Geschäftszahlen einbricht? Für Andreas Mark, Senior Portfoliomanager bei der Union Investment, hat das gleich mehrere Ursachen. Einer sei die aktuelle Wachstumsschwäche in Deutschland, sagt Mark auf Anfrage von WELT. Demnach führe der „intensive Wettbewerb im Mobilfunk als auch im Festnetz“ dazu, dass „sich das organische Umsatzwachstum im Mobilfunk und im Breitbandgeschäft abschwächt und auch leicht unter den Erwartungen der Analysen lag“. Auch habe sich das Neukundenwachstum im Mobilfunk abgeschwächt und sei im Breitbandgeschäft „im zweiten Quartal hintereinander sogar negativ“ gewesen.

Zudem habe die „Softbank Group über Nacht 13 Millionen T-Mobile US-Aktien im Wert von über drei Milliarden US-Dollar zu einem Preis von etwa 3 Prozent unter dem Schlusskurs platziert“, so Mark. Auf die deutsche Aktie der Telekom umgerechnet, impliziere das „einen Kursrückgang von etwa zwei Prozent“. Seit Beginn des Jahres sei die Telekom ein „Underperformer“ gegenüber dem DAX-Index sowie im „Vergleich zu den anderen europäischen Telekommunikationswerten“, sagt Mark.

Das erhöhe dann auch die „Abgabebereitschaft, wenn die Quartalszahlen nicht überzeugend ausfallen“. Ein nur leicht verbessertes Ergebnis reiche im aktuellen Umfeld nicht aus, um „eine positive Kursreaktion“ hervorzurufen, wenn man sich „die Volatilität bei vielen Einzeltiteln rund um die Bekanntgabe der Quartalsergebnisse in den vergangenen Wochen ansieht“, erklärt Mark.

Deutsche Telekom stark vom US-Geschäft abhängig

Vorstandschef Höttges selbst bewertete die von ihm vorgelegten Zahlen am Donnerstag als Beleg für seinen Erfolg. „Wir bauen schneller aus als alle Wettbewerber zusammen“, sagte Höttges, „aber regulatorische Hemmnisse und Kostendruck bleiben herausfordernd.“ Der Markt in Deutschland sei komplex, hochreguliert – und wenig wachstumsstark. Auch wenn sich die Telekom in Deutschland gern als das Rückgrat der digitalen Infrastruktur präsentiert, zeigt sich, dass das Heimatgeschäft kaum noch der Motor des Konzerns ist. Dieser liegt schon seit längerer Zeit in den USA, bei der Tochter T-Mobile US, an der die Telekom zu 52,1 Prozent beteiligt ist.

Höttges hob die Jahresziele für die Deutsche Telekom am Donnerstag erneut an. Doch die Zahlen zeigen auch, dass die Abhängigkeit von den USA noch größer werden könnte. Denn dort läuft das Geschäft. Allein im zweiten Quartal hat T-Mobile US 1,7 Millionen neue Vertragskunden hinzugewonnen – ein Rekordergebnis. Für das gesamte Jahr rechnet der Konzern nun mit bis zu 6,4 Millionen neuen Vertragskunden. Beim operativen Gewinn steuert die US-Tochter 7,3 Milliarden Euro und somit etwa zwei Drittel des Gesamtwerts bei. Das Gleiche gilt für den Umsatz, dort dominiert das US-Geschäft mit 18,6 Milliarden Euro und macht somit rund 65 Prozent des Gesamtergebnisses aus.

„T-Mobile US ist der dominante Ergebnisträger im Konzern“, sagte Telekom-Finanzchef Christian Illek bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag. Zudem treibt T-Mobile US auch den Netzausbau voran. In den USA erreicht das Unternehmen nach eigenen Angaben mittlerweile 98 Prozent der Bevölkerung mit seinem 5G-Netz ab. Auch im Festnetz-Geschäft expandiert der Konzern durch Zukäufe wie die von Lumos oder Mint Mobile weiter. Das Europageschäft macht mit einem Anteil am operativen Gewinn von 5,6 Prozent (1,17 Milliarden Euro) nur einen kleinen Teil aus und erreicht nicht mal ein Sechstel des US-Werts.

