Friedrich Merz vereint die Wirtschaftselite zum Investitionsgipfel – und vergisst die Frauen. Das ist kein Aufbruch, es ist ein Rückschritt. Klarer kann mangelnder Reformwille nicht sein.

Ich sehe ein Foto mit dutzenden Männern in dunklen Anzügen. Am Rande stehen zwei Frauen, eine ganz in Rot, eine ganz in Weiß gekleidet: "Platziert wie die dekorativen Blumenkübel am Treppenabsatz", schreibt dazu eine Kommentatorin im sozialen Netzwerk Linkedin. Das Foto ist an Peinlichkeit nicht zu übertreffen – und sehr vielsagend für Deutschlands Wirtschaft. Denn diese Aufnahme wird bleiben vom groß angekündigten Investitionsgipfel im Kanzleramt. 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) stehen da, umringt von zahlreichen Konzernbossen, die stolz in die Kamera lächeln. Die beiden Frauen sind Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp (rechts am Rand) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU, links). Sie strahlen auch.

Vier Männer wollten es der Welt zeigen

Dabei sollte man über so eine Inszenierung nicht hinweglächeln. Diese Kampagne "Made for Germany", zu der Siemens-Chef Roland Busch, Deutsche-Bank-CEO Christian Sewing, Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und der Chef der Kommunikationsagentur FGS, Alexander Geiser, ihr Netzwerk zusammengetrommelt haben, war als großes Signal des Aufbruchs anberaumt: Die vier Männer wollten der ganzen Welt zeigen, wie innovativ und tatkräftig Deutschland sein kann, dass es sich lohnt in Deutschland zu investieren.

Was die vier gezeigt haben: dass sie einige, zumeist ältere, weiße Manager kennen, die sie ins Kanzleramt einladen dürfen. Wen haben sie eingeladen und wen nicht? Und soll das Deutschlands Elite sein? Kennen die Initiatoren wirklich so wenige Vorständinnen, Gründerinnen, Investorinnen und Aufsichtsrätinnen dieses Landes? Ist einem der Initiatoren oder einem der Teilnehmer und dem Gastgeber im Kanzleramt mal aufgefallen, dass das wenig repräsentativ und zeitgemäß ist – und schon gar keinen Aufschwung signalisiert?  

Investitionsgipfel Merz' fragiler Aufschwung – ein bisschen Show muss sein

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Was von der Absichtserklärung dieses Investitions-Männerklüngels bleiben wird, sind nicht die beabsichtigten 631 Mrd. Euro, die bis 2028 in Deutschland investiert werden sollen. Denn diese Summen sind ohnehin nicht transparent dokumentiert und können, wie so oft bei solchen Kampagnen, nie offiziell bilanziert und nachgeprüft werden.

Zwei Frauen, eine vertane Chance

Was bleibt, ist dieses Foto – das mit Sicherheit keine Modernität, keinen ernsthaften Änderungswillen dieser Regierung und dieser Wirtschaftsvertreter vermittelt. Sondern das zeigt, wie sich einige wenige Männer die Machtverteilung in diesem Land vorstellen. 

Damit haben alle in dieser illustren Runde eine wichtige Chance vertan: zu zeigen, dass nicht nur reichlich Kapital in diesem Land vorhanden ist, sondern auch die Überzeugung, diverse Vertreter dieser Gesellschaft an der Gestaltung und der Zukunft unseres Standorts teilhaben zu lassen.

 

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