EU und USA einigen sich auf Kompromiss im Zollstreit
Monatelang sorgte der Zollstreit zwischen den USA und der EU für Verunsicherung. Nun haben sich US-Präsident Trump und Kommissionspräsidentin von der Leyen auf einen Kompromiss geeinigt. Statt 30 soll es nun Zölle von 15 Prozent geben.
Die Europäische Union und die USA haben sich auf eine Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des seit Monaten andauernden Zollkonflikts geeinigt. Das gaben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen in Schottland bekannt. Der Kommissionspräsidentin zufolge werde der Zollsatz auf die meisten Importe bei 15 Prozent liegen, das gelte auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte.
"Wir haben eine Einigung erzielt. Es ist ein gutes Abkommen für alle", sagte Trump nach einem einstündigen Treffen mit von der Leyen in seinem Golf-Resort im schottischen Turnberry. Von der Leyen sagte zur Beendigung des monatelangen Zollstreits: "Wir sollten nicht vergessen, wo wir herkommen." Die Einigung werde für Stabilität sorgen, es sei ein "gutes Abkommen". Die 27 EU-Mitgliedstaaten müssen der Einigung noch zustimmen.
Stahl- und Aluminiumzölle bleiben - vorerst?
Die Zölle auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium bleiben laut US-Präsident wie gehabt bei 50 Prozent. "Das ist eine weltweite Angelegenheit, die so bleibt, wie sie ist", betonte Trump.
Von der Leyen betonte hingegen, auch bei Stahl könne es eine Annäherung geben. "Die Zölle werden gesenkt und ein Quotensystem eingeführt", sagte die EU-Kommissionspräsidentin. "Bei Stahl und Aluminium stehen die Europäische Union und die USA vor der gemeinsamen Herausforderung globaler Überkapazitäten. Wir werden zusammenarbeiten, um einen fairen globalen Wettbewerb zu gewährleisten und Hindernisse zwischen uns abzubauen."
Fossile Rohstoffe aus den USA statt aus Russland
Laut Trump hat die EU - wie zuletzt auch Japan - weitere Zugeständnisse gemacht, sodass die Einigung für die USA mehr Vorteile mit sich bringt. So werde die EU zustimmen, Energie aus den USA im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu kaufen und zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar mehr in die USA zu investieren, sagte der US-Präsident. Er bezeichnete die Vereinbarung rund um Energie als "sehr wichtige Komponente" des Abkommens.
"Wir werden russisches Gas und Öl durch umfangreiche Käufe von US-Flüssigerdgas, Öl und Kernbrennstoffen ersetzen", sagte von der Leyen. Mit den Einkäufen in den kommenden drei Jahren werde die EU ihre Versorgungsquellen diversifizieren und zur Energiesicherheit in Europa beitragen.
Aber auch die EU kann Erfolge bei den Verhandlungen melden. So wurde eine gegenseitiger Zollsatz von null Prozent auf eine Reihe von Produkten erreicht. Dazu gehören bestimmte Luftfahrtkomponenten, Chemikalien, Generika, Halbleiterausrüstung, Agrarprodukte und einige kritische Rohstoffe, erläuterte von der Leyen.
Merz zeigt sich erleichtert
Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte die Verständigung im Zollstreit. "Mit der Einigung ist es gelungen, einen Handelskonflikt abzuwenden, der die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte", erklärte der CDU-Politiker. Dies gelte besonders für die Automobilwirtschaft, bei der die gegenwärtigen Zölle von 27,5 Prozent auf 15 Prozent fast halbiert würden.
Merz betonte, es sei gut, dass eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermieden werde. "Die Einigkeit der Europäischen Union und die harte Arbeit der Verhandler haben sich ausgezahlt." In den nun anstehenden Verhandlungen über die Details der Einigung habe die EU-Kommission Merz' "volle Unterstützung". Es gelte weiter daran zu arbeiten, die Handelsbeziehungen mit den USA zu stärken.
Klingbeil: Brauchen auch neue Partnerschaften
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, dass eine Verhandlungslösung erreicht worden sei, sei "erstmal gut". Das Verhandlungsergebnis und die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland würden nun in der Bundesregierung ausgewertet, sagte der Vizekanzler. Es sei wichtig, dass Europa seine Interessen verteidigt habe.
Klingbeil betonte aber auch:"Grundsätzlich bleibt meine Überzeugung: Zölle schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Wir brauchen niedrige Zölle und offene Märkte. Wir setzen weiter auf gute Handelsbeziehungen. Dafür werden wir neben den USA auch neue weltweite Partnerschaften aufbauen."
Christian Feld, ARD Brüssel, zzt. Schottland, zur Einigung im Zollstreit zwischen EU und USA
tagesschau24, 27.07.2025 20:00 UhrFür den Ernstfall vorbereitet
Wenn die EU den Deal nicht eingegangen wäre, hätte eine weitere Eskalation des Handelsstreits gedroht. So hatte Trump der EU zuletzt mit pauschalen Zöllen von 30 Prozent ab Anfang August gedroht, sollte es keinen Kompromiss geben. Die EU hatte sich wiederum mit einem Paket an möglichen Gegenmaßnahmen vorbereitet.
In den Verhandlungen hatte die EU-Kommission unter anderem mit zusätzlichen Abgaben auf die Einfuhr von Industrie- und Agrargütern wie Flugzeugen, Motorrädern, Rindfleisch, Whiskey oder Zitrusfrüchten gedroht. Zudem wurden EU-Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Produkte im Wert von 4,4 Milliarden Euro in Erwägung gezogen. Dazu zählen etwa Stahlschrott und chemische Erzeugnisse, die bislang gerne von US-Unternehmen importiert werden.
Trump begründete seinen Kurs in der Zollpolitik vor allem damit, dass er angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktionen ins Heimatland verlagern will. Zugleich sollen Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.
Deutschland forderte schnellen Deal
Dass die EU nun dennoch einen Kompromiss akzeptiert, liegt daran, dass viele Mitgliedstaaten die Risiken einer Eskalation des Handelsstreits als bedeutender einschätzen als höhere Zölle. So hatte etwa Bundeskanzler Friedrich Merz zuletzt mehrfach eine schnelle Einigung gefordert: "Lieber schnell und einfach als langwierig und kompliziert und über Monate noch im Verhandlungsstatus", sagte der CDU-Politiker.
Dabei spielte auch eine Rolle, dass etwa die Autobranche und die Stahl- und Aluminiumindustrie schon in den vergangenen Monaten unter den hohen Zöllen litten. Geschwächt wurde die Verhandlungsposition der EU auch durch die Abhängigkeit Europas von den militärischen Fähigkeiten der USA. So wurde befürchtet, dass Trump im Fall einer Eskalation des Handelsstreits erneut das über die NATO abgegebene Beistandsversprechen infrage stellen könnte. Angesichts der Bedrohungen durch Russland wurde dies vor allem in östlichen EU-Staaten als großes Risiko gesehen.
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