Kritik für Ende der Diversitätsprogramme

Die Telekom ist also stark auf das US-Geschäft angewiesen und passt sich der dortigen politischen Situation massiv an. Im April kündigte man an, sämtliche Diversitätsprogramme (DEI) einzustellen. US-Präsident Donald Trump hatte die Unternehmen zu diesem Schritt aufgefordert. Ein Grund dafür waren die geplanten Übernahmen der beiden US-Firmen UScellular und Metronet. Denn dazu brauchte der Konzern die Zustimmung der US-Regulierungsbehörde FCC.

In einem Brief an die Behörde hatte T-Mobile US zuvor angekündigt, die DEI-Richtlinien „nicht nur dem Namen nach, sondern in der Substanz“ zu beenden. Es solle künftig weder Teams noch Schulungsmaterialien zu den Themen Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration geben. Die Regulierungsbehörde hatte diesen Schritt als Voraussetzung für die Transaktionen genannt. In der deutschen Heimat gab es von Bürgerrechtsbewegungen und NGOs scharfe Kritik dafür. „Wer sich in Deutschland als Verfechter der Vielfalt inszeniert, darf nicht in den USA vor Trump kapitulieren“, kritisierte etwa Campact.

Höttges hingegen unterstrich bei der Vorstellung der Quartalszahlen, dass die Telekom zu ihren Werten stehe. Daran habe sich nichts geändert, auch in den USA nicht. „Dass wir gewisse Verordnungen akzeptieren, gehört zu unserem gesetzeskonformen Verhalten, das unsere Unternehmen in den jeweiligen Ländern haben. Das heißt nicht, dass wir unsere Werte ignorieren, ganz im Gegenteil“, sagte er.

Telekom-CEO sieht Musk und Trump als Vorbild

Höttges selbst steht zudem auch wegen Äußerungen zu Elon Musks US-Effizienzbehörde DOGE in der Kritik. Auf der weltgrößten Mobilfunkmesse MWC in Barcelona sagte er vor einigen Monaten: „Was Europa braucht, ist ein DOGE“. Mit der temporären Behörde hatte Musk unter der Feder von Trump die Staatsausgaben der USA radikal zusammengestrichen. Unter anderem wurde die internationale Entwicklungshilfe USAID formal aufgelöst und vollständig in das US-Außenministerium integriert.

Im Mai legte Höttges nach und lobte die Politik Trumps als „Reindustrialisierung der USA“, die es für die ganze westliche Welt brauche. Den Fokus auf Öl als Energielieferant, den Ausbau von Rechenzentren sowie die Verlagerung der Produktfertigung in die USA bezeichnete er als sinnvoll. Er wäre „stolz darauf, wenn Europa oder Deutschland auch diesen Versuch unternehmen würden“, sagte Höttges.

Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Insider berichtet, hätte das dem Telekom-CEO sogar Ärger mit dem eigenen Aufsichtsrat eingebracht. Auch Vertreter der Bundesregierung hätten Kritik geübt. Der Betriebsrat habe zudem im Intranet ein Schreiben geteilt, in dem er sich von den Aussagen distanzierte.

Der Dachverband der Kritischen Aktionäre hatte schon bei der Hauptversammlung der Telekom im April 2025 einen Gegenantrag eingebracht, indem es hieß, dass Höttges „seiner Verantwortung nicht gerecht“ werde und das Image des Unternehmens schädige. Der Verband forderte den Aufsichtsrat auf, sich von den Aussagen zu distanzieren und Höttges abzumahnen.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit „Business Insider Deutschland“.

Max Skowronek berichtet für WELT und Business Insider über Informationstechnologie und Telekommunikation.

